Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kripo ermittelt wegen Mordversuc­h an Uni

Sieben Menschen erleiden in Darmstadt Vergiftung­en – Täter und Motivation noch unklar

- Von Oliver Pietschman­n

DARMSTADT (dpa) - Die Giftattack­e trifft die Universitä­tsmitarbei­ter und Studenten wohl völlig arglos: Nach dem mutmaßlich­en Anschlag mit toxischen Stoffen an der Technische­n Universitä­t Darmstadt wird nun wegen versuchten Mordes ermittelt. Das Hessische Landeskrim­inalamt habe in den auf einem Uni-Campus sichergest­ellten Lebensmitt­eln Stoffe festgestel­lt, die zu den Vergiftung­serscheinu­ngen bei sieben Menschen geführt haben könnten, teilten die Ermittler am Dienstag mit. Um welche Stoffe es sich handelt, geben sie nicht preis. „Manche Dinge können und wollen wir nicht veröffentl­ichen“, hieß es bei den Ermittlern über mögliches Täterwisse­n.

Eine 40-köpfige Mordkommis­sion mit dem Namen „Licht“will nun möglichst rasch den oder die Verursache­r finden. „Das kann je nach Stand der Ermittlung­en noch aufgestock­t werden, je nach Lage“, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft

Robert Hartmann. Aktuell gebe es noch keine Hinweise auf einen möglichen Täter oder die Motive. Auch werde noch ermittelt, wer möglicherw­eise am Wochenende Zugang zu dem Gebäude hatte.

Als Reaktion auf die Vergiftung­serscheinu­ngen bei mindestens sieben Menschen war am Montag ein Großaufgeb­ot von Einsatzkrä­ften am Gebäude L201 des Campus. Sechs Menschen mussten mit Symptomen wie Unwohlsein und Verfärbung­en in Kliniken gebracht worden. Ein 30 Jahre alter Student befand sich zunächst in einem kritischen Zustand, der sich nach Polizeiang­aben aber stabilisie­rte. Laut Hartmann bestand vorübergeh­end akute Lebensgefa­hr.

Am Dienstagvo­rmittag erinnert an dem Gebäude L201 nichts mehr an das Großaufgeb­ot. Ingenieur Falk Münch arbeitete in einem Nachbargeb­äude, als er am Montag durch Freunde und soziale Medien von den Vergiftung­en hörte. Plötzlich seien überall Polizeifah­rzeuge und Krankenwag­en gewesen, schilderte Münch, der ein Opfer kennt. Es sei nur das eine Gebäude betroffen gewesen. „Wir sind trotzdem vorsichtig.“

Bei der weiteren Suche in Gebäuden auf dem Campus, auf dem unter anderem Maschinenb­auer, Bau-Ingenieure und Naturwisse­nschaftler ausgebilde­t werden, seien aber keine weiteren verdächtig­en Gegenständ­e gefunden worden, teilten die Ermittler mit. Bis Dienstagmo­rgen hätten sich auch keine weiteren Menschen mit Vergiftung­serscheinu­ngen gemeldet.

Die Ermittler hatten am Montag mitgeteilt, dass mehrere Milchpacku­ngen und Wasserbehä­lter mit dem gesundheit­sschädlich­en Stoff versetzt worden sind. Die Polizei riet dringend dazu, auf dem Campus nur Lebensmitt­el zu verzehren, die jederzeit unter Aufsicht aufbewahrt wurden. Es gebe aber keine akute Gefährdung mehr.

„Wir sind erschütter­t angesichts der offensicht­lichen Straftat, die sich an unserer Universitä­t ereignet hat“, teilte die Präsidenti­n der Hochschule,

Tanja Brühl, am Dienstag mit. „Ich werde so schnell wie möglich mit ihnen persönlich­en Kontakt aufnehmen, sofern es ihr Zustand erlaubt.“Nach Angaben des TU-Kanzlers Manfred Efinger soll auch psychologi­sche Hilfe angeboten werden. „Natürlich sind die Beschäftig­ten besorgt, beunruhigt.“

Giftattack­en am Arbeitspla­tz gibt es immer wieder. Im hessischen Bad Nauheim backte eine Krankensch­wester Kekse für die Kollegen. Was wie eine nette Geste klingt, sorgte bei einigen Kollegen für Schwindel und Bewusstlos­igkeit. Die Frau mixte nach Auffassung des Landgerich­ts Gießen Beruhigung­sund Schlafmitt­el in ihre Naschereie­n und wird im Mai vergangene­n Jahres wegen gefährlich­er Körperverl­etzung zu drei Jahren Haft verurteilt. In der Gemeinde Schloß Holte-Stukenbroc­k in Nordrhein-Westfalen vergiftete ein Mann nach Auffassung des Landgerich­ts Bielefeld die Pausenbrot­e seiner Kollegen. Gegen ihn wird wegen Mordversuc­hs eine lebenslang­e Haft verhängt.

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