„Hatte eine richtige Wut im Bauch“
Grünenpolitiker Marcel Emmerich kämpft im Wahlkreis ums Direktmandant
Vor zwei Monaten ist der Grüne Marcel Emmerich in den Bundestag nachgerückt. Jetzt nimmt er das Direktmandat im Wahlkreis 291 Ulm in den Blick. Im Interview mit SZ-Redakteurin Nina Lockenvitz spricht Emmerich über seinen ökologischen Fußabdruck, Luxus und Superhelden.
Sollten Sie in den Bundestag gelangen: Welches Projekt muss als allererstes umgesetzt werden?
Ein Klimaschutz-Sofortprogramm, damit wir auf den 1,5-Grad-Pfad kommen. Dadurch sollen mehr Busse und Bahnen fahren, mehr Strom aus Sonne und Wind erzeugt werden, echte Innovationen gefördert und verlässliche Rahmenbedingungen geboten werden.
Was ist die größte Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahrhundert?
Die Klimakrise mit ihren Folgen und die damit einhergehende Sicherung der menschlichen Existenz auf einem lebenswerten Planeten. Dabei gilt es, alle Menschen mitzunehmen. Daher wollen wir Geringverdienerinnen und Geringverdienern mit einem Energiegeld und einer Reduzierung der EEG-Umlage entlasten – so wird Klimaschutz sozial gerecht.
Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?
(Überlegt lange) Was mich stark beeinflusst hat, war der Gemeinschaftskundeunterricht meiner Lehrerin, die mich zu einem politischen Menschen gemacht hat. Sie hat mein Interesse erkannt und durch Interview-Möglichkeiten mit einem Bundestagsabgeordneten und Referate gefördert.
Welche neuen Eigenschaften haben Sie während der Corona-Pandemie bei sich entdeckt?
Ich hatte davor mit Superhelden nie etwas am Hut. Doch während der Pandemie habe ich angefangen, alle Marvel-Filme anzuschauen und würde das gerne jetzt noch einmal tun. Aber aktuell fehlt mir die Zeit.
Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?
Ein Kaffee-Vollautomat. Der steht in meiner Küche und macht mir das Leben sehr viel leichter. Während die Maschine aufheizt und den ersten Kaffee brüht, kann ich in Ruhe mein Müsli machen.
Was war Ihr Antrieb in die Politik zu gehen?
Das war die Zeit um das Jahr 2007, als ich jeden Tag Zeitung gelesen habe und die Klimakrise schon damals im Fokus stand. Das hat mich zu den Grünen gebracht und dazu geführt, dass ich politisch aktiv wurde, weil ich eine richtige Wut im Bauch hatte. Erbärmlich ist nur, dass man schon damals über das Klima nur geredet hat, aber nicht gehandelt.
In welchen Punkten liegen Sie mit Ihrer Partei über Kreuz?
Über Kreuz kann man nicht sagen, aber als ich 2008 eingetreten bin, war ich total pazifistisch und fand jeden Einsatz der Bundeswehr sinnlos. Das würde ich heute so nicht mehr sehen. Bundeswehreinsätze brauchen klare Kriterien und wir dürfen bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht wegschauen.
Wie sähe Ihre Wunschkoalition nach dem 26. September aus? Wenn ich wirklich einen Wunsch frei hätte: Grün-Rot.
Was tun Sie persönlich ganz konkret, um Ihren ökologischen Fußabdruck klein zu halten?
Ich fahre Bahn, habe ein E-Auto und fahre viel Fahrrad. Als Politiker bin ich viel unterwegs, aber ich habe nicht vor, nach Berlin zu fliegen.
Welche Eigenschaft von Angela Merkel hätten Sie gerne?
Ihre innere Ruhe, so wirkt sie zumindest nach außen. Ich schätze sie so ein, dass sie sich nicht aus der Fassung bringen lässt und sich von Dingen in der Politik besonders im Wahlkampf nicht aus aus der Ruhe bringen lässt.
Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlicher gebaut haben? Eine Hausparty, als meine Eltern im
In einem Video stellt sich Marcel Emmerich zehn ungewöhnlichen Fragen:
Urlaub waren. Es wurde damals zu laut für die Nachbarn.
Was haben Sie zuletzt bei Amazon bestellt?
(Schaut im Account nach, weil er sich nicht erinnern kann) Ordner-Binden für eine Demo. Aber generell versuche ich, dort nichts zu bestellen.
Wann haben Sie sich zuletzt für eine/n Politiker/in aus Ihrer Partei geschämt und warum?
Ich habe mich nicht direkt geschämt, aber ich hätte die Angelegenheit mit Annalena Baerbocks Buch nicht als Dreckskampagne bezeichnet. Ich hätte das anders formuliert.
Was halten Sie vom Gendern?
Ich denke, das kann jeder und jede so machen, wie er oder sie will. Ich versuche aber schon zu gendern. Es gibt mehr als zwei Geschlechter und die kann man in der Sprache abbilden. Denn Sprache schafft Wirklichkeit.
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