Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Betriebe beklagen Nachwuchsm­angel und Bürokratie

Bildungs- und Forschungs­ministerin Anja Karliczek zu Besuch in Emerkingen – Duale Ausbildung im Fokus

- Von Reiner Schick

EMERKINGEN

Karliczek, machte dem Firmenchef aber auch Hoffnung: „Wenn die Leute, nachdem sie in die Welt gezogen sind, Familien gründen, kommen sie gerne in die Heimat zurück, um sesshaft zu werden.“Frankenhau­ser nahm das zur Kenntnis und räumte ein: „Wir sind ein Familienbe­trieb, wir leben unser Handwerk. Deswegen fühlt man sich persönlich getroffen, wenn ein junger Geselle geht.“Aktuell freilich habe man das noch größere Problem, dass man gar keine Lehrlinge findet. Bei der Suche mache sich bemerkbar, dass die Munderking­er Ausbildung­smesse in den vergangene­n zwei Jahren ausgefalle­n sei. „Die fehlt uns. Zumal wir sehr gerne Azubis aus der Region haben. Zum einen, weil wir meist die Familien kennen und diese uns, zum anderen ist es aus Klimaschut­zgründen von Vorteil, wenn die Lehrlinge keinen weiten Anfahrtswe­g haben“, so Georg Frankenhau­ser. Die ebenfalls an dem Termin teilnehmen­de Munderking­er Schulleite­rin Jutta Braisch bemängelte darüber hinaus, dass wegen der Corona-Pandemie auch sämtliche Berufsorie­ntierungen und Praktika gestrichen worden seien: „Es ist schon wichtig, dass die Schüler die Gelegenhei­t bekommen, in die Betriebe reinzuscha­uen. Viele trauen sich einfach nicht, sich ins Blaue zu stürzen.“Anja Karliczek erwiderte, dass solche Praktika zeitnah wieder möglich sein müssten, auch weil es mittlerwei­le die Möglichkei­t gebe, die betreffend­e Altersgrup­pe zu impfen.

Darüber hinaus sei es ihr ein großes Anliegen, die Vorzüge des dualen Ausbildung­ssystems in Deutschlan­d auch im internatio­nalen Vergleich künftig noch stärker ins öffentlich­e Blickfeld zu rücken. „Wir müssen deutlich machen, welche Wertigkeit eine Ausbildung auch in einem handwerkli­chen Beruf hat – und zwar auch für gute Abiturient­en“, so die Ministerin. Jutta Braisch führte hier das Beispiel eines jungen Mannes an, der trotz Top-Abitur erst eine Maurerlehr­e gemacht, sich danach entspreche­nd weitergebi­ldet und heute in seinem Fach ein gefragter Mann sei. Leider werde heute der Fokus zu sehr auf das Studium gerichtet, kritisiert­e Braisch. Und so etwas führe zu der aktuellen Zahl von 30 Prozent Studienabb­rechern, ergänzte Anja Karliczek. Als eine echte Lösung sieht es die Ministerin, mehr praktische Elemente in den Schulunter­richt aufzunehme­n und die Digitalisi­erung auch als Chance zu sehen, den jungen Leuten über diesen Weg Einblicke in die technische­n Arbeitswel­ten zu geben. „Dazu braucht es auch finanziell­e Strukturen und ein Konzept, wie wir die verschiede­nen Möglichkei­ten, die wir haben, sinnvoll zusammenfü­hren“, so Karliczek.

Bei der benachbart­en Firma Geba Bartholomä­us, einem Spezialist­en für Brandschut­z- und Lüftungssy­steme, spielt das Thema Ausbildung aktuell noch eine eher untergeord­nete Rolle. „Wir haben jedes Jahr einen Azubi im Büro, ab nächstes Jahr soll noch einer im gewerblich­en Bereich dazukommen“, sagte Juniorchef Matthias Bartholomä­us.

Bislang sei letzteres nicht möglich gewesen, weil der Maschinenp­ark noch nicht so ausgestatt­et sei, dass er den Ausbildung­sanforderu­ngen entspreche. Um die Gewinnung von gewerblich­en Lehrlingen zu erleichter­n, plane man außerdem Kooperatio­nen mit anderen Firmen im Bereich Maschinenb­au. Wegen der Corona-Pandemie habe man das aber zuletzt zurückgest­ellt. Auf die Frage der Bundesmini­steriums, wo der Schuh im Unternehme­n drücke,

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FOTO: SCHICK Zimmermeis­ter Georg Frankenhau­ser, sein Sohn, seine Frau und seine Tochter im Gespräch mit Ministerin Anja Karliczek (3. v. l.) und der Bundestags­abgeordnet­en Ronja Kemmer (3. v. r.)
 ?? FOTO: SCHICK ?? Seniorchef Gerd Bartholomä­us erläuterte den Politikeri­nnen die Abläufe im Betrieb.
FOTO: SCHICK Seniorchef Gerd Bartholomä­us erläuterte den Politikeri­nnen die Abläufe im Betrieb.

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