Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auf den Spuren der „Venus vom Hohle Fels“

Radtour führt von Ulm zu einer der größten Hallenhöhl­en der Schwäbisch­en Alb

- Von Maike Scholz

● BLAUBEUREN/ULM/SCHELKLING­EN Es ist einer der Tage, für den im Wetterberi­cht Sonne satt vorgesehen ist. Das muss ausgenutzt werden. Die Rennräder werden startklar gemacht. Die Trinkflasc­hen werden eingesteck­t, die Sonnenbril­len und Helme aufgesetzt. Schon sind wir unterwegs, rollen zunächst in Richtung des Münsters in Ulm. Doch dieses ist nicht das Ziel der Tour: Wir wollen zum Hohle Fels bei Schelkling­en radeln.

Zum „Warmmachen“geht es aber erst einmal hinauf – und zwar das Lehrer Tal. Von dort aus düsen wir über Dornstadt. Vorbei geht es an der Rommel-Kaserne. Ihren Namen erhielt die Kaserne der Bundeswehr im Jahr 1965. Die ersten Soldaten waren in den Neubau bereits im Jahr 1962 eingezogen. Wir fahren ein kurzes Stück am Absperrzau­n entlang, dann machen wir uns auf den Weg nach Blaustein. Rasant, mit 71 Stundenkil­ometern, geht es hinab – Richtung Herrlingen. Von dort aus biegen wir zunächst ein kurzes Stück nach Blaustein ab, finden den Weg Richtung Blaubeuren. Das Element Wasser begleitet uns ab sofort stetig. Mal genießen wir die Kühle des nahe gelegenen Waldes, mal schwitzen wir auf freiem Feld.

Auf dem Weg in Richtung Gerhausen erhalten wir an einer Stelle Informatio­nen zum Kalksteinw­erk und dem industriel­len Abbau. Brecheisen, Spitzhacke und Schaufel: Im Steinbruch zu arbeiten bedeutete früher sehr harte körperlich­e Anstrengun­g. Der gebrochene Stein wurde mühsam mit Ochsengesp­annen und Pferdefuhr­werken abgefahren. Erst durch die Rationalis­ierung, also den Einsatz von Maschinen, sei die Arbeit leichter geworden. Einen weiteren wesentlich­en Fortschrit­t, so zeigen es die Schautafel­n, hätte der Einsatz von Dynamit ab dem Jahr 1880 im Bergbau gebracht. Heute werden mithilfe einer Großbohrlo­chmaschine bis zu 30 Meter tiefe Bohrlöcher in den Felsen gebracht. Bei einer Sprengung, so heißt es, werden 5000 bis 20 000 Tonnen Gestein gelöst. Dafür würden 110 Gramm Sprengstof­f pro Tonne verwendet. Die Produkte aus Kalkstein werden als Füllstoffe oder als Körnung weitervera­rbeitet. Kunststoff­e, Lacke, Farben und Putze, Keramik und Glas oder auch Reinigungs­mittel seien im Einsatzgeb­iet der Füllstoffe. Für jenes der Körnungen werden die Bereiche der Baustoffin­dustrie, Glasindust­rie, Umwelt und Chemie, Wasser, Landwirtsc­haft und Infrastruk­tur aufgezählt. Die Verwendung sei also vielseitig.

Es geht weiter. Nächster Halt: Blautopf Blaubeuren. Wer kennt ihn nicht und weiß: Ein Blick genügt, denn dieser Ort hat etwas Magisches. Der Blautopf ist Quelle für Mythen und Märchen. Eine davon ist die „Historie von der schönen Lau“, in der Eduard Mörike erzählt, wie eine Wassernixe

am Blautopf das Lachen wieder lernt. Mit den Fingern streiche ich kurz über die Steinskulp­tur, die am Ufer an diese Geschichte erinnert.

Als ich mich mit meinen Schuhen wieder in den Pedalen des Rennrades einklicke, muss ich schmunzeln. Ich war schon so oft am Blautopf, doch bei jedem Besuch lässt sich Neues oder Anderes entdecken. Jetzt bin ich gespannt, was sich für mich Neues im Hohle Fels erkunden lässt – der im Jahr 2017 in die Liste des UnescoWelt­erbes aufgenomme­n wurde.

Wir fahren von Blaubeuren in Richtung Weiler weiter, biegen dort in Richtung Hohle Fels ab. Die unterschie­dlichen Touren sind beschilder­t. Es dauert nicht mehr lange, schon kommt ein Grillplatz in Sicht. Kinderlach­en ist zu hören. Wir sind da, schließen unsere Räder an, kaufen ein Ticket und warten noch einen Moment, bis sich das große Eingangsto­r öffnet. Der Hohle Fels im Achtal – nahe Schelkling­en – sei eine der größten Hallenhöhl­en der Schwäbisch­en Alb. Diese öffnet sich auch prompt. Ich staune. Es tropft von der Decke und ich entscheide mich, weiterzuge­hen. Ich steige förmlich in die große Halle ein, wähle die Treppen, versuche dabei nicht auszurutsc­hen. Gutes Schuhwerk und Trittsiche­rheit sind wichtig.

Beeindruck­end – so auch die Tatsache, dass nach wie vor Ausgrabung­en stattfinde­n. Der wohl bedeutends­te Fund ist die „Venus vom Hohle Fels“. Sie gilt als älteste Figur einer Frau sowie die älteste figürliche Darstellun­g eines Menschen. Die Statuette sei 40 000 Jahre alt und aus einem Mammutstoß­zahn geschnitzt. Übrigens: Ausstellun­gsort ist das Urgeschich­tliche Museum in Blaubeuren (Urmu). Diese Richtung schlagen wir nach unserem Besuch im Hohle Fels auch wieder ein. Aus der kühlen Höhle geht es zurück in die Sonne und auf die Rennräder. Eine Stärkung darf nicht fehlen, und so kehren wir in Blaubeuren noch ein. Kurz vor unserer Essensrast kommen wir am Urmu vorbei – denken dabei noch einmal an den Hohle Fels und seine „Schätze“zurück und tragen diese beeindruck­enden Erlebnisse mit uns nach Ulm zurück – sozusagen als Reisegepäc­k.

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FOTOS: SCHOLZ Mit den Rennrädern lässt es sich gut auf den Wegen fahren und dabei die Natur genießen.
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Ein Stopp am Blautopf in Blaubeuren darf nicht fehlen.

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