Merkel für Gespräche mit den Taliban
Kanzlerin verteidigt Vorgehen in Afghanistan – Luftbrücke vor dem baldigen Aus
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BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für Gespräche mit den radikalislamischen Taliban plädiert, um die Not der Menschen in Afghanistan zu lindern. In ihrer Regierungserklärung verwies Merkel am Mittwoch im Bundestag auf die Fortschritte, die in der Zeit des Militäreinsatzes in dem Land erreicht worden seien. „Unser Ziel muss es sein, dass so viel wie möglich von dem, was wir in den letzten 20 Jahren in Afghanistan an Veränderungen erreicht haben, bewahrt wird.“
Der Bundestag billigte in der Sondersitzung nachträglich den acht Tage zuvor begonnenen Evakuierungseinsatz der Bundeswehr am Flughafen Kabul mit großer Mehrheit. Die rechtlich erforderliche Zustimmung des Parlaments folgte in diesem Fall ausnahmsweise nachträglich; er war wegen „Gefahr im Verzug“ohne Bundestagsmandat angelaufen.
Für den Antrag der Bundesregierung stimmten 539 Abgeordnete. Dagegen votierten neun Parlamentarier, 90 enthielten sich – vor allem aus den Reihen der Linksfraktion. Im Interview mit der „Schwäbischen
Zeitung“betonte Linken-Spitzenkandidatin Janine Wissler dennoch: „Im Moment kommt es darauf an, so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan zu retten.“Wissler, die auch Co-Parteichefin der Linken ist, kritisierte die Bundeswehr: „Die Bundeswehr hat ihr Material ausgeflogen, aber die Ortskräfte und gefährdeten Personen im Stich gelassen.“
Die Taliban haben nach Angaben des deutschen Afghanistan-Botschafters Markus Potzel zugesagt, auch nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen weiter
Afghanen aus dem Land ausreisen zu lassen. Der Taliban-Chefunterhändler Scher Mohammed Abbas Staniksai hat nach Angaben des deutschen Diplomaten zugesichert, Afghanen „mit gültigen Dokumenten“könnten das Land nach dem 31. August mit kommerziellen Flügen verlassen.
Angesichts des vollständigen USAbzugs zum 31. August könnte die Luftbrücke der Bundeswehr aus Kabul laut Medienberichten schon heute enden. Am Mittwoch warteten am Kabuler Flughafen erneut Tausende Menschen auf eine Mitfluggelegenheit.
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