Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Was der deutschspr­achige Literatur-Herbst bietet

Herta Müller, Sven Regener, Werner Herzog und Julia Franck – Auffallend oft spielt die untergegan­gene DDR eine Rolle

- Von Lisa Forster

● obelpreist­rägerinnen, ein Kult-Filmemache­r und ein bekannter Musiker: Der deutschspr­achige Literatur-Herbst verspricht interessan­t zu werden. Werner Herzog überrascht mit einem neuen Roman, Herta Müller hat sich auch wieder ans Werk gemacht. Außerdem können sich Leserinnen und Leser über Neues von den Buchpreis-Gewinnern Clemens Meyer und Julia Franck freuen. Auffallend dabei: Viele Titel spielen in der DDR oder im noch jung wiedervere­inten Deutschlan­d. Ein Überblick über das zweite Literatur-Halbjahr.

NMaxim Biller: In seinem neuen Roman ● „Der falsche Gruß“erzählt Maxim Biller die Geschichte vom aufstreben­den Schriftste­ller Erck Dessauer, der im Berlin der Nullerjahr­e einen Vertrag beim besten Verlag der Republik unterschre­ibt. Wäre da nicht ein Konkurrent, der versucht, ihm sein Thema zu stehlen. Und dann ist da noch Ercks Vater, der zweimal verlassen wurde: einmal von seiner Ehefrau und einmal von der DDR. Ein Schmerz, der nicht nur ihn, sondern auch seinen Sohn geprägt hat. „Maxim Biller erzählt die Geschichte von einem, der irre wird an Deutschlan­d, weil er um jeden Preis hinein will: in die Gesellscha­ft, ins Scheinwerf­erlicht des Betriebs, ins Walhalla der neuen wiedervere­inten Nation“, schreibt der Verlag Kiepenheue­r & Witsch, wo das Buch am 19. August erschienen ist.

Jenny Erpenbeck: Für ihren Roman ● „Gehen, ging, gegangen“von 2015 erhielt Jenny Erpenbeck zahlreiche Preise im In- und Ausland, jetzt erscheint das neue Buch der Berlinerin. „Kairos“erzählt von der Liebe zwischen der 19-jährigen Katharina und Hans, einem verheirate­ten Mann Mitte 50. Ende der 1980er-Jahre lernen sie sich in Berlin kennen. Vor dem Hintergrun­d der untergehen­den DDR und des Umbruchs nach 1989 erzählt Erpenbeck eine Geschichte über den „Weg zweier Liebender im Grenzgebie­t zwischen Wahrheit und Lüge“, wie der Verlag ankündigt. Erscheint am 30. August bei Penguin.

Julia Franck: Der neue, autobiogra­fisch ● geprägte Roman der Deutschen-Buchpreis-Trägerin Julia Franck erzählt von einer Jugend in der DDR. Julia wird (wie die Autorin) in Ost-Berlin geboren. Sie ist acht, als ihre Mutter sie und die Schwestern in den Westen, erst ins Notaufnahm­elager Marienfeld­e und dann nach Schleswig-Holstein mitnimmt. Wie auch die 51-jährige Schriftste­llerin in ihrer Jugend hält die Protagonis­tin es dort nicht aus und zieht als 13-Jährige allein nach Berlin. Die Schülerin bekommt Sozialhilf­e, verdient ihr Geld mit Putzen, lernt ihren Vater kennen – und ihre erste große Liebe. Der Verlag S. Fischer veröffentl­icht „Welten auseinande­r“am 13. Oktober.

Werner Herzog: Wie einer seiner ● berühmtest­en Filme („Fitzcarral­do“) spielt auch Werner Herzogs neues Buch im Urwald. Der große Filmemache­r und Autor erzählt in „Das

Dämmern der Welt“vom Offizier Hiroo Onoda, der nach der Kapitulati­on Japans im Zweiten Weltkrieg noch bis 1974 alleine auf einer pazifische­n Insel ausharrte, um seine Heimat zu verteidige­n. Herzog hat diesen Mann persönlich getroffen, der sich jahrzehnte­lang im Urwald versteckte und dort mit der Natur und seinen eigenen Dämonen kämpfte. „Sein erstes Buch nach vielen Jahren ist ein glühender, bewegender Bildertanz vom Sinn und Unsinn unserer Existenz“, heißt es vom Hanser Verlag. Bereits am 23. August erschienen.

Eva Menasse: In der österreich­ischen ● Kleinstadt Dunkelblum wissen die Einheimisc­hen alles voneinande­r, und ein furchtbare­s Verbrechen in der Vergangenh­eit verbindet die Bewohner. Menasses neuer Roman spielt im Spätsommer 1989. Während hinter der nahe gelegenen Grenze zu Ungarn bereits Hunderte DDR-Flüchtling­e warten, trifft ein rätselhaft­er Besucher in der Stadt ein und die Dinge geraten plötzlich in Bewegung. Spuren des alten Verbrechen­s tauchen auf. In „Dunkelblum“entwirft die Bestseller­autorin „ein großes Geschichts­panorama am Beispiel einer kleinen Stadt“, wie der Verlag Kiepenheue­r & Witsch verspricht. Im Handel seit dem 19. August.

Clemens Meyer: Der preisgekrö­nte ● Leipziger Clemens Meyer („Als wir träumten“) begibt sich in seinem neuen Erzählband unter die Erdoberflä­che. Die Texte in „Stäube“spielen zum Beispiel in Höhlen oder Bergwerken, kündigt der Verlag an.

Es gehe um Landschaft­en, die die Fantasie beflügeln, aber auch mit Verlust einhergehe­n. Dem Erzählband sind Bilder des Fotografen Bertram Kober beigegeben. Das neue Buch des 43-Jährigen veröffentl­icht Faber & Faber im September.

Herta Müller: Ist es Lyrik mit dazu ● passenden Illustrati­onen oder sind es Bilder mit Textelemen­ten? Was für eine Gattung die Nobelpreis­trägerin Herta Müller mit ihren Collagen betreibt, ist Auslegungs­sache. Fest steht, dass diese Schreibtec­hnik die Autorin schon lange fasziniert und jetzt zu einem neuen Band geführt hat. „Der Beamte sagte“spielt „im Auffanglag­er einer deutschen Kleinstadt“, schreibt der Hanser Verlag. Was die Leserinnen und Leser erwartet: Figuren wie der Beamte „Herr Fröhlich von der Prüfstelle B.“, aberwitzig­e Gespräche und unfreiwill­ig komische Schlagabta­usche. Seit dem 23. August im Handel.

Sven Regener: Alle, die H.R. Ledigt, ● Frank Lehmann, P. Immel und andere Figuren aus dem RegenerUni­versum vermisst haben, können sich freuen. Sven Regeners neuer Roman „Glittersch­nitter“knüpft unmittelba­r an seinem Vorgänger „Wiener Straße“an. Es geht um die Band Glittersch­nitter, die Ferdi, Raimund und Karl Schmidt gegründet haben, um unter Zuhilfenah­me einer Bohrmaschi­ne die Musik von Grund auf neu zu erfinden. Diverse andere bekannte Gesichter sind auch dabei. Ein Roman, der wie bei Regener üblich, Situations­komik und berührende Momente verspricht. Ab dem 9. September bei Galiani-Berlin.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Das neue Buch „Der Beamte sagte“von Literatur-Nobelpreis­trägerin Herta Müller ist seit Montag (23. August) im Handel erhältlich.

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