Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Frido Mann auf den Spuren seines Großvaters

Der Schriftste­ller und Psychologe mischt sich in „Democracy will win“in den politische­n Dialog ein

- Von Ute Wessels

● n der Corona-Pandemie, der Präsidents­chaft Donald Trumps und der Flüchtling­skrise sieht der Schriftste­ller und Psychologe Frido Mann drei Ursachen für erstarkte, antidemokr­atische Strömungen. „In Zeiten des Umbruchs und der Unruhe vergrößert sich alles: Solidaritä­t und Vernunft, aber auch die Dummheit“, sagt der Enkel des Literaturn­obelpreist­rägers Thomas Mann. Mit seinem neuen Buch „Democracy will win – Bekenntnis­se eines Weltbürger­s“bringt er sich in den politische­n Diskurs ein.

Der Dialog zwischen und in allen Alters- und Gesellscha­ftsschicht­en könne dazu beitragen, die demokratis­che Ordnung zu stützen – das fange bei Kita-Kindern an und schließe gerade auch sogenannte Wutbürger mit ein, findet Mann. Im Gespräch mit Letzteren beispielsw­eise könne man Populisten und deren Theorien entlarven und sie isolieren und die Demokratie-Skeptiker für die demokratis­che Idee zurückgewi­nnen.

IRund 80 Jahre ist es her, dass Thomas Mann von seinem amerikanis­chen Exil aus eindringli­ch und leidenscha­ftlich gegen den Faschismus in Europa eintrat und für die Erneuerung der Demokratie kämpfte. „Democracy will win“, sagte der „Buddenbroo­k“-Autor 1938. In einer Ansprache in Washington 1943 befand er: „Es ist ein schrecklic­hes Schauspiel, wenn das Irrational­e populär wird.“

In einem Gastbeitra­g für eine USZeitung 1941 schrieb Thomas Mann, nicht „America First“, sondern „Democracy First“sei der Slogan, der Amerika auf den ersten Platz in der Welt führen werde. 75 Jahre später setzte Donald Trump in seinem Wahlkampf 2016 auf das Motto „America First“. Fast zeitgleich mit Trumps Wahl hatte die Bundesrepu­blik 2016 das frühere Wohnhaus von Thomas Mann in Pacific Palisades in Kalifornie­n gekauft und darin eine transatlan­tische Begegnungs­stätte errichtet.

Für Frido Mann waren der Kauf des Hauses und die US-Wahl die Auslöser, sich dem politische­n Dialog zu widmen und während einer Vortragsre­ise das Gespräch mit Schülern und Studenten in Deutschlan­d und den USA zu suchen. In Trump sieht er die mächtigste Galionsfig­ur des Populismus der vergangene­n Jahre.

Das Thomas-Mann-Zitat „Democracy will win“wählte der 81-Jährige, der neben der deutschen und der amerikanis­chen auch die schweizeri­sche und tschechisc­he Staatsbürg­erschaft hat, ganz bewusst als Titel für sein neues Buch, in dem er unter anderem den Blick auf nationalis­tische und antidemokr­atische Tendenzen in Europa und den USA richtet und aufzeigt, wie politische­r Dialog gelingen kann. Die Fähigkeit und die Bereitscha­ft der Menschen zum Dialog sieht er auch als Basis für den Erhalt der Demokratie. Schon in der Kita und in der Grundschul­e sollte Demokratie­erziehung viel stärker gefördert werden, unter anderem indem Kinder lernen, Argumente auszutausc­hen und für ihr Mitsprache­recht einzutrete­n.

Mit seinem politische­n Engagement ist Frido Mann im Geiste seines Großvaters unterwegs, bei dem er viele Jahre seiner Kindheit und Jugend verbrachte, zunächst in Kalifornie­n, später in der Schweiz. Die Gespräche in der Familie hätten schon in jungen Jahren sein Interesse an Politik geweckt. Mann studierte zunächst Musik und machte einen Doktortite­l in Theologie, ehe er in Psychologi­e promoviert­e und sich habilitier­te. Der 81-Jährige lebt in München.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Frido Mann

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