Ein fließender Übergang
Die Bussenwasserversorgungsgruppe stellt den künftigen Wassermeister vor
● OBERSTADION - Für die Bussenwasserversorgungsgruppe (BUWAG) mit Sitz in Oberstadion bahnt sich nach 21 Jahren eine Zäsur an. Der 65-jährige Wassermeister Paul Liebhart aus Oberstadion zieht sich altershalber langsam zurück. Am 2. August hat die BUWAG daher mit dem 36-jährigen Oliver Neubrand aus Dietershausen den Nachfolger eingestellt. Der gelernte Industriemechaniker wird von seinem Vorgänger eingearbeitet, absolviert die notwendigen Kurse und wird in knapp zwei Jahren der neue Wassermeister sein.
Idyllisch in der Nähe des Herlighofs bei Dieterskirch gelegen, steht in einem Wasserschutzgebiet das äußerlich eher unscheinbare denkmalgeschützte Pumpwerk der BUWAG, erbaut im Jahr 1929. Das Innenleben ist jedoch für die Trinkwasserversorgung vieler Menschen von enormer Bedeutung. Drei oberflächennahe Quellen und ein 1992 gebohrter Tiefenkarstbrunnen liefern Wasser, das direkt in zwei Aufbereitungskesseln landet. Diese fassen jeweils acht Kubik Wasser.
Verschiedene Filter (Kies, Sand und Kohle) sorgen für die Reinigung des Wassers. Zudem findet eine Behandlung mit Ozon statt, das mithilfe eines Außenlufttrockners im Pumpwerk erzeugt wird. Wassermeister Paul Liebhart erklärt: „Die Veroxidation reinigt das Wasser, die Nachoxidation sorgt für seine Haltbarkeit. Bis das Wasser beim Verbraucher ankommt, hat sich das Ozon komplett verflüchtigt. So können wir drei bis vier Tage keimfreies Wasser garantieren, ohne Chlor zu verwenden. Beim Verbraucher kommt das Wasser schon nach spätestens 36 Stunden an.“
Das aufbereitete Wasser aus den drei Quellen weist einen Nitratgehalt von 48 Milligramm pro Liter aus. Damit liegt es knapp unterhalb des zulässigen Grenzwerts von 50 Milligramm pro Liter. Hingegen weist das seit 10 000 Jahren unberührte Wasser aus dem Tiefenkarstbrunnen, der von einem 364 Meter tief gelegenen See gespeist wird, praktisch kein Nitrat auf, dafür aber Eisen, Mangan und Schwefel, welches in der Aufbereitungsanlage
im Pumpwerk herausgefiltert wird. „Wir mischen das Wasser aus den drei Quellen im Verhältnis 1:1 mit dem Wasser aus dem unterirdischen See und erhalten dadurch den guten Wert von 25 Milligramm Nitrat pro Liter“, freut sich Wassermeister Liebhart. Gewartet wird die Anlage einmal jährlich von einer Fachfirma aus Ravensburg, die sie auch gebaut hat.
Von den Kesseln wird das Wasser in zwei Wasserkammern weitergeleitet, von denen jede 250 Kubik fasst. „Drei bis vier Mal pro Tag wird das Wasser jeder Kammer ausgetauscht“, erläutert Paul Liebhart und rechnet vor, dass pro Tag rund 1500 Kubik Wasser verschickt werden. Zwölf Grad Celsius beträgt dabei die natürliche Wassertemperatur, wobei das Wasser aus 364 Meter Tiefe mit 24 Grad gefördert wird. Interessant findet er, dass der unterirdische See trotz der ständigen Wasserförderung seinen Wasserstand nicht verändert.
Über zwei separate Leitungen verlässt das Wasser, mithilfe von je zwei abwechselnd betriebenen Pumpen, die Wasserkammern des Pumpwerks. Eine Leitung führt zum Hochbehälter in Dietershausen, die andere zum Hochbehälter Hausen ob Rusenberg. Beide Leitungen im zweiten Untergeschoss des Pumpwerks Herlighof, mit je zehn Zentimetern Innendurchmesser, vibrieren spürbar. Von den beiden Hochbehältern aus wird das Wasser verteilt an die Gemeinden, die von der BUWAG versorgt werden. Die Verbandsgemeinden und Ortsteile sind im Alb-Donau-Kreis Emerkingen, Grundsheim, Hausen am Bussen, Kirchbierlingen, Obermarchtal, Oberstadion, Unterstadion, Unterwachingen und Volkersheim. Im Landkreis Biberach werden von der Bussenwasserversorgungsgruppe Dietelhofen, Dietershausen, Dieterskirch, Herlighof, Oberwachingen, Oggelsbeuren, Sauggart und Uigendorf mit Wasser versorgt.
Bürgermeister Hans Rieger, der 2019 von Richard Mück den Verbandsvorsitz übernommen hat, weist darauf hin, dass die Schüttung auch in trockenen Jahren ausreichend ist. „Wir haben jährlich fast 1,3 Millionen Kubik Wasser zur Verfügung, von denen wir rund 500 000 verkaufen“, so Rieger. Er erinnert daran, dass der Zweckverband Bussenwasserversorgungsgruppe am 12. Juli 1928 in Oberstadion gegründet worden ist. „1930 konnte das Pumpwerk Herlighof in Betrieb genommen werden“, so Hans Rieger, der glücklich ist, dass durch die BUWAG in den von ihr versorgten Gemeinden seither Wassermangel kein Thema mehr ist. „Wenn morgens beim Verbraucher kein Wasser aus dem Hahn fließt, ruft er sofort bei mir an“, berichtet Rieger und will damit sagen: Wasser und eine ständige Versorgung damit sind zur Selbstverständlichkeit geworden.
Wie die BUWAG es schafft, die Verbraucher stets zuverlässig zu beliefern, erklärt Paul Liebhart, als er seinen Tagesablauf schildert. „Gegen 7.30 Uhr beginnt mein Arbeitstag hier im Pumpwerk Herlighof, wo ich zunächst am Computer prüfe, ob keine Fehlermeldung auftritt.“Anhand des Wasserverbrauchs jeder Gemeinde stellt er fest, ob es einen Rohrbruch gibt. In diesem Fall verständigt er die Gemeindeverwaltung beziehungsweise den zuständigen Bauhof. Nach 60 bis 90 Minuten fährt Paul Liebhart mit seinem Allraddienstwagen raus zu den Hochbehältern und den weiteren Wasserbehältern vor Ort. Diese stehen in Reutlingendorf, beim Soldatenfriedhof Obermarchtal, im Baugebiet von Hausen am Bussen, in Volkersheim und in Sauggart. Hinzu kommen Pumpwerke in Dietelhofen und das für die Notversorgung eingerichtete „Buschhorn“in Reutlingendorf. 65 Kilometer Wasserleitungen hat er dabei unter Kontrolle.
„Ich habe immer Werkzeug an Bord. Wenn ich ein Problem entdecke, muss ich oft ins Pumpwerk Herlighof fahren, da man meist das nicht dabei hat, was man vor Ort benötigt“, berichtet Paul Liebhart, der beklagt: „Viele unserer 65 Schächte waren durch die diesjährigen Hochwasser vollgelaufen und ich musste sie auspumpen, da Steuerkabel abgesoffen waren.“Für die Beseitigung von sechs größeren Schäden musste er eine Fachfirma einschalten. „Da kann es vorkommen, dass man Schächte für eine Weile im Handbetrieb fahren muss“, so Liebhart, der jederzeit sehr gerne Schulklassen durch das Pumpwerk
führt. „Durch die Anfahrung fast aller Gemeinden von zwei Seiten und den Verbund mit der Jungholzgruppe in Schemmerhofen merkt der Verbraucher nicht, wenn wir größere Wartungs- oder Reparaturarbeiten durchführen“, garantiert der Wassermeister und sagt: „Wenn Sie zu Hause den Hahn aufdrehen, muss das Wasser laufen.“Dafür sorgt auch eine gemeinsame Telefonzentrale mit der Jungholzgruppe.
Hans Rieger erläutert zum Thema Versorgungssicherheit, dass zeitnah neben dem Pumpwerk Herlighof ein Neubau entsteht, um ein bereits bestelltes fest installiertes Notstromaggregat unterzubringen, das die mobile Technik ergänzt. „Im schlimmsten Fall ist auch ein Austausch mit der Ahlenbrunnengruppe mit Sitz in Uttenweiler möglich“, so Paul Liebhart, der ergänzt: „Dazu sind wir da, mit einer Rundumbereitschaft, auch an Weihnachten.“
Als Wassermeister angefangen hat der gelernte Kfz-Mechaniker Paul Liebhart im Jahr 2000, nachdem er das Pumpwerk bereits gekannt hatte. „Mein Schwiegervater Franz Scheit war vor mir der Wassermeister, bei ihm habe ich über die Schultern geschaut. Nach sechs Jahren wurde der Aufwand so groß, dass aus dem ursprünglichen Nebenberuf mein Hauptberuf wurde.“Seine Motivation heißt „gutes Trinkwasser liefern“, und mit klarer Überzeugung sagt er: „Ich trinke nur Leitungswasser, es ist auch für Babynahrung geeignet.“
Seit 2. August schaut Oliver Neubrand dem Wassermeister Paul Liebhart über die Schulter. Der gelernte Industriemechaniker, der elf Jahre in seinem Beruf tätig war und weitere zehn Jahre als Holzhackerfahrer, freut sich auf die neue Tätigkeit. „Wasseraufbereitung und die damit verbundene Technik haben mich interessiert.“Nach einem bevorstehenden Kurs als Elektriker wird Neubrand den Lehrgang zum Wassermeister besuchen. In knapp zwei Jahren steht er dann auf eigenen Füßen, Paul Liebhart bleibt bis dahin im Amt und später im Hintergrund greifbar, ähnlich wie Hubert Betz, der sich im Rahmen eines Minijobs vor allem um Computer und Elektrik kümmert.