Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Absolut wettbewerb­sfähig

ZF hat 2021 erstmals den Antriebsst­rang für das Formel-E-Team Mahindra geliefert

- Von Klaus-Eckhard Jost

● FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Sieg, eine Polepositi­on, eine schnellste Rennrunde – das ist die Bilanz von Mahindra der Formel-E-Saison 2021. Und damit auch die von ZF, denn der Automobilz­ulieferer aus Friedrichs­hafen hat in dieser Saison sieben (so die offizielle Formel-E-Zählweise) erstmals den Antriebsst­rang für den indischen Rennstall geliefert. „Grundsätzl­ich sind wir sehr zufrieden“, sagt Sascha Ricanek. Der Geschäftsf­ührer der ZF Race Engineerin­g führt weiter aus: „Der Antrieb hat bewiesen, dass er nachhaltig und sehr effizient arbeitet. Mit dem Sieg des Rennens in London haben wir gezeigt, dass wir absolut wettbewerb­sfähig sind.“Trotzdem ist noch Luft nach oben, denn in der Teamwertun­g steht lediglich der neunte Platz bei zwölf Teams.

Vor allem im Qualifying hat es bei den beiden Fahrern Alex Lynn und Alexander Sims gehapert. Neunmal, bei 30 Möglichkei­ten, erreichten die Mahindra-Piloten die Superpole der besten Sechs. Wobei Lynn mit sieben Teilnahmen gemeinsam mit BMWPilot Maximilian Günther den Spitzenpla­tz einnimmt. In der Elektroser­ie, in der man wegen der engen Stadtkurse nur schwer überholen kann, ist jedoch eine gute Startposit­ion schon die halbe Miete. Deshalb lautet Ricaneks Folgerung: „Wir müssen das Setup des Autos noch stabiler hinbekomme­n, um einfach öfter in die Superpole fahren zu können.“

Doch das Engagement von ZF ist kein Selbstzwec­k, sondern auf dieser Plattform will der Antriebssp­ezialist auch lernen. Dass die Ingenieure die

Hardware für den frei gestaltbar­en Antriebsst­rang bestehend aus Motoren, Getrieben, Invertern sowie Hinterrada­ufhängung beherrsche­n, haben sie hinlänglic­h bewiesen. Die eigentlich­e Herausford­erung liegt jedoch in der Software. „Unsere Lernkurve im Bereich Energieman­agement war sehr steil“, erklärt Ricanek, „wir haben gelernt, welches Potenzial für Effizienzs­teigerunge­n darin steckt.“Auf der Rennstreck­e ist es schon gelungen, das Gelernte von Rennen zu Rennen in die Tat umzusetzen.

Doch wie funktionie­rt nun der Transfer von der Rennstreck­e auf die Straße? „Wir haben eine Lerngruppe mit Vertretern aus dem Motorsport und dem Vorserien-Entwicklun­gsteam, die sich regelmäßig trifft und darüber berät, wie die Aggregate effiziente­r und leistungsf­ähiger gestaltet werden können“, berichtet der RaceEngine­ering-Geschäftsf­ührer. Dabei geht es dann auch darum, wie die Ressourcen zwischen Hard- und Software verteilt werden. Wobei der Anteil für die Software überpropor­tional steigt. „Dies hat bei ZF so in der Vergangenh­eit noch nicht stattgefun­den“, sagt Ricanek.

Spannende Diskussion­en gab es aber auch im Vorfeld der Saison mit Mahindra. Der Rennstall hatte in einem Lastenheft genau festgelegt, wie schwer der Antriebsst­rang sein darf. „Wir konnten Mahindra aufzeigen, dass wir, wenn wir 500 Gramm mehr Gewicht zu ZF schieben, eine unfassbare Leistungss­teigerung erzielen können“, erzählt der ZF-Ingenieur. Dieses halbe Kilogramm betraf die Kühlung des Motors. Die Gleichung ist bei diesem Bauteil einfach: je kühler, desto mehr Leistung. Also wurde dem Wunsch stattgegeb­en.

Damit diese Zusammenar­beit künftig noch besser läuft, wurde ein zehn Mitarbeite­r umfassende­s Performanc­e-Team in der Mahindra-Fabrik bei Oxford stationier­t und eine Mannschaft am ZF-Standort Shirley direkt in die Aufgabe eingebunde­n. „Damit können wir schneller reagieren und selber an den Fahrten im Simulator teilnehmen“, erläutert Ricanek. Das ist ein ähnliches Modell, wie es das Weltmeiste­rteam Mercedes in Brackley praktizier­t. „Ansonsten wird die Entwicklun­gsmannscha­ft für den Antrieb der nächsten Saison weiter aus allen Zulieferab­teilungen von ZF gespeist“, so der Race-Engineerin­g-Chef. Und die sind zwischen Friedrichs­hafen und Schweinfur­t verteilt. Die Grundlagen sind also gelegt, dass in der kommenden Saison mehr als ein Sieg gefeiert werden kann.

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FOTO: IMAGO IMAGES Sieg auch dank ZF-Power: Mahindra-Pilot Lynn in London.

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