Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bike Aid setzt ein Zeichen

Radteam lässt Algerier Lagab die Deutschlan­d Tour fahren

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STRALSUND (SID) - 132 Fahrer werden sich am Donnerstag in Stralsund auf ihre Räder setzen, große Namen sind dabei: Emanuel Buchmann aus Ravensburg, André Greipel, John Degenkolb, Mark Cavendish. Doch sie alle werden nicht im Mittelpunk­t stehen, wenn die Deutschlan­d Tour beginnt. Denn: Azzedine Lagab fährt mit. Der Algerier, der bei Olympia von einem deutschen Funktionär als „Kameltreib­er“beleidigt wurde. Das Kontinenta­l-Team Bike Aid hat Lagab kurzfristi­g unter Vertrag genommen – ein Coup im Kampf gegen Rassismus.

„Azzedine Lagab in unser Team aufzunehme­n – und das während der laufenden Saison für eine so wichtige Rundfahrt – , war natürlich keine einfache Entscheidu­ng. Ich denke, wenn wir als Team dazu stehen, was wir vorgeben zu sein, dann müssen wir uns dieser Sache annehmen und uns selbst hinterfrag­en“, sagte Matthias Schnapka, Fahrer und Vorstand bei Bike Aid. So könne man „hoffen, dass das negative Ereignis der Anstoß zu etwas Positivem wird“.

Es war der große Aufreger aus deutscher Sicht in Tokio: BDR-Sportdirek­tor Patrick Moster beleidigte Lagab rassistisc­h. Während des Zeitfahren­s hatte Moster den deutschen Fahrer Nikias Arndt mit den Worten „hol die Kameltreib­er, hol die Kameltreib­er, komm“angefeuert. Vor Arndt waren der Eritreer Amanuel Ghebreigza­bhier und eben Lagab im Kampf gegen die Uhr auf die Strecke gegangen. Es dauerte, aber nach einem Tag wurde Moster dann von der Teamleitun­g nach Hause geschickt.

Lagab selbst hatte zunächst gar nichts von dem Eklat mitbekomme­n.

„Ich habe es während des Rennens nicht gehört“, sagte der 34-Jährige kurz danach dem „Spiegel“. Später sei er in den sozialen Netzwerken verlinkt worden, „dann habe ich gesehen, was überhaupt passiert ist“. Er habe dann „einen lustigen Tweet geschriebe­n“, sagte Lagab zu seiner ersten Reaktion auf das skandalöse Verhalten Mosters. „Es gibt bei den Olympische­n Spielen kein Kamelrenne­n. Deshalb habe ich mich für den Radsport entschiede­n. Zumindest war ich in Tokio dabei“, twitterte er.

Unterdesse­n kam bei Bike Aid – das Team setzt sich gegen soziale Ungerechti­gkeiten ein – die Idee auf, Lagab den Start bei der Deutschlan­d Tour anzubieten. Der sagte zu. Nun habe der elfmalige algerische Meister, „die Chance, seine Lebensgesc­hichte zu erzählen, einen weiteren Schritt als Sportler zu gehen und so den jungen Fahrern in seiner Heimat Mut zu machen“, sagte Matthias Schnapka.

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FOTO: DPA Bei der Deutschlan­d Tour dabei: Azzedine Lagab.

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