Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Herz ist wichtiger als Größe

- Von Claudia Kling ●» c.kling@schwaebisc­he.de

A● ls Horst Seehofer nach der Wahl ins Bundeskabi­nett wechselte, wollte er den großen Auftritt. Um seine Bedeutung als CSU-Chef zu unterstrei­chen, sollte es nicht nur das Innenminis­terium sein, sondern das Innenminis­terium in XXL-Größe: plus Bau und plus Heimat. Die Idee, über den Zuschnitt eines Ministeriu­ms die eigene Bedeutung unterstrei­chen zu wollen, hatten auch schon andere Politiker. Der frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine etwa oder CSU-Chef Edmund Stoiber, der dann aber doch lieber in München blieb. Zum Ende der Legislatur stellt sich die Frage: Hat es sich rentiert, für Seehofer ein Ministeriu­m nach seinem Gusto zu zimmern? Was hat er erreicht?

Im Wohnungsba­u sicherlich nicht das, was notwendig gewesen wäre. Da erkannte der Minister zwar, dass Wohnen die „soziale Frage unserer Zeit“ist. In der Praxis scheiterte er allerdings an seinen selbst gesetzten Zielen. Weder hat er die 1,5 Millionen Wohnungen gebaut, die er als Wohnraumof­fensive versproche­n hatte, noch gelang es ihm, dem Thema den sozialen Sprengstof­f zu nehmen. Als Ergebnis seiner Politik sind die Mietpreise weiter gestiegen – und die Immobilien­preise noch viel schneller. Selbst in ländlichen Regionen, die nicht ganz weitab vom Schuss sind, fragen sich junge Familien, ob sie sich eine neue Bleibe leisten können, wenn sich Nachwuchs ankündigt.

Es würde Seehofer aber auch nicht gerecht, ihm Versagen auf der ganzen Linie zu attestiere­n – um die innere Sicherheit hat er sich durchaus gekümmert. Vor allem nach den Anschlägen in Halle und Hanau und der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke machte er das, was seine Vorgänger viel zu lange verschlafe­n haben: härter gegen rechts vorzugehen. Unterm Strich bestätigt Seehofers Superminis­terium das, was schon der gesunde Menschenve­rstand nahelegt: Super wird ein Minister nicht durch die Größe seines Ministeriu­ms, sondern dann, wenn er erkennt, wo seine Grenzen sind. Wenn er abzuschätz­en weiß, wie vielen Aufgaben er mit Herzblut und ganzer Kraft gerecht werden kann – und wenn er das dann auch macht.

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