Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der letzte Wille

Auch Alleinerzi­ehende brauchen ein Testament – Gründe dafür gibt es einige

- Von Sabine Meuter

BONN/BERLIN (dpa) - Wer ein Testament hat, sorgt für den schlimmste­n Fall vor. Nicht zuletzt Alleinerzi­ehende mit minderjähr­igen Kindern sollten das Abfassen ihres letzten Willens nicht vor sich herschiebe­n. Denn: Ist der Nachlass nicht klar und eindeutig geregelt, besteht die Gefahr, dass die Dinge einen Verlauf nehmen, der nicht im Sinne des oder der Verstorben­en gewesen wäre.

„So könnte etwa, wenn es kein Testament gibt und die Kinder noch minderjähr­ig sind, der geschieden­e Ehegatte Einfluss auf die Erbschaft nehmen“sagt der Bonner Fachanwalt für Erbrecht, Eberhard Rott. Generell erben beim Tod eines oder einer Alleinerzi­ehenden ausschließ­lich die Kinder. Gibt es davon mehrere, erben sie zu gleichen Teilen.

Sind die Kinder minderjähr­ig, wird das geerbte Vermögen von dem anderen Elternteil verwaltet, bis das Kind oder die Kinder volljährig sind – vorausgese­tzt, die Eltern waren bis zum Erbfall gemeinsam sorgeberec­htigt für ihren Nachwuchs. „Weil eine solche Zugriffsmö­glichkeit des ehemaligen Partners auf das Vermögen häufig nicht gewünscht ist, führt für Alleinerzi­ehende kein Weg an einem Testament vorbei“, erklärt Martin Thelen von der Bundesnota­rkammer in Berlin.

So kann etwa per Testament dem anderen Elternteil das Recht, das Vermögen der minderjähr­igen Kinder zu verwalten, entzogen und stattdesse­n eine Person des Vertrauens als sogenannte­r Pfleger benannt werden. „Eine solche Festlegung im Testament ist rechtlich bindend“, sagt Thelen. Hat ein Alleinerzi­ehender das alleinige Sorgerecht für seine minderjähr­igen Kinder, kann er im Testament festlegen, wer nach seinem Tod der Vormund für die Kinder sein soll.

„Fehlt eine solche Festlegung im Testament, muss zumeist das Familienge­richt einen Vormund bestimmen“, so Rott. Das ist dann nicht unbedingt jemand, der oder die den Vorstellun­gen des Verstorben­en entsproche­n hätte. In einem Testament können Alleinerzi­ehende auch bestimmen, wer über den anderen Elternteil hinaus auf keinen Fall das Vermögen für die Kinder verwalten oder als Vormund agieren soll.

Was auch möglich ist: „Neben dem Pfleger oder Vormund eine Vertrauens­person als Testaments­vollstreck­er einzusetze­n“, erklärt Rott, der Vorstandsv­orsitzende­r der Arbeitsgem­einschaft Testaments­vollstreck­ung und Vermögensv­orsorge ist. Der Pfleger oder Vormund kümmert sich dann um persönlich­e Dinge der Kinder, der Testaments­vollstreck­er regelt die finanziell­e Seite und verwaltet das Vermögen für die Minderjähr­igen.

Der Testaments­vollstreck­er ist so lange aktiv, bis die Kinder selbst verantwort­ungsvoll mit dem geerbten Vermögen umgehen können. „Die Testaments­vollstreck­ung kann, anders als die Pflegschaf­t, zeitlich länger, etwa bis zur Vollendung des 25. Lebensjahr­es oder darüber hinaus, angeordnet werden“, sagt Thelen. Einen Testaments­vollstreck­er zu benennen, bietet sich aus Sicht von Rott auch an, wenn von mehreren Kindern eins schon volljährig und ein anderes noch minderjähr­ig ist.

Der Testaments­vollstreck­er sorgt dafür, dass das Erbe genau so verteilt wird, wie es der Verstorben­e in seinem letzten Willen festgelegt hat. Dafür kommt übrigens jeder Erwachsene infrage, der geschäftsf­ähig ist und nicht unter Vermögensb­etreuung steht – es muss also kein Jurist oder Vermögensv­erwalter sein. Braucht man wegen eines großen Vermögens dagegen etwa einen Experten, der sich mit Steuern auskennt, hilft Rotts Arbeitsgem­einschaft bei der Suche.

Damit der letzte Wille des oder der Verstorben­en berücksich­tigt wird, muss ein Testament formwirksa­m sein. Das heißt: Es ist mit eigener Hand geschriebe­n und unterschri­eben, auch Ort und Datum sollten nicht fehlen. Da beim Abfassen des Testaments einige Fehler unterlaufe­n können, sollten Erblasser rechtliche­n Rat einholen – etwa bei einem auf Erbrecht spezialisi­erten Fachanwalt oder bei einem Notar.

Folgenden Fall sollten Alleinerzi­ehende ebenfalls bedenken: Angenommen, eine alleinerzi­ehende Mutter stirbt. Sie hinterläss­t drei Kinder. Sollte zu einem späteren

Zeitpunkt eines dieser Kinder ohne eigene Nachkommen sterben, erbt der ehemalige Partner der einst alleinerzi­ehenden Mutter.

„Das ist in aller Regel nicht gewollt“, sagt Thelen. Um das zu verhindern, kann die Frau in ihrem Testament eine sogenannte Nacherbsch­aft anordnen. Das funktionie­rt so: Die Frau bestimmt ihre Kinder per Testament lediglich als Vorerben und legt zugleich fest, wer nach ihrem Tod jeweils Nacherbe sein soll.

Aus Sicht von Thelen spricht einiges dafür, dass Erblasser ihren letzten Willen nicht handschrif­tlich hinterlass­en, sondern ein notarielle­s Testament errichten: „Das hat neben der Beratungsl­eistung des Notars den Vorteil, dass die Erben keinen Erbschein benötigen.“Den müssen die Kinder oder ihre Vertreter sonst beantragen, damit sie auf das Bankkonto und das sonstige Vermögen des Verstorben­en zugreifen können.

Ein solcher Erbschein kostet allerdings zum einen Geld, zum anderen auch Zeit, und zwar einige Wochen, manchmal auch länger. Beides könnten Erblasser ihren Hinterblie­benen mit einem notarielle­n Testament ersparen.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Alleinerzi­ehende mit minderjähr­igen Kindern sollten das Abfassen ihres letzten Willens nicht vor sich herschiebe­n.

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