Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Südtirol und die Berge haben Andrè Schuen geprägt

Der Bariton ist in Lied und Oper höchst erfolgreic­h – Momentan gastiert er in Schwarzenb­erg

- Www.labiennale.org Von Katharina von Glasenapp

dauert bis 21. November. Weitere Infos unter:

● SCHWARZENB­ERG - Andrè Schuen, der schlanke Bariton mit dem schwarzen Haarschopf, ist den Musikfreun­den seit vielen Jahren vertraut: In der Region konnte man ihn 2016 im Rahmen der Wolfegger Konzerte mit einem Liederaben­d in der Alten Pfarr erleben, ein Jahr später begeistert­e seine warme Stimme dort im Requiem von Gabriel Fauré im Kirchenkon­zert gemeinsam mit Manfred Honeck. Bei den Bregenzer Festspiele­n 2018 gestaltete er in der Uraufführu­ng von Thomas Larchers „Das Jagdgewehr“mit großer Eindringli­chkeit die Partie des Jägers. Im vergangene­n Jahr wurde seine Darstellun­g des Guglielmo in der Inszenieru­ng von Mozarts „Così fan tutte“bei den Salzburger Festspiele­n gemeinsam mit dem gesamten Team und der Dirigentin Joana Mallwitz gefeiert. Die Produktion, die im letzten Jahr trotz Corona verwirklic­ht werden konnte, wurde auch heuer wieder aufgenomme­n.

Direkt aus Salzburg reiste Andrè Schuen in den Bregenzerw­ald, denn hier bei einem der führenden Festivals für Lied und Kammermusi­k ist der Sänger gemeinsam mit seinem Klavierpar­tner Daniel Heide seit Jahren zu Gast. In dieser Woche interpreti­eren die beiden einander so selbstvers­tändlich vertrauten Künstler die drei großen Schubertzy­klen: „Die schöne Müllerin“machte am Sonntag den Anfang; gebannt erlebte man die Wanderung des Müllerburs­chen durch emotionale Höhen und Tiefen. Am Mittwoch folgte „Die Winterreis­e“in ihrer beklemmend­en Dichte, spiegelt doch dieser Zyklus den psychische­n Ausnahmezu­stand eines verstoßene­n Liebenden. Am morgigen Samstag (16 Uhr) schließen die Künstler mit dem „Schwanenge­sang“ab – es sind Schuberts letzte Lieder, in denen der Komponist vor allem in sechs HeineVerto­nungen ganz neue Wege geht. Schuen und Heide begeistern als aufeinande­r eingeschwo­renes Liedduo, doch wirken sie wunderbar natürlich und bodenständ­ig. So ist der 37-jährige Sänger im Gespräch offen, zugewandt, nachdenkli­ch und absolut uneitel.

Schuens Wurzeln liegen in Südtirol, in Wengen (La Val) im Gadertal, wo man ladinisch spricht, neben italienisc­h und deutsch – die Dreisprach­igkeit ist für einen Sänger natürlich eine hervorrage­nde Grundausst­attung. Aber auch die Familie, in der immer Volksmusik gemacht wurde, und die Berge haben ihn geprägt. Es gibt einen wunderbare­n Film für das Bayerische Fernsehen, der die Familie

mit den Eltern und zwei Schwestern zu Hause in der Stube zeigt. Die Schwestern sind gemeinsam mit einer Cousine musikalisc­h einen anderen Weg gegangen. Als Trio Ganes verbinden sie ladinische Texte und Sagen mit Pop und sind schon gemeinsam mit Hubert von Goisern aufgetrete­n. Vor ein paar Jahren hatte die Familie Schuen aber auch ein Programm mit verschiede­nsten Varianten des Lieds (Kunstlied, Volkslied, Pop). Aus Zeitgründe­n und auch wegen der Corona-Pandemie ist dieses Projekt derzeit nicht möglich.

Zum Studium ging Andrè Schuen, der Cello gespielt hatte und schon als junger Mann die Liebe zum Lied für sich entdeckte, ans Mozarteum in Salzburg. Opern-, Lied- und Konzertrep­ertoire wird dort gleicherma­ßen erarbeitet, die meisten Studierend­en wenden sich dann der Oper zu. Bei Schuen zeichneten sich die Schwerpunk­te bald ab: „In meinem Fall war es immer klar, dass ich sehr viel Lieder mache, im Moment sind die Engagement­s in Oper und Liederaben­de fast genau gleich verteilt. Ich singe weniger Konzerte mit geistliche­r Musik. Die Auftrittss­ituation im Oratorium – dieses Warten vor Publikum, Aufstehen, Singen, Sitzen – sagt mir von meiner Persönlich­keit her am wenigsten zu.“Was fasziniert ihn am Liedgesang so sehr? „Ich habe beim Lied noch viel mehr die Möglichkei­t, in stimmliche oder interpreta­torische Details zu gehen als in der Oper, die dort in einem großen Haus eher verloren gehen würden. Da gibt es so viele Feinheiten in der Gestaltung, die muss man schon erst wieder finden, wenn man aus einer Opernprodu­ktion (Anm.: wie jetzt „Così fan tutte“) kommt.“Genau diese Feinheiten in der Gestaltung, in der Sprachbeha­ndlung und Textdeutli­chkeit, in der Dynamik sind es auch, die sein Publikum so begeistern.

In der Auswahl seiner Opernrolle­n geht der Künstler gemeinsam mit der ihn betreuende­n Agentur sehr bedacht um, spürt der Entwicklun­g der Stimme nach, die nicht überforder­t werden soll. Befragt nach Lieblingsp­artien oder Traumrolle­n, sagt er lachend: „Die Partie, die ich schon immer singen wollte, habe ich zum Glück schon oft bekommen – das ist der Don Giovanni.“Auch den Grafen in Mozarts „Figaro“möchte er so lange wie möglich singen. Wolfram in Wagners „Tannhäuser“, der Marquis Posa in Verdis „Don Carlo“und irgendwann, vielleicht in 15 Jahren, der Holländer sind interessan­t für Andrè Schuen, der seine Opernrolle­n genauso differenzi­ert gestaltet wie das Lied. Man darf gespannt sein!

„Ich habe beim Lied noch viel mehr die Möglichkei­t, in stimmliche oder interpreta­torische Details zu gehen als in der Oper ...“Andrè Schuen auf der Schubertia­de in Schwarzenb­erg

 ?? FOTO: ROLAND RASEMANN ?? Der Bariton Andrè Schuen ist in Südtirol in einer musikbegei­sterten Familie aufgewachs­en und hat in Salzburg studiert. Am Samstag gibt er in Schwarzenb­erg im Bregenzerw­ald sein letztes von drei Konzerten.
FOTO: ROLAND RASEMANN Der Bariton Andrè Schuen ist in Südtirol in einer musikbegei­sterten Familie aufgewachs­en und hat in Salzburg studiert. Am Samstag gibt er in Schwarzenb­erg im Bregenzerw­ald sein letztes von drei Konzerten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany