Entscheidung für die Pflege
Vier Auszubildende von St. Hildegard in Oberdischingen erzählen, warum sie sich für einen Pflegeberuf entschieden haben
● OBERDISCHINGEN - Die Situation in der Pflege-Branche ist, was Nachwuchskräfte und Facharbeiter angeht, seit einiger Zeit sehr angespannt. In Zeiten von Corona war die Ausbildung neuer Pflegefachkräfte zudem ein gutes Stück weit auf Eis gelegt. Deshalb ist der Direktor des Oberdischinger Hauses St. Hildegard besonders froh, dass er zum August gleich vier neue Auszubildende willkommen heißen durfte. Die vier Frauen machen die dreijährige generalistische Ausbildung. Insgesamt hat das Haus nun mit den klassischen Ausbildungszweigen acht Auszubildende im Haus. Das soll aber nicht das Ende der Fahnenstange sein.
„Wir sind froh, dass wir nach dem Corona-Jahr gleich vier neue Auszubildende gewonnen haben. Insgesamt stehen wir damit gut da für ein Haus mit rund 60 Bewohnerinnen und Bewohnern und etwa 80 Mitarbeitenden. Aber eigentlich haben wir als Plan 15 Auszubildende, sprich fünf pro Jahr, und dahin wollen wir auch wachsen“, sagt Christian Meiborg, Leiter des Hauses. Die neue Ausbildung der Generalistik stelle ihn und seine Mitarbeiter aber auch vor Herausforderungen. Es sei vieles anders, wie er und die Altgedienten es noch gelernt hätten. Die Auszubildenden sind längere Zeit nicht nur im Haus St. Hildegard, sondern in anderen Einrichtungen, wie beispielsweise dem Ehinger Krankenhaus in der Pädiatrie oder anderen Bereichen des Gesundheitswesens sowie in der Schule.
„Die Zeit ist knapp, um den Auszubildenden klar deutlich zu machen, dass wir das beste Haus sind und sie doch nach ihrer Ausbildung bei uns weiterarbeiten bleiben sollen“, sagt Christian Meiborg, betont aber auch, dass man sich deshalb nun auch extra viel Mühe gegeben habe, den vier Frauen gleich einen guten Start zu ermöglichen. „Wir wollen den Auszubildenden zeigen, dass es ein schöner Beruf ist, in dem sie arbeiten werden, aber es bei uns ganz besonders schön ist, weil sie ja doch etwas herum kommen“, so Meiborg mit einem Schmunzeln, der erklärt, dass der Verbund, in dem sich die neue generalistische Ausbildung bewegt, alleine in der Region rund einhundert Unternehmen und Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser und Pflege- und Altenheime sowie ambulante Dienste angehören. Außerdem plane man, so Meiborg weiter, bald einen eigenen ambulanten Pflegedienst zu gründen, um einerseits die pflegerische Unterstützung in gewohnt hoher Qualität zu den Menschen nach Hause zu bringen, andererseits aber auch für die Auszubildenden ein breiteres Spektrum an Einsatzmöglichkeiten zu bieten.
Generell könne man die Fachkräftelücke in der Pflege nur über möglichst gute Ausbildung füllen. Dabei spielt es für Christian Meiborg keine Rolle, ob die Azubis aus dem Ausland oder dem Inland kommen. „Ohne Ausbildung kann das gar nicht mehr funktionieren. Wir haben ein sehr junges Team hier. Dennoch gehen in den nächsten Jahren fünf sehr erfahrene Kolleginnen in den Ruhestand. Das muss man als kleines Haus erst einmal auffüllen können.“Der Markt sei leer, was externe Bewerbungen angehe. Natürlich kämen immer mal wieder Bewerbungen rein, durch die die Oberdischinger Einrichtung in den vergangenen Jahren auch einige tolle Mitarbeiter hätte gewinnen können, allerdings biete dies nicht die Substanz, dass es die nächsten zehn bis 15 Jahre so weitergehe.
Die Branche müsse weit in die Zukunft denken und das gehe nur mit
Ausbildung und mit Kräften, die ihren Lebensmittelpunkt hier in der ländlichen Region haben oder bewusst legen wollen und nicht in die umliegenden Großstädte abwandern. „Wir wollen auch bei unseren Auszubildenden mit denselben Vorteilen punkten, mit denen wir bei den Bewohnern punkten. Wir haben einen christlichen Träger im Rücken, der nach dem Leitbild mithelfen und heilen sich sehr stark um die Bewohner und die Mitarbeiter kümmert. Wir haben ein tolles Arbeitsklima und eine tollen Umgang miteinander.“Das mache den Unterschied aus, man habe weniger Druck, man sei gut besetzt und das Haus sei modern und gut in Schuss. Zudem biete der Träger Tarifvertrag und diverse Weiterbildungsmöglichkeiten, die gerade auch durch vier langjährige Mitarbeiter wahrgenommen werden.
Die verantwortliche Praxisanleiterin, Vanessa Niemand, welche die Pflegeschülerinnen betreut und selbst noch relativ neu im Haus St. Elisabeth Hildegard in Oberdischingen ist, bestätigt das: „Hier kann ich mich voll auf die Schülerinnen konzentrieren. Ich kann ihnen fünf Tage die Woche alles zeigen und ihnen die Türen öffnen.“Das sei nicht überall so. In anderen Einrichtungen sei es oft so, dass die Kräfte, welche Praxisanleitungen durchführen, selbst nebenher noch im Pflegedienst sind. Das beeinflusse sowohl die Ausbildung als auch die Pflege der Bewohner.
Seit dem Start am 1. August haben die neuen Auszubildenden eine kleine Begrüßungswoche absolviert. Alteingesessene Mitarbeiter haben den Neuen das Haus näher gebracht, Dann gab es einen Dienst in der Betreuung in der Pflege und in der Küche. Mittlerweile begleiten die Auszubildenden
erfahrene Pflegerinnen und Pfleger, sodass sie auch die Bewohner kennenlernen und ihre Aufgabe Stück für Stück erlernen.
Dafür gibt es auch ein eigens eingerichtetes „Demo-Zimmer“, in dem die Auszubildenden aneinander die Handgriffe für die Pflege der Bewohner und ebenfalls das Rücken-schonende Arbeiten lernen. Und auch die Rückmeldungen der Auszubildenden sind sehr positiv. „Die erste Woche war sehr gut geplant, uns wurde alles gezeigt und erklärt und wir haben alle Bereiche im Haus kennengelernt. Wir waren überall einmal, die Begrüßungswoche hat mir gut gefallen. Jetzt laufen wir gerade mit. Da lernen wir viel über den künftigen Alltag im Beruf. Wenn man mit etwas Neuem anfängt, kann man ja nicht gleich erwarten, dass man alles kann. Deswegen finde ich das Mitlaufen super, das hilft uns sehr, um eine gute Beziehung mit den Bewohnern aufzubauen“, sagt Aletta Grodtkovszky.
Die Gründe, warum sich die vier Frauen für die Ausbildung in der Pflege entschieden haben, ähneln sich. „Ich wollte eigentlich schon immer in die Pflege. Einerseits wegen meiner Großeltern, die ich auch schon ein bisschen versorgt habe. Irgendwann bin ich dann als Präsenzkraft nach St. Hildegard gekommen und mehr und mehr in den Beruf reingeschliddert und habe dann erkannt: Das ist mein Beruf, den möchte ich unbedingt machen“, sagt Nadine Horn. Tanya Botshiwe hat schon früh durch ihre Tante Kontakt zur Pflegebranche bekommen: „Als ich ganz klein war, habe ich mich schon für Biologie interessiert. Eine meiner Tanten arbeitet selber in der Pflege. Sie hat mir so viel über Pflege erzählt, dann habe ich mich selbst sehr dafür interessiert und mich dazu entschieden, das auch zu machen.“
Aletta Grodtkovszky und Tammy Kisting haben durch ihr familiäres Umfeld mit der Pflege zu tun bekommen. Bei einer sitzt eine nahe Verwandte im Rollstuhl, bei der anderen leidet jemand aus der Familie an Demenz. „Ich mag es, mit Menschen zu arbeiten. Außerdem denke ich, dass das Wissen, das wir hier erfahren, sehr wichtig und nützlich ist, auch später im privaten. Zudem ist es ein Beruf, der zukunftssicher ist“, sagt Aletta Grodtkovszky, und Tammy Kisting fügt an: „Es geht uns allen um die Menschen. Es ist der soziale Aspekt, der zählt. Ich habe auch schon mit Kindern gearbeitet, aber die Arbeit mit älteren Menschen ist genauso wichtig.“
Christian Meiborg ist schon jetzt mit dem Einsatz der vier neuen Auszubildenden sehr zufrieden und hofft, dass sie sich am Ende ihrer Ausbildung für das Haus St. Hildegard in Oberdischingen entscheiden.