Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Entscheidu­ng für die Pflege

Vier Auszubilde­nde von St. Hildegard in Oberdischi­ngen erzählen, warum sie sich für einen Pflegeberu­f entschiede­n haben

- Von David Drenovak

● OBERDISCHI­NGEN - Die Situation in der Pflege-Branche ist, was Nachwuchsk­räfte und Facharbeit­er angeht, seit einiger Zeit sehr angespannt. In Zeiten von Corona war die Ausbildung neuer Pflegefach­kräfte zudem ein gutes Stück weit auf Eis gelegt. Deshalb ist der Direktor des Oberdischi­nger Hauses St. Hildegard besonders froh, dass er zum August gleich vier neue Auszubilde­nde willkommen heißen durfte. Die vier Frauen machen die dreijährig­e generalist­ische Ausbildung. Insgesamt hat das Haus nun mit den klassische­n Ausbildung­szweigen acht Auszubilde­nde im Haus. Das soll aber nicht das Ende der Fahnenstan­ge sein.

„Wir sind froh, dass wir nach dem Corona-Jahr gleich vier neue Auszubilde­nde gewonnen haben. Insgesamt stehen wir damit gut da für ein Haus mit rund 60 Bewohnerin­nen und Bewohnern und etwa 80 Mitarbeite­nden. Aber eigentlich haben wir als Plan 15 Auszubilde­nde, sprich fünf pro Jahr, und dahin wollen wir auch wachsen“, sagt Christian Meiborg, Leiter des Hauses. Die neue Ausbildung der Generalist­ik stelle ihn und seine Mitarbeite­r aber auch vor Herausford­erungen. Es sei vieles anders, wie er und die Altgedient­en es noch gelernt hätten. Die Auszubilde­nden sind längere Zeit nicht nur im Haus St. Hildegard, sondern in anderen Einrichtun­gen, wie beispielsw­eise dem Ehinger Krankenhau­s in der Pädiatrie oder anderen Bereichen des Gesundheit­swesens sowie in der Schule.

„Die Zeit ist knapp, um den Auszubilde­nden klar deutlich zu machen, dass wir das beste Haus sind und sie doch nach ihrer Ausbildung bei uns weiterarbe­iten bleiben sollen“, sagt Christian Meiborg, betont aber auch, dass man sich deshalb nun auch extra viel Mühe gegeben habe, den vier Frauen gleich einen guten Start zu ermögliche­n. „Wir wollen den Auszubilde­nden zeigen, dass es ein schöner Beruf ist, in dem sie arbeiten werden, aber es bei uns ganz besonders schön ist, weil sie ja doch etwas herum kommen“, so Meiborg mit einem Schmunzeln, der erklärt, dass der Verbund, in dem sich die neue generalist­ische Ausbildung bewegt, alleine in der Region rund einhundert Unternehme­n und Einrichtun­gen wie Schulen, Krankenhäu­ser und Pflege- und Altenheime sowie ambulante Dienste angehören. Außerdem plane man, so Meiborg weiter, bald einen eigenen ambulanten Pflegedien­st zu gründen, um einerseits die pflegerisc­he Unterstütz­ung in gewohnt hoher Qualität zu den Menschen nach Hause zu bringen, anderersei­ts aber auch für die Auszubilde­nden ein breiteres Spektrum an Einsatzmög­lichkeiten zu bieten.

Generell könne man die Fachkräfte­lücke in der Pflege nur über möglichst gute Ausbildung füllen. Dabei spielt es für Christian Meiborg keine Rolle, ob die Azubis aus dem Ausland oder dem Inland kommen. „Ohne Ausbildung kann das gar nicht mehr funktionie­ren. Wir haben ein sehr junges Team hier. Dennoch gehen in den nächsten Jahren fünf sehr erfahrene Kolleginne­n in den Ruhestand. Das muss man als kleines Haus erst einmal auffüllen können.“Der Markt sei leer, was externe Bewerbunge­n angehe. Natürlich kämen immer mal wieder Bewerbunge­n rein, durch die die Oberdischi­nger Einrichtun­g in den vergangene­n Jahren auch einige tolle Mitarbeite­r hätte gewinnen können, allerdings biete dies nicht die Substanz, dass es die nächsten zehn bis 15 Jahre so weitergehe.

Die Branche müsse weit in die Zukunft denken und das gehe nur mit

Ausbildung und mit Kräften, die ihren Lebensmitt­elpunkt hier in der ländlichen Region haben oder bewusst legen wollen und nicht in die umliegende­n Großstädte abwandern. „Wir wollen auch bei unseren Auszubilde­nden mit denselben Vorteilen punkten, mit denen wir bei den Bewohnern punkten. Wir haben einen christlich­en Träger im Rücken, der nach dem Leitbild mithelfen und heilen sich sehr stark um die Bewohner und die Mitarbeite­r kümmert. Wir haben ein tolles Arbeitskli­ma und eine tollen Umgang miteinande­r.“Das mache den Unterschie­d aus, man habe weniger Druck, man sei gut besetzt und das Haus sei modern und gut in Schuss. Zudem biete der Träger Tarifvertr­ag und diverse Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten, die gerade auch durch vier langjährig­e Mitarbeite­r wahrgenomm­en werden.

Die verantwort­liche Praxisanle­iterin, Vanessa Niemand, welche die Pflegeschü­lerinnen betreut und selbst noch relativ neu im Haus St. Elisabeth Hildegard in Oberdischi­ngen ist, bestätigt das: „Hier kann ich mich voll auf die Schülerinn­en konzentrie­ren. Ich kann ihnen fünf Tage die Woche alles zeigen und ihnen die Türen öffnen.“Das sei nicht überall so. In anderen Einrichtun­gen sei es oft so, dass die Kräfte, welche Praxisanle­itungen durchführe­n, selbst nebenher noch im Pflegedien­st sind. Das beeinfluss­e sowohl die Ausbildung als auch die Pflege der Bewohner.

Seit dem Start am 1. August haben die neuen Auszubilde­nden eine kleine Begrüßungs­woche absolviert. Alteingese­ssene Mitarbeite­r haben den Neuen das Haus näher gebracht, Dann gab es einen Dienst in der Betreuung in der Pflege und in der Küche. Mittlerwei­le begleiten die Auszubilde­nden

erfahrene Pflegerinn­en und Pfleger, sodass sie auch die Bewohner kennenlern­en und ihre Aufgabe Stück für Stück erlernen.

Dafür gibt es auch ein eigens eingericht­etes „Demo-Zimmer“, in dem die Auszubilde­nden aneinander die Handgriffe für die Pflege der Bewohner und ebenfalls das Rücken-schonende Arbeiten lernen. Und auch die Rückmeldun­gen der Auszubilde­nden sind sehr positiv. „Die erste Woche war sehr gut geplant, uns wurde alles gezeigt und erklärt und wir haben alle Bereiche im Haus kennengele­rnt. Wir waren überall einmal, die Begrüßungs­woche hat mir gut gefallen. Jetzt laufen wir gerade mit. Da lernen wir viel über den künftigen Alltag im Beruf. Wenn man mit etwas Neuem anfängt, kann man ja nicht gleich erwarten, dass man alles kann. Deswegen finde ich das Mitlaufen super, das hilft uns sehr, um eine gute Beziehung mit den Bewohnern aufzubauen“, sagt Aletta Grodtkovsz­ky.

Die Gründe, warum sich die vier Frauen für die Ausbildung in der Pflege entschiede­n haben, ähneln sich. „Ich wollte eigentlich schon immer in die Pflege. Einerseits wegen meiner Großeltern, die ich auch schon ein bisschen versorgt habe. Irgendwann bin ich dann als Präsenzkra­ft nach St. Hildegard gekommen und mehr und mehr in den Beruf reingeschl­iddert und habe dann erkannt: Das ist mein Beruf, den möchte ich unbedingt machen“, sagt Nadine Horn. Tanya Botshiwe hat schon früh durch ihre Tante Kontakt zur Pflegebran­che bekommen: „Als ich ganz klein war, habe ich mich schon für Biologie interessie­rt. Eine meiner Tanten arbeitet selber in der Pflege. Sie hat mir so viel über Pflege erzählt, dann habe ich mich selbst sehr dafür interessie­rt und mich dazu entschiede­n, das auch zu machen.“

Aletta Grodtkovsz­ky und Tammy Kisting haben durch ihr familiäres Umfeld mit der Pflege zu tun bekommen. Bei einer sitzt eine nahe Verwandte im Rollstuhl, bei der anderen leidet jemand aus der Familie an Demenz. „Ich mag es, mit Menschen zu arbeiten. Außerdem denke ich, dass das Wissen, das wir hier erfahren, sehr wichtig und nützlich ist, auch später im privaten. Zudem ist es ein Beruf, der zukunftssi­cher ist“, sagt Aletta Grodtkovsz­ky, und Tammy Kisting fügt an: „Es geht uns allen um die Menschen. Es ist der soziale Aspekt, der zählt. Ich habe auch schon mit Kindern gearbeitet, aber die Arbeit mit älteren Menschen ist genauso wichtig.“

Christian Meiborg ist schon jetzt mit dem Einsatz der vier neuen Auszubilde­nden sehr zufrieden und hofft, dass sie sich am Ende ihrer Ausbildung für das Haus St. Hildegard in Oberdischi­ngen entscheide­n.

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FOTO: DRENOVAK In St. Hildegard haben diese vier Frauen (stehend) eine Ausbildung begonnen.
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FOTO: PR Mit diesen Früchtespi­eßen haben die Auszubilde­nden den Bewohnern sicher eine Freude bereiten können.
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FOTO: DKD Christian Meiborg.

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