Unternehmen im Stress
Wie die Firmen in der Region mit den globalen Lieferengpässen und den Preissprüngen bei Vorprodukten umgehen
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FRIEDRICHSHAFEN - Ob Stahl, Kunststoff oder Halbleiter: Rohstoffe und Vorprodukte sind für deutsche Unternehmen aktuell schwer zu bekommen. Lieferengpässe und höhere Preise belasten nahezu die gesamte Wirtschaft. Nach einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK) sind 83 Prozent der Unternehmen direkt davon betroffen – auch und vor allem in der stark exportorientierten Südwest-Wirtschaft. „Es vergeht keine Woche ohne Eskalationsgespräche mit unseren Lieferanten“, sagt Martin Buck, Chef des Sensorspezialisten Ifm aus Tettnang (Landkreis Ravensburg) und Präsident der IHK BodenseeOberschwaben.
Was Unternehmen gegen die weltweit massiv gestörten Lieferketten tun können, war Thema eines Unternehmerabends im Dornier Museum Friedrichshafen, zu dem am Donnerstag drei regionale Wirtschaftsverbände eingeladen hatten. Dabei wurde deutlich: Die meisten Firmen müssen angesichts anhaltender Unsicherheiten ihre Lieferketten neu justieren, um nicht ständig in Engpässe hineinzulaufen. Eine Option wäre, sich Lieferketten mit mehr Spiel zu gönnen. Das gäbe zumindest mehr Zeit, ehe eine Kette reißt. Alternativ ließen sich zusätzliche Lieferketten aufspannen.
Beide Optionen sind zwar kostspielig. Die Unternehmen kommen an neuen Modellen aber nicht vorbei. Denn ein baldiges Ende der Malaise ist nicht in Sicht. Zunächst kann die Produktion nicht wie gewünscht hochgefahren werden. So trifft ein knappes Angebot auf steigende Nachfrage. Das wird für Unternehmen und damit später auch für Verbraucher richtig teuer. „Was wir jetzt sehen ist erst der Anfang“, warnt Christian Bangert, Chef der auf Kunststoff- und Composite-Materialien spezialiserten EPA GmbH aus Weingarten. Bangert berichtet von quotalen Zuteilungen und Bestellungen, bei denen „keine Liefer- und Preiszusagen“mehr gegeben werden.
Überarbeitet werden müssen die Lieferantenbeziehungen in Teilen ohnehin. Strengere Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Lieferketten durch Investoren, Regulierer und Politik verlangen von Unternehmen einen bewussteren Umgang. Stellvertretend dafür steht das jüngst verabschiedete Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten in internationalen Lieferketten. Das betrifft ab 2023 direkt zwar nur größere Unternehmen. Mittelbar können aber auch kleinere Firmen betroffen sein, etwa als Zulieferer eines in der gesetzlichen Verantwortung stehenden Unternehmens.
Beim Sensorspezialisten Ifm steht kurzfristig „Troubleshooting“auf der Agenda, um die weltweit knapp 180 000 Kunden auch weiterhin fristgerecht beliefern zu können, erklärt Unternehmenschef Buck. Deshalb wurden deutlich mehr Mitarbeiter für das Management der Lieferketten abgestellt. Langfristig, so Buck, müssten Lieferantenbeziehungen diversifiziert werden. Zwei wichtige Zulieferer aus dem gleichen Land, das gehe nicht mehr. Darüber hinaus müssten sich Unternehmen wieder mit dem Gedanken einer umfangreicheren Vorratshaltung anfreunden und Bestände aufbauen.
Eine Abkehr von der arbeitsteiligen, globalen Wirtschaft ist Buck zufolge aber keine Option, weil sich bestimmte Produktionscluster nicht einfach verpflanzen ließen. Größere Teile der Wertschöpfungsketten wieder nach Deutschland zu holen, scheitere schon daran, dass die benötigten Produktionsflächen und Fachkräfte fehlten. „Wir müssen die Lieferkette orchestrieren nicht regulieren“, sagt Buck, der sich obendrein sicher ist: Unternehmen, die in guten Zeiten eine partnerschaftliche Beziehung zu ihren Lieferanten pflegen, werden auch in schlechten Zeiten nicht hängen gelassen.
Die Lager auffüllen und ausbauen ist auch für Michael Groneberg, Geschäftsführer der Klaus Multiparking GmbH aus Aitrach (Landkreis Ravensburg), das Gebot der Stunde. Das Unternehmen produziert und verkauft mechanische Parksysteme, und leidet aktuell vor allem unter den Kapriolen auf dem Stahlmarkt. „Binnen Jahresfrist haben sich die