Drei Jahre Haft für Mutter von getötetem Baby
Urteil gegen 25-Jährige in Regensburg – Leiche des neugeborenen Mädchens wurde in Mülltonne entdeckt
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REGENSBURG (dpa) - Vieles ist in dem Prozess um den Tod eines Babys in Regensburg im Dunkeln geblieben. Die Mutter, die die Leiche ihrer neugeborenen Tochter am ersten Weihnachtsfeiertag 2020 in eine Mülltonne gepackt hat, trug jedenfalls nichts Erhellendes bei. Sie schwieg. Ihre frühere Aussage, sie habe das Kind für tot gehalten, nahm ihr die Strafkammer nicht ab. „Wir glauben ihr nicht“, sagte der Vorsitzende Richter Michael Hammer am Freitag, nachdem er die 25-Jährige zu einer dreijährigen Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung verurteilt hatte. In dubio pro reo (Im Zweifel für den Angeklagten).
„Fest steht: Hätte sie das Kind gewollt, dann würde es leben“, sagte der Vorsitzende Richter. Dann wäre die Frau zum Arzt oder in ein Krankenhaus gegangen oder hätte sich, als sich in der Wohnung die Geburt abgezeichnet hatte, an ihre WG-Mitbewohner gewandt. All das habe die Frau nicht getan. Und das, obwohl sie bereits zuvor einmal ein Kind zur Welt gebracht hatte und dabei wegen Komplikationen fast gestorben sei.
„Was wissen wir? Wir wissen wenig“, sagte Richter Hammer. Kernproblem sei die Frage: „Können wir sicher ausschließen, dass die Angeklagte annahm, dass das Kind tot ist?“Dies hatte die Frau nach der Entbindung angegeben. Allerdings habe sie verschiedenen Personen gegenüber unterschiedliche Dinge gesagt.
Das hatten auch Zeugenaussagen von Polizisten, Gynäkologinnen und Mitbewohnern der Frau deutlich gemacht: Mal wollte sie das Baby die Toilette hinuntergespült haben, dann hatte sie es in die Mülltonne gepackt; mal sprach sie von einer Totgeburt und mal davon, dass sie es für tot gehalten habe. Der psychiatrischen Gutachterin gegenüber behauptete sie kurz vor Prozessende gar, sie habe das Baby wiederzubeleben versucht.
Hammer attestierte der Frau „mangelnde Wahrheitsliebe“und schloss sich den Worten ihres Verteidigers an, der in seinem Plädoyer gesagt hatte: „Sie lügt, wann immer ihr es nützlich scheint.“Jedoch hätten sich letzte Zweifel, ob die Frau das Neugeborene nicht doch fälschlicherweise für tot gehalten haben könnte, nicht sicher ausschließen lassen – deshalb eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und nicht wegen Totschlags.
Dass die Angeklagte keine Bewährungsstrafe erhielt, begründete der Richter unter anderem damit, dass sie über lange Zeit die Möglichkeit gehabt hätte, die Situation abzuwenden. Anders als beispielsweise bei einem Verkehrsunfall, wo es sich bei einer fahrlässigen Tötung um ein Augenblicksversagen handele.
Zwischenzeitlich habe die Frau sogar nachweislich mit dem Gedanken an Pflegefamilie und Babyklappe gespielt, sich aber entschieden, „die Dinge laufen zu lassen“. Statt sich spätestens kurz vor der Geburt um Hilfe zu kümmern, habe sie geraucht und getrunken und über Tage hinweg „sehenden Auges ein Risiko geschaffen“. Wie das Baby gestorben sei, ob die Frau aktiv nachgeholfen habe oder nicht, lasse sich nicht sagen. Sie habe das Kind jedenfalls im Müll „entsorgt“. Laut Obduktion hatte das Mädchen nach der Geburt mindestens eine halbe Stunde oder eine Stunde gelebt. Es starb durch Ersticken oder Unterkühlung oder durch eine Kombination aus beidem.
Richter Hammer richtete zum Schluss deutliche Worte an die 25-Jährige: „Ein weiteres Opfer gibt es aber sicher, wenn Sie sich nicht ändern: Sie selbst. Sie sind viel zu jung, als dass Sie den Gedanken an ein glücklicheres Leben aufgeben sollten.“Dafür brauche die Frau Hilfe, die bekomme sie in der Justizvollzugsanstalt: „Sie haben die Chance auf ein besseres Leben. Es liegt an Ihnen, ob Sie sie nutzen.“