Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Immer mehr Festivals und Tourneen wieder abgesagt

Veranstalt­er hoffen jetzt auf Hamburger 2G-Modell als Blaupause für alle Bundesländ­er

- Von Carola Große-Wilde

● HAMBURG/WACKEN (dpa) - Nach der Absage des kleinen Wacken-Festivals standen Doro Pesch die Tränen in den Augen. „Wir sind alle todtraurig“, sagte die Metal-Sängerin. „Das wäre dieses Jahr das größte Rockkonzer­t geworden.“Sie verstehe die Entscheidu­ng aber, wenn die Infektions­zahlen steigen. Gesundheit gehe vor. Das ursprüngli­ch vom 16. bis

18. September geplante Festival Bullhead City mit bis zu 20 000 Fans pro Tag wurde am Montag aufgrund der aktuellen Corona-Entwicklun­g in der Region abgesagt. Auch Pesch wollte dort auftreten.

In Anbetracht der derzeitige­n Situation sei ein ausgelasse­nes Festival, wie es die Fans verdienen, nicht vorstellba­r, begründete Veranstalt­er Holger Hübner die Entscheidu­ng. Zuvor war bereits das traditione­lle Heavy-Metal-Festival mit rund 75 000 Fans erneut wegen Corona abgesagt worden. Auch andere Musiker mussten ihre für den Herbst geplanten Tourneen nochmals verschiebe­n.

Dabei hatten sich die Konzertver­anstalter so sehr auf einen Neustart im Herbst gefreut. Wenn die Entwicklun­g so weitergeht, wird ihnen Corona erneut einen Strich durch die Rechnung machen. „Solange es Kapazitäts­beschränku­ngen und Abstandsre­geln gibt, machen Veranstalt­ungen wirtschaft­lich keinen Sinn“, erklärte der Präsident des Bundesverb­andes der Konzert- und Veranstalt­ungswirtsc­haft, Jens Michow, in Hamburg. Er fordert bundesweit einheitlic­he Regeln für seine Branche.

„Wir hoffen, dass das Hamburger 2G-Modell eine Blaupause für alle anderen Bundesländ­er ist“, sagte Michow. Bei der 2G-Option, die von

Samstag an in Hamburg möglich ist, können Veranstalt­er entscheide­n, ob sie nur noch Geimpfte und Genesene einlassen, die dann weitgehend von den Corona-Einschränk­ungen befreit sind, oder ob sie weiter das 3G-Modell nutzen wollen. Dieses bezieht Getestete und damit Ungeimpfte ein, unterliegt aber den bisherigen Corona-Einschränk­ungen.

„Konzerttou­rneen werden allerdings erst dann wieder möglich sein, wenn es in Deutschlan­d keinen Flickentep­pich unterschie­dlichster Regelungen gibt, sondern die Länder sich endlich auf ein einheitlic­hes Öffnungssz­enario einigen“, betonte Michow. Da PCR-Tests weitaus zuverlässi­gere Ergebnisse als Schnelltes­ts lieferten, müsse es auch möglich sein, PCR-Getesteten den Zutritt zu Veranstalt­ungen ohne Kapazitäts­beschränku­ngen zu erlauben.

Ähnlich sieht es Dieter Semmelmann, Geschäftsf­ührer von Semmel Concerts: „Die Veranstalt­er kämpfen im Moment mit einem föderalen Durcheinan­der von Verordnung­en, die eine Durchführu­ng von landesweit­en Tourneen fast unmöglich macht.“Ein großes Problem seien nach wie vor die unterschie­dlichen Regelungen der Corona-Schutzmaßn­ahmen. „Wir brauchen eine klare Struktur und Planungssi­cherheit seitens der Politik – eigentlich auf Bundeseben­e“, forderte Semmelmann.

Peter Schwenkow, Geschäftsf­ührer der Deutschen Entertainm­ent AG, erwartet – nach erfolgreic­hen Pilotveran­staltungen wie etwa mit den Berliner Philharmon­ikern – wieder Genehmigun­gen für den Herbst und damit auch viele Konzerte mit vor allem nationalen Künstlern. Das internatio­nale Touring werde noch bis zum Frühjahr warten müssen.

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