Brennstoffzelle: bald von Ulm aus in die Welt
HyFaB-Projekt: Der herstellerunabhängige Brennstoffzellenstack nimmt Gestalt an – Chancen für den Mittelstand
ULM (sz) - Die Nachfrage nach Brennstoffzellen werde künftig kräftig steigen. Das liege unter anderem an dem 2019 verabschiedeten Green Deal, mit dem die Europäische Union bis 2050 klimaneutral werden will, so das ZSW in Ulm. In Deutschland soll dieses Ziel schon bis 2045 erreicht werden. Grüner Wasserstoff ist hierfür ein Schlüsselelement.
Wissenschaft und Industrie treiben derzeit die industrielle Produktion von Brennstoffzellen für Fahrzeuge voran. Zu diesem Zweck entsteht am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm auf dem Eselsberg in der Wissenschaftsstadt die Forschungsfabrik für Wasserstoff und Brennstoffzellen (HyFaB). In ihr entwickeln Fachleute die Voraussetzungen und Prozesse für die Großserienproduktion. Das ZSW entwickelt aktuell einen generischen Brennstoffzellenstack als vorwettbewerbliche und herstellerunabhängige Entwicklungsplattform.
Größe, Design und Leistungsdichte werden den heute im Automobilbereich eingesetzten Brennstoffzellensystemen entsprechen. Seine Komponenten sollen ab Mitte 2022 für Forschungsprojekte und für Unternehmen verfügbar sein.
„Brennstoffzellen standen schon vor 20 Jahren kurz vor der Markteinführung. Sie sind damals jedoch primär an der Verfügbarkeit von Wasserstoff gescheitert. Das ändert sich jetzt mit dem European Green Deal und der Deutschen Wasserstoffstrategie grundlegend“, sagt Professor Markus
Hölzle, ZSW-Vorstand in Ulm. Nun müsse auch die Brennstoffzelle schnell industrialisiert werden, damit sie in großen Stückzahlen bei geringen Kosten im Markt verfügbar wird. Das ist das Ziel des neuen ZSW-Projekts im Rahmen von HyFaB.
„Mit dem ‚generischen Brennstoffzellenstack‘ entsteht eine Art Universalwerkzeug für die technologische Weiterentwicklung der Brennstoffzelle. Zusätzlich können wir mittelständischen Unternehmen dann auch Komponenten oder ganze Brennstoffzellen für ihre eigene Produktentwicklung in die Hand geben“, so Hölzle.
Der Grund für das vorwettbewerbliche Angebot an die Industrie: Entwickler von kommerziellen Brennstoffzellensystemen legen ihre Betriebsdaten
oder Materialzusammensetzungen in der Regel nicht offen und stellen auch keine Brennstoffzellenkomponenten zur Verfügung. Dies erschwert den Markteintritt für die meist mittelständischen Zulieferer. Mit dem generischen Brennstoffzellenstack soll dieser Engpass behoben werden, da Betriebsdaten und Komponenten für alle Interessenten verfügbar sein werden.
Das Stack-Konzept ist bis zu einer maximalen Leistung von 150 Kilowatt ausgelegt. Hierfür bedarf es 500 Einzelzellen mit jeweils zwei Bipolarplatten aus Metall, um diesen generischen Brennstoffzellenstack aufzubauen. Der Vorteil von metallischen Bipolarplatten liege darin, dass sie mit umformenden Produktionsverfahren herstellbar sind und dadurch hohe Stückzahlen bei geringen Taktzeiten ermöglichen. Produktionstechnisch herausfordernd seien allerdings die dünnen Wandstärken von nur einem Zehntel Millimeter bei einer Länge von über 40 Zentimetern pro Platte.
Die Bipolarplatten seien entscheidende Bauteile einer Brennstoffzelle: Auf den beiden Außenseiten, der sogenannten Kathode und Anode, sorgen sie für die gleichmäßige Verteilung von Wasserstoff und Luftsauerstoff. Parallel wird über die Innenseite der Platten das Kühlwasser geleitet. Dies erfolgt über äußerst filigrane Kanal- und Steggeometrien sowie ein Verteiler- und Dichtungskonzept. Diese Strukturen werden mittels numerischer Strömungsmechanik (CFD) simuliert und optimiert.
HyFaB ist ein öffentlich gefördertes Projekt: Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg unterstützt mit 10,4 Millionen Euro den Neubau mit 3300 Quadratmetern am ZSW-Standort Ulm in der Lise-Meitner-Straße. Die Bauarbeiten haben am 9. Februar offiziell begonnen. Das Bundesverkehrsministerium hat weitere 30 Millionen Euro für Industrieprojekte zur Produktionsund Prozessforschung angekündigt. Außer dem ZSW sind noch das Fraunhofer ISE aus Freiburg und der VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) am HyFaB-Projekt beteiligt.