Veganes Hack ist noch lange kein Fleisch
Es ist noch gar nicht so lange her, da haben sich eingefleischte Fleischesser lustig gemacht über Menschen, die mit fleischfreien Alternativen versucht haben, Schnitzel oder Fleischküchle nachzubasteln. Zögerlich hat die Lebensmittelindustrie den Trend aufgenommen. Inzwischen ist dieser Markt keine Nische für Exoten mehr, sondern längst ein Massenphänomen. Das „Handelsblatt“berichtete, dass im Jahr 2020 weltweit 40 Milliarden Dollar mit Alternativen zu tierischen Produkten verkauft wurden. Für das Jahr 2035 sagen Marktforscher fast 300 Milliarden Umsatz voraus. Höchste Zeit also, einen genaueren Blick auf das Zubereitungsverhalten einer solchen typischen Alternative genauer unter die Lupe zu nehmen: veganes Hack.
Dabei handelt es sich um ein Produkt, das dem fleischlichen Original aus Rind und Schwein nachgeahmt ist. Um Fleisch in Geschmack, Textur
und Mundgefühl möglichst nahezukommen, setzen die Hersteller anstelle von tierischem Protein pflanzliches Eiweiß ein. Einer der Marktführer, die Rügenwalder Mühle, nutzt dazu Soja. Andere setzen auf Erbsen, wieder andere auf Sonnenblumenkerne – wie sie auch im folgenden Küchen-Selbstversuch zum Einsatz kommen. Das Produkt kostet pro Kilo knapp unter zehn Euro – und ist damit deutlich teurer als Hack aus Massentierhaltung – und kostet etwa gleich viel wie Bioware oder Hack vom Handwerksmetzger.
Auf dem Programm stehen Fleischküchle und eine Bolognese. Gemäß Herstellerangaben lässt sich der Fleischersatz genauso wie echtes Hackfleisch verarbeiten. Beim Öffnen der Kunststoffschale steigt ein Geruch in die Nase, der ein wenig an Leberwurst erinnert. Die Struktur ähnelt gewolftem Fleisch – allerdings nur solange man es nicht drückt. Da wird nämlich schnell klar, dass es eher wie Brät beschaffen ist. Der erste Versuch in Form von Frikadellen gelingt dann doch recht gut: Vermengt mit einem Ei, ein wenig eingeweichtem Weckle vom Vortag sowie Zwiebelwürfel und Gewürzen, ergibt sich eine stabile Masse, die sich gut zu einem Fleischküchle formen lässt. Etwa vier Minuten von jeder Seite angebraten in Butterschmalz, wird die Angelegenheit schön knusprig. Das Mundgefühl ist nicht unangenehm, das Aroma allerdings nicht fleischtypisch. Es bleibt ein merkwürdiger Geschmack, der etwas Malziges – und ja – auch etwas Künstliches hat. Allerdings kann man ahnen, dass im Zuge der Entwicklung Produkte auf den Markt kommen werden, die noch näher am Original sind.
Und wie schlägt sich das Sonnenblumenhack in der Bolognese? Darin wirkt es doch recht farblos. Denn ganz im Gegensatz zum echten Fleisch, entwickelt es beim Schmoren keine intensiven Aromen, die für den langen Garprozess in Verbindung
mit Gemüse und Tomaten sonst typisch sind. Außerdem ist die Konsistenz beim Anbraten nicht bröselig wie bei Fleisch, sondern sie hat etwas Schwammiges und fühlt sich im Mund ein bisschen wie Weißwurst an. Optisch ist zu einer echten Bolo allerdings kaum ein Unterschied.
Als Fazit lässt sich vielleicht sagen, dass die vegane Fleischalternative besser abschneidet als gedacht – aber ein Gemisch aus Pflanzeneiweiß, Wasser und Öl sowie Bindemitteln ist noch lange kein Fleisch. Muss es aber auch gar nicht sein. Denn für sich allein betrachtet, sind die beiden Gerichte durchaus genießbare Mahlzeiten. Und als bewusste Diversifizierung der eigenen Ernährung sicher nicht verkehrt. Und sicher allemal dem Hack gerade aus Massentierhaltung vorzuziehen, wenn kein vernünftiges echtes Fleisch zur Hand ist.
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