Wahlkampfgesang
Im Jahr des Herrn 1840 entsprang der Feder eines gewissen Anton Wilhelm von Zuccalmaglio – also möglicherweise ein Mensch mit italienischem Migrationshintergrund – ein Gedichtlein. Später wurde dasselbe vertont, seitdem trällert es landauf, landab: „Kein schöner Land in dieser Zeit“. Das klingt wunderbar nostalgisch, romantisch, beseelt – und passt zu den Grünen wie der berühmte Deckel auf den Topf. Zumindest die Melodie passt. Die Parteistrategen (d/w/m) haben sich deshalb dieser Komposition bemächtigt und diverse Anhänger (w/d/m) als
Sangeskünstler für ihren Wahlkampf engagiert. Zuvor haben sie den Text in genialer Manier umgedichtet. Das Liedlein beginnt nun so: „Ein schöner Land in dieser Zeit. Es regt sich Aufbruch weit und breit“. Sapperlott! Und die Qualität der Reime steigert sich noch: „Anschluss an Straße, Bus und Bahn, und natürlich auch WLAN“. Oder: „Müssen unsre Erde wahr’n, fürs Leben wird es hier zu warm“. Da wird es der Ü-60-Generation, welche das Kunstwerk ansprechen soll, natürlich warm ums Herz.
Wir hegen nur den Verdacht, dass diese Ü-60-Wählerschaft musikalisch eher mit den Rolling Stones sozialisiert wurden und empfehlen als Zielgruppe stattdessen die Ü-100Wähler. Die sollten allerdings durch eine dritte Booster-Impfung geschützt sein, bevor man den grünen Gesang auf sie loslässt.
Ein uns persönlich bekannter Oberstudienrat a. D. empfiehlt auch dem Parteilein FDP ein altes Volkslied als Wahlkampfhilfe, etwa den Song „Eskalappadie“. Die Mühle am rauschenden Bach müsste halt noch umgedichtet werden. (vp)