„Es gibt wieder mehr Hungernde“
Unterschiede
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Sie finden sich nicht zuletzt bei der Bewertung eigener Interessen. Die Union bekennt sich einerseits zum „Gebot der Humanität“, wenn es gilt, Menschen in Armut und Not zu helfen. Dabei konzentrieren sich die beiden christlichen Parteien stark auf die afrikanischen Probleme, unter anderem auf den „Marshallplan mit Afrika“, der klassische Entwicklungshilfe mit eigenständiger unternehmerischer Verantwortung und guter Regierungsführung koppelt. Am vergangenen Freitag erst hatte die Kanzlerin afrikanische Staatsund Regierungschefs zur Besprechung der Initiative „Compact with Africa“direkt oder virtuell ins Kanzleramt eingeladen. Bei dieser Initiative, die fortgeführt wird, geht es vor allem um Wirtschaftsbeziehungen und Direktinvestitionen.
Überhaupt wird bei Union und FDP der Nutzen der Entwicklungszusammenarbeit für Europa und Deutschland betont. Die
SPD feiert das in dieser Legislaturperiode verabschiedete „Lieferkettengesetz“als ihren Erfolg. Wobei Entwicklungsminister Müller ganz wesentlich beteiligt war. Die wirtschaftsnahen Kreise der Union sahen das Gesetz aber mit Zähneknirschen und setzten eine Entschärfung durch. Nun will die SPD nachlegen und „ein Gesetz zur Rückverfolgung auf dem Weltmarkt gehandelter Güter auf europäischer Ebene verankern, mit verbindlichen und sanktionsbewehrten Regeln, Zugang zu Gerichten in Europa und Entschädigung der Opfer“.
Die Grünen wollen außerdem eine Institution, die das Regierungshandeln in Sachen Entwicklungsziele überprüft. Und die Linken rufen dazu auf, „im kommenden Jahr in allen Staaten weltweit die Militärausgaben um 10 Prozent zu senken“. Die Idee dahinter: „Wenn alle Staaten das gleichzeitig tun, bleibt die relative Sicherheit für jedes Land gleich – und es würde auf einen
Schlag 183 Milliarden Dollar freisetzen, um Soziales wie die Bekämpfung von Hunger, Armut und die Folgen der Corona-Krise zu finanzieren.“
Ausgaben
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Das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, ist für viele Nichtregierungsorganisationen (NGO) ein wichtiger Gradmesser. Dieses Jahr hat Deutschland das Ziel zum zweiten Mal erreicht. Allerdings sollen die Mittel für Entwicklung in den kommenden Jahren um ein Viertel gekürzt werden. Die NGO „Global Citizen“sieht bei Union, SPD, Grünen und Linken ein klares Bekenntnis zum 0,7-ProzentZiel. Bei der FDP wird es vermisst. „Dafür“, so die Nichtregierungsorganisation, „gibt die Partei (wie andere auch) ein klares Bekenntnis zur Unterstützung der wirtschaftlich schwächsten Länder ab und will diese bis spätestens 2030 mit 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung unterstützen.
Die besondere Position der AfD
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Die Partei sieht die Entwicklungsarbeit sehr kritisch und fordert einen „grundsätzlichen Strategiewechsel“. Aufgrund der „begrenzten Mittel soll eine auch an deutschen Interessen orientierte Entwicklungspolitik auf ausgewählte Länder konzentriert werden“.
BERLIN - Der
Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro) vereinigt rund 140 Nichtregierungsorganisationen. Geschäftsführerin Heike Spielmans zieht im Gespräch mit André Bochow eine gemischte Bilanz der Entwicklungspolitik.
Frau Spielmans, im Juni hat Deutschland einen Bericht vorgelegt, in dem es um die Umsetzung der Agenda 2030 ging. Venro konstatierte Bemühungen, die aber nicht ausreichen würden.
Es geht um die Gesamtverantwortung deutscher Politik. Bei allen Bemühungen in der Entwicklungszusammenarbeit hat sich in der Handels-, Finanz- und Wirtschaftspolitik zu wenig bewegt. Hinzu kommen Rüstungsexporte und deren Auswirkungen.
Aber Entwicklungspolitik hat hierzulande einen neuen Stellenwert.
Das stimmt. Und es ist auch gelungen, das Thema als Aufgabe für die gesamte Bundesregierung zu verankern. Besonders hervorzuheben ist aus unserer Sicht das Lieferkettengesetz. Bei allem Nachbesserungsbedarf haben wir erstmals ein Gesetz, das die menschenrechtliche und ökologische Verantwortung entlang der Lieferketten festschreibt.
Könnte Corona Erfolge zunichtemachen?
Das passiert bereits. Es gibt wieder mehr Hungernde, mehr extrem Arme und eine zunehmende Ungleichheit in vielen Ländern der Welt. Aber Deutschland hat hier vorbildlich reagiert und ein CoronaSofortprogramm aufgelegt und kurzfristig zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Das machen nicht alle Länder.
Dafür sinkt demnächst der Entwicklungsetat.
Ja, nach kräftigem Aufwuchs auf 12 Milliarden Euro. Aber ab 2023 ist ein drastischer Rückgang vorgesehen. Das muss unbedingt verhindert werden.