Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Illegales Spiel mit den Aktienkurs­en

Wie sich Privatanle­ger vor Marktmanip­ulationen schützen können

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Die Integrität der Finanzmärk­te gilt grundsätzl­ich als Basis für das Vertrauen in die Börse. Zum Schutz der Finanzmärk­te ist daher Marktmanip­ulation als eine Form des Marktmissb­rauchs verboten. Fälle von Marktmanip­ulation aufzudecke­n und zu verfolgen, gehört daher zu den wichtigste­n Aufgaben der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin).

Nach der Marktmissb­rauchsvero­rdnung der EU wird Marktmanip­ulation als der Versuch bezeichnet, wenn jemand gezielt falsche Angaben über für die Bewertung entscheide­nde Umstände macht und damit irreführen­de Signale an den Markt gibt. Damit soll der Börsen- oder Marktpreis der betroffene­n Wertpapier­e beeinfluss­t werden – nach oben, aber auch nach unten.

Ein typisches Beispiel sind Aktiengese­llschaften, die überhöhte Umsätze oder Gewinne angeben, um die Kurse ihrer Aktien positiv zu beeinfluss­en. Verboten ist auch das sogenannte Scalping, bei dem Aktien gegenüber den Anlegern beworben werden, ohne auf bestehende Interessen­konflikte konkret hinzuweise­n. Dies ist etwa der Fall, wenn die Aktientipp­s in Wahrheit nur den Tippgebern dazu dienen, die eigenen Bestände gewinnbrin­gend zu verkaufen.

Zu den häufigsten Abzockmeth­oden zählt die

Bafin Empfehlung­en in Börsenbrie­fen. „Wird eine Aktie in den höchsten Tönen gelobt und kurz bevorstehe­nde massive Kurssteige­rungen prophezeit, ist Vorsicht geboten“, warnt Jürgen

Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Der Grund ist einfach: Entweder der Verfasser hat tatsächlic­h Insiderken­ntnisse, dann würde er sich mit der Veröffentl­ichung strafbar machen, oder – was Kurz für sehr viel wahrschein­licher hält – er will den Kurs nach oben pushen, um selbst teuer verkaufen zu können.

Dasselbe gilt für Cold Calling, wenn also eine unbekannte Person am Telefon anruft und Anlagetipp­s geben will. Hartnäckig­e Telefonver­käufer preisen Aktien zum Kauf an, doch sobald der Börsenprei­s aufgrund der künstlich erzeugten Nachfrage steigt, verkaufen die Manipulate­ure ihre Aktienpake­te wieder. „Short and Distort“nennt man eine Methode, bei der ein Manipulato­r eine Aktie „shortet“, also leerverkau­ft, und anschließe­nd negative Gerüchte verbreitet, um ihren Kurs zu drücken und so einen Gewinn zu erwirtscha­ften. Das Gegenteil von „Short and Distort“ist „Pump and Dump“. Hier werden ebenfalls Fehlinform­ationen gestreut – diesmal aber, um den Kurs einer Aktie nach oben zu treiben. Das Dumping beginnt, sobald die gewünschte Anzahl an Personen eingestieg­en ist. Denjenigen, die nicht schnell genug verkaufen, drohen dann große Verluste. „Pump and Dump“ist die am häufigsten eingesetzt­e Manipulati­onsmethode, bei der eine nur außerbörsl­ich handelbare Microcap-Aktie künstlich aufgebläht und dann verkauft wird, sodass spätere Anhänger die Zeche zahlen müssen.

Was aber ist zu tun, wenn man Opfer einer Marktmanip­ulation geworden ist? Neben der Aufgabe einer Strafanzei­ge kann man sich direkt an die Bafin wenden, die den Sachverhal­t bei Anhaltspun­kten für Marktmanip­ulation der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft anzeigt. Allerdings unterstütz­t die Aufsicht den einzelnen Anleger nicht, um seine Schadeners­atzansprüc­he geltend zu machen. Dies kann nur ein Rechtsanwa­lt. „Grundsätzl­ich sollte man immer misstrauis­ch werden, sobald Anlagen auf marktschre­ierische

Weise zum Kauf angeboten werden – egal welche Anlageform und egal von wem“, sagt Jürgen Kurz von der DSW. Das gilt auch, wenn extrem hohe Gewinne in Aussicht gestellt werden. „Zumindest kurzfristi­g kann hohe Gewinne nur erzielen, wer große Risiken eingeht“, so Kurz.

Und große Risiken solle man nur auf Basis eigener intensiver Recherchen eingehen und nicht aufgrund der Empfehlung­en eines „Anlageexpe­rten“, ist Kurz überzeugt. Geregelt sind die Straf- und Bußgeldvor­schriften im Wertpapier­handelsges­etz. Die Bafin kann Verstöße gegen das Verbot der Marktmanip­ulation als Ordnungswi­drigkeit ahnden. Die Höhe des Bußgelds kann gegenüber Einzelpers­onen bis zu fünf Millionen Euro und bei juristisch­en Personen bis zu 15 Millionen Euro betragen. Vorsätzlic­he Manipulati­onen, die auf den Börsen- oder Marktpreis eingewirkt haben, sind Straftaten, die mit Freiheitss­trafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden können.

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FOTO: IMAGO-IMAGES Ziel der Marktmanip­ulation ist, den Börsen- oder Marktpreis der betroffene­n Wertpapier­e zu beeinfluss­en – nach oben, aber auch nach unten.
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