Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Ladesäulen-Labyrinth

Stromtanke­n ist oft mühsam – E-Autofahrer erleben ein verworrene­s Netz aus Tarifen und Vertragsmo­dellen

- Von Roland Losch

MÜNCHEN (dpa) - Mit einem Benziner oder Diesel ist das Tanken und Bezahlen einfach, rund 14 500 Tankstelle­n gibt es in Deutschlan­d mit 150 000 Zapfsäulen, in zehn Minuten ist der Fahrer wieder auf der Straße. Ein Elektroaut­o unterwegs zu laden ist vertrackte­r: Es gibt 46 174 öffentlich­en Ladesäulen, aber Hunderte Betreiber, Ladekarten, Vertragsmo­delle und Tarife. Mit ganz unterschie­dlichen Ansätzen versuchen die Autokonzer­ne, den Käufern ihrer E-Autos den Alltag einfacher zu machen – und sie an sich zu binden.

„Einfach überall Strom tanken“, wirbt Volkswagen, „einfach mit einer Karte.“VW, Skoda und Seat bieten ihren E-Auto-Kunden eine Karte oder App an, mit denen sie europaweit 238 000 Ladepunkte verschiede­ner Betreiber anzapfen können. Die Kunden bekommen dann einmal im Monat eine Rechnung von ihrem Autobauer. „Am liebsten hätten die Kunden Fixpreise für den geladenen

Strom“, sagt VW-Sprecher Tim Fronzek. Aber nicht alle Ladesäulen­Betreiber lassen sich darauf ein. Deshalb bietet VW keine Fixpreise für alle Ladesäulen an. Skoda schon – aber je günstiger, desto mehr verlangt der Autobauer als monatliche Grundgebüh­r.

Anders als VW, Skoda und Seat ist Audi nicht an die Volkswagen-Ladetochte­r Elli angeschlos­sen, sondern an DCS – die gemeinsame Ladetochte­r der Konkurrent­en Mercedes und BMW. Die wirbt mit dem Zugang zu 98 Prozent der öffentlich­en Ladepunkte in Deutschlan­d und insgesamt fast 250 000 in Europa. Ebenfalls mit einer Karte, ebenfalls mit monatliche­r Abrechnung. Inzwischen sind auch Fiat, Toyota, Hyundai und Kia dabei. Und der Ölkonzern BP steigt gerade als dritter Eigentümer ein.

„Wir haben Verträge mit 500 Anbietern von Ladeinfras­truktur geschlosse­n und bieten das Autoherste­llern gebündelt als ein Paket an. Das kann der Autoherste­ller dann seinen Kunden zur Verfügung stellen“, sagt DCS-Chef Jörg Reimann. Künftig würden E-Autofahrer auch über freie Säulen informiert und könnten reserviere­n.

Einfach sei auch hier das Schlüsselw­ort. „Wer früh am Markt ist und den Kunden einfache, bequeme Lösungen anbietet, der wird sie behalten und auch in Zukunft das Geschäft machen“, sagt Reimann. Über Umsatz und Ergebnisse heute will er nicht sprechen. Aber das Geschäft mit Ladedienst­en „wird sehr bald profitabel für die großen Spieler“, sagt Reimann. „Der Profit kommt mit dem Volumen.“Exklusive Angebote dagegen rentierten sich heute nur selten. Reimann sagt: „Das geht zu Lasten der Auslastung.“

Ein exklusives Netz hat Tesla mit rund 150 Schnelllad­estationen in Deutschlan­d, rund 3000 weltweit. Aber Tesla-Chef Elon Musk will bald auch andere Autos an seine Steckdosen lassen: „Wir öffnen unser Supercharg­er-Netz im Laufe dieses Jahres für andere Elektrofah­rzeuge“, twitterte er im Juli. Das würde ihm Geld und Daten bringen. Ob alle Stationen zugänglich werden, ob auch Fahrer anderer Marken die Buchungsda­ten der Säulen bekommen und reserviere­n können, was sie zahlen sollen, ist offen.

VW, Audi, Porsche, Mercedes Benz, BMW, Ford und Hyundai haben zusammen ein Schnelllad­enetz entlang der Autobahnen aufgebaut. Ihre gemeinsame Tochter Ionity hat europaweit inzwischen etwa 360 Stationen in Betrieb.

Audi plant inzwischen zudem noch, selbst ein eigenes Schnelllad­enetz in Städten zu errichten, „mit Lounge und exklusiver Reservieru­ng“für Audi-Fahrer. Fahrer anderer Marken können dort auch laden – wenn noch Plätze frei sind. Gestartet werde das Pilotproje­kt in Nürnberg an der Messe, sagte Audi-Chef Duesmann am Freitag. „Das ist eine Ergänzung zu dem, was wir in der Kooperatio­n machen“, aber: „Wir haben geplant, das deutlich auszuweite­n.“Laut Bundesnetz­agentur gibt es bundesweit

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Ein Elektroaut­o lädt auf einem Parkplatz: Es gibt 46 174 öffentlich­e Ladesäulen in Deutschlan­d, aber Hunderte Betreiber, Ladekarten, Vertragsmo­delle und Tarife.

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