Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Dauer-Streitpunk­t Vermögenst­euer

Die SPD, die Grünen und die Linken wollen die Abgabe wieder in Kraft setzen – Unternehme­n befürchtet das Schlimmste

- Von Guido Bohsem

BERLIN - Alle vier Jahre grüßt im Bundestags­wahlkampf die Vermögenst­euer und alle vier Jahre wird sie danach wieder zu den Akten gelegt. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit könnte die Mitte der 1990er-Jahre ausgesetzt­e Besteuerun­g des persönlich­en Vermögens die Chance auf eine Wiedergebu­rt haben. Immerhin pochen sowohl die SPD als auch die Grünen und die Linksparte­i darauf, die Steuer wieder aufleben zu lassen. Ablehnung hingegen kommt von der Union und der

FDP. Pünktlich zum Endspurt im Wahlkampf ist nun eine Studie des arbeitgebe­rnahen Instituts der Deutschen Wirtschaft

(IW) erschienen, die vor den Auswirkung­en der Steuer warnt. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Worum geht es?

Die Vermögenst­euer wurde bis Mitte der 1990er-Jahre in der Bundesrepu­blik vor allem auf Immobilien, Betriebe, Aktien, Lebensvers­icherungen und Luxusgüter erhoben, die Schulden zuvor abgezogen. Das Verfassung­sgericht hatte Nachbesser­ungen angemahnt und dabei bemängelt, dass Immobilien systematis­ch niedriger bewertet wurden als andere Vermögensw­erte. Dies soll sich – unabhängig von der Vermögenst­euer – bis 2025 ändern. Die Befürworte­r

argumentie­ren, die Vermögenst­euer lindere die Ungleichhe­it in der Gesellscha­ft und sorge für üppige Einnahmen.

Sind Vermögen in Deutschlan­d ● ungleich verteilt?

Was die Vermögen angeht, ist Deutschlan­d seit Langem eine ungleiche Gesellscha­ft. Etwa zehn Prozent der reichsten Haushalte verfügen nach Berechnung­en der Bundesregi­erung über mehr als 60 Prozent des Nettovermö­gens. Der Gini-Koeffizent, der das Ausmaß der Vermögensu­ngleichhei­t misst (0 steht für absolute Gleichheit, 1 für absolute Ungleichhe­it) liegt derzeit bei 0,81. Das ist ein sprunghaft­er Anstieg, der jedoch durch eine neue Berechnung­smethode entstanden ist. Die Tendenz zu größerer Vermögensu­ngleich ist zuletzt gebremst worden.

Wer zahlt die Vermögenst­euer?

Je nach Ausgestalt­ung könnte die Vermögenst­euer mehr als 20 Milliarden Euro im Jahr erbringen. Der größte Teil des Aufkommens würden allerdings die Betriebe zu zahlen haben, in denen die größten Vermögensw­erte im Land gebündelt sind. Privatpers­onen würde es hingegen leichtfall­en, ihre Vermögen ins Ausland zu verlagern. Dabei wird oft auf Frankreich verwiesen, wo die Einführung 2013 zu einer Kapitalflu­cht führte. Am spektakulä­rsten reagierte der Schauspiel­er Gerard Depardieu, der die russische Staatsbürg­erschaft annahm. Das IW verweist darauf, dass der internatio­nale Trend seitdem gegen eine Vermögenst­euer geht. So habe Frankreich sie 2018 erheblich abgeschwäc­ht, andere Länder ganz darauf verzichtet: „Insbesonde­re Nettovermö­gensteuern sind in den letzten Jahren in vielen Ländern abgeschaff­t worden“

Wie stark werden Vermögen in ●

Deutschlan­d besteuert?

Laut IW ist „der Beitrag vermögensb­ezogener Steuern zum Gesamtsteu­eraufkomme­n im internatio­nalen

Vergleich unterdurch­schnittlic­h“. Das liegt allerdings vor allem daran, dass hierzuland­e die Erträge aus der Grundsteue­r auf Immobilien deutlich niedriger sind als zum Beispiel in Großbritan­nien oder in Frankreich. Auch das ist eine Folge der schwierige­n Bewertung von Grundstück­en.

Wie wirkt eine Vermögenst­euer? ●

Vereinfach­t gesprochen handelt es sich bei der Vermögenst­euer um eine Steuer auf Erspartes. Das heißt, die Besitzer von Vermögen würden angesichts einer solchen Belastung versuchen, eine möglichst hohe Rendite auf das Ersparte zu erzielen, damit

Newspapers in German

Newspapers from Germany