„Es muss nicht alles geregelt werden“
FDP-Politiker Alexander Kulitz kämpft im Wahlkreis ums Direktmandat
ULM - Alexander Kulitz (40) geht für die FDP auf Stimmenfang bei der Bundestagswahl am 26. September. Johannes Rauneker hat mit ihm über dessen politische Ziele und Werte gesprochen.
Sollten Sie in den Bundestag gelangen: Welches Projekt muss als allererstes umgesetzt werden Bürokratieentlastung auf allen Ebenen! Wenn wir in Deutschland die Prosperität und den Wohlstand für zukünftige Generationen erhalten wollen, dann müssen wir wieder lernen, pragmatische Lösungen zu finden und uns nicht durch unnötige und überflüssige Bürokratie behindern.
Was ist die größte Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahrhundert?
Die Radikalisierung von Gesellschaftsgruppen und die Neo-Autokratismen, die zusammen mit Protektionismus und Nationalismus weltweit um sich greifen. Die großen globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemiebekämpfung oder auch Migration können wir nur gemeinsam lösen.
Herr Kulitz, welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert? Für mich waren die letzten vier Jahre im Bundestag eine wahnsinnige Lebenserfahrung. Das Drama in Afghanistan, unter anderem wegen der fehlenden Exit-Strategie der Bundesregierung, hat mich genauso mitgenommen wie der irrationale Umgang mit den Grund- und Bürgerrechten in der Corona-Pandemie. Ansonsten hat mich meine Familie geprägt, die Waldorfschule, meine Klassenkameraden. Oder auch die Pfadfinder, bei denen ich war.
Welche neuen Eigenschaften haben Sie während der Pandemie bei sich entdeckt?
Tatsächlich vielleicht ein gewisser Pessimismus, den ich bis dahin nicht kannte. Ich habe eine Enttäuschung erlebt im politischen Umgang mit unseren Bürgerrechten. Die gefühlte Hilflosigkeit ist frustrierend. Für mich war eigentlich immer klar: Unsere Gesellschaft steht fest auf dem Grundgesetz. Dann kam ein Virus, gefährlich und tödlich. Aber dass dies imstande ist, die Grundwerte unserer Gesellschaft so auszuhebeln, das hätte ich nicht für möglich gehalten.
Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?
2010 haben wir mit der Familie eine Weltreise unternommen. Ich bin niemand, der auf Marken aus wäre. Das ist gar nicht mein Ding, da bin ich halt Schwabe, seh’ das Preisetikett und frage mich: Muss das sein?
Was war Ihr Antrieb, in die Politik zu gehen?
Das Erleben, wie der Mittelstand von der Bürokratie drangsaliert wird. Als Chef der Wirtschaftsjunioren Deutschlands mit über 10 000 Mitgliedern hatte ich dazu viele Berührungspunkte. Dann kam Michael Theurer (Vorsitzender der FDP Baden-Württemberg, Anm. der Red.) auf mich zu und fragte, ob ich mich für die FDP engagieren möchte.
In welchen Punkten liegen Sie mit
Ihrer Partei über Kreuz?
Es gibt immer wieder Punkte, in denen ich nicht so abgestimmt habe, wie die Mehrheit meiner Partei. Zum Beispiel bei der Masernimpfung. Es gibt viele Gründe, warum sich Menschen gegen Impfungen entscheiden. Wenn der Staat jetzt sagt: „Es sollen alle geimpft werden, um die Masern auszurotten“, dann ist dies eine wünschenswerte und auch wahrscheinliche, wissenschaftliche These – aber keine ausreichend gesicherte Begründung, um Menschen entgegen ihrem Willen zu einer Impfung zu zwingen.
Wie sähe Ihre Wunschkoalition nach dem 26. September aus? Idealerweise eine bürgerliche Koalition, geführt von der FDP. Realpolitisch sehe ich uns derzeit aber eher in einer Jamaika-Koalition (schwarz-grüngelb) und weniger in einer Ampel-Koalition (rot-gelb-grün).
Was tun Sie persönlich ganz konkret, um Ihren ökologischen Fußabdruck klein zu halten?
Eigentlich gar nicht so viel. Ich bin da eher ein Mitschwimmer – bei den vielen Dingen, die ökologisch sinnvoll sind. Aber konkret nutze ich das Auto zum Beispiel nur noch hier in der Region, fahre deutlich mehr Bahn als früher.
Welche Eigenschaft von Angela Merkel hätten Sie gerne?
Ich bewundere ihr unglaublich dickes Fell. Es beeindruckt mich, wie sie es schafft, die Sachen nicht an sich ran zu lassen.
Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlicher gebaut haben?
Da gab’s ne ganze Menge. Meine Eltern waren, als ich noch Schüler war, beruflich viel unterwegs. Und ich habe in der Zeit unser Haus für Partys missbraucht, die teils Wochen gingen.
Was haben Sie zuletzt bei Amazon bestellt?
Ein USB-Kabel.
Wann haben Sie sich zuletzt für eine/n Politiker/in aus Ihrer Partei geschämt und warum?
Was halten Sie vom Gendern?
Gar nix. Wenn ich sage, ich geh „zum Bäcker“, dann meine ich das nicht diskriminierend. Unsere Sprache ist so vielfältig und es macht einen Unterschied, ob ich von „Studenten“spreche oder von „Studierenden“. Bei Studenten ist klar, wer gemeint ist; bei Studierenden schon nicht mehr. Unsere Sprache lebt auch von Nuancen. Durchs Gendern geht Vielfalt verloren.
In einem Video stellt sich Alexander Kulitz zehn ungewöhnlichen Fragen: