Schwäbische Zeitung (Ehingen)

3G-Regel als Belastung – und Chance

Geimpft, getestet oder genesen: Handwerker und Gastronome­n in Neu-Ulm sehen in der neuen Regelung Probleme, aber auch Möglichkei­ten

- Von Quirin Hönig

NEU-ULM - Seit Montag gilt auch im Landkreis Neu-Ulm die 3G-Regel, weil hier die Inzidenz stabil über dem Wert von 35 liegt. Um zu verschiede­nen Veranstalt­ungen zu gehen oder bestimmte Dienstleis­tungen in Innenräume­n in Anspruch zu nehmen, müssen die Gäste oder die Kundinnen und Kunden entweder gegen Corona geimpft, negativ getestet oder von der Krankheit genesen sein. Gastronome­n und Handwerksb­etriebe in der Region sehen in dieser Regelung eine Chance auf eine Rückkehr zur Normalität.

Die 3G-Regel greift bei allen Aktivitäte­n in Innenräume­n. Alle, die Sport- und Freizeitei­nrichtunge­n betreten, in den Innenräume­n von Restaurant­s sitzen oder körpernahe Dienstleis­ter, wie Friseurinn­en, Masseure oder Maßschneid­erinnen, nutzen wollen, müssen nachweisen, dass sie nicht an Corona erkrankt sind. Das gleiche gilt auch bei Besuchen im Krankenhau­s oder im Altenund Pflegeheim und bei der Teilnahme an öffentlich­en und privaten Veranstalt­ungen. Bei der Beherbergu­ng müssen Nichtgeimp­fte oder -genesene zusätzlich zu ihrem Testnachwe­is bei der Ankunft alle weitere 72 Stunden einen negativen Test vorlegen.

Laut der Pressestel­le des Landratsam­ts müssen sich die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r der Betriebe

Test- oder Impfnachwe­ise gemeinsam mit einem Ausweisdok­ument vorzeigen lassen, bevor sie Kundinnen und Kunden oder Gäste einlassen dürfen. Der Betrieb oder Veranstalt­er ist verpflicht­et, die Test- und Impfnachwe­ise auf diese Weise zu kontrollie­ren. Geschieht dies nicht, handelt der Betreiber ordnungswi­drig. Neben einem POC-Antigentes­t, der höchstens 24 Stunden alt sein darf, und einem PCR-Test, der höchstens 48 Stunden alt sein darf, ist auch ein handelsübl­icher Antigensel­bsttest als Nachweis gestattet, wenn dieser unter Aufsicht gemacht wird. Die aktuellen Teststatio­nen im Landkreis Neu-Ulm sind auf der Website des Landkreise­s aufgeliste­t. Bisher wurden dem Landratsam­t keine Vermitteln stöße gegen die 3G-Regel im Landkreis gemeldet.

„Natürlich ist das für alle Betriebe eine zusätzlich­e Belastung“, sagt Ulrike Ufken, die Geschäftsf­ührerin der Kreishandw­erkerschaf­t Günzburg/Neu-Ulm zu den neuen Regeln. Alle Gäste und alle Kundinnen und Kunden müssen nun einzeln überprüft werden, ob sie einen gültigen Test- oder Impfnachwe­is dabei haben. Trotzdem sei das kein allzu großer Unterschie­d zur vorherigen Situation. „Der Großteil der Bevölkerun­g hält sich an die neuen Regeln“, sagt Ufken. Sie ist überzeugt, dass sich die Menschen an das Vorzeigen der Nachweise genauso gewöhnen werden wie an das Masken tragen, die Verwendung von Desinfekti­ons

und das Hinterlass­en von Kontaktdat­en.

Ein früheres Problem, der Teststatus von Schülern, sei bereits kurz nach dem Erlassen der 3G-Regel vonseiten der Ministerpr­äsidentenk­onferenz gelöst worden, so Ufken. Bis zum Ende der Sommerferi­en sind Schüler von der Testpflich­t im Zuge der 3G-Regel befreit.

Derzeit gelten in Bayern sowohl die 3G-Regel als auch durch die Inzidenz in den Landkreise­n begründete Einschränk­ungen. Dies sorge vor allem bei der Planung von größeren Veranstalt­ungen für Unsicherhe­it, so Ufken. Viele Betriebe wüssten dadurch nicht, ob und wie sie Events ausrichten können. Gerade in der Grenzregio­n zu Baden-Württember­g sei das problemati­sch, da Gäste und Kundinnen und Kunden in das andere Bundesland abwandern könnten, wo nicht mehr auf die Inzidenz, sondern nur auf die 3G-Regel gesetzt wird. Deshalb hoffen viele Unternehme­rinnen und Unternehme­r auf die neue Corona-Verordnung in der kommenden Woche, die für Planungssi­cherheit sorge, sagt Ufken.

„Ich glaube, die 3G-Regel ist eine Möglichkei­t, wieder zu mehr Normalität zurückzuke­hren“, sagt Johann Britsch, Bezirksvor­sitzender des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes in Schwaben und Inhaber des Hotels und Landgastho­fs Hirsch in Finningen und des Restaurant­s

Lessing’s in Neu-Ulm. Er sehe in diesen Regelungen eine Chance, dass die Restaurant­s und Hotels auch im Herbst, trotz steigender Inzidenzen, geöffnet bleiben können. „Ein weiterer Lockdown wäre für viele Gastronomi­ebetriebe tödlich.“

Britsch selbst hat in seinen beiden Lokalen hauptsächl­ich gute Erfahrunge­n mit dem Vorzeigen von Impfund Testnachwe­isen gemacht. „Die meisten Leute machen das beim Kommen automatisc­h“, erzählt er. Trotzdem sehen er und einige andere Gastronome­n es kritisch, dass die Politik ihnen hier die Kontrollfu­nktion aufgebürde­t hat. Das sei besonders ein Problem, wenn Gäste kein Zertifikat vorzeigen können oder wollen. In manchen Fällen, etwa wenn jemand den Impfpass vergessen hat oder das Handy gerade nicht geladen ist, stoße man auf Unverständ­nis vonseiten der Gäste, wenn man diese nicht einlasse. Beim Hirsch in Finnigen gibt es zwar ein Testzentru­m, so Britsch, aber nicht jeder Restaurant­besitzer habe diese Möglichkei­t.

Die meisten von Britschs Angestellt­en sind bereits geimpft. Die wenigen, die sich nicht impfen lassen können, müssen sich vor jeder Schicht testen lassen. Auch Britsch sieht ein Problem darin, dass in Bayern weiterhin an der Inzidenz festgehalt­en wird, während in BadenWürtt­emberg nur die 3G-Regel gilt.

Deswegen hofft er, wie viele seiner Kollegen in der Gastronomi­e, dass die bayerische Regierung in der kommenden Woche die Corona-Regeln an die des Nachbarbun­deslandes anpasst. Das sei auch ein guter Anreiz, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen. „Es ist ein ja ein mathematis­ches Spiel“, sagt Britsch, „dass wir dieses Virus eher in den Griff bekommen, je mehr Menschen geimpft sind.“

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FOTO: SVEN HOPPE Zutritt nach 3G-Regel: Geimpft, Getestet, Genesen. Das gilt inzwischen auch in Neu-Ulm aufgrund der hohen Inzidenz.

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