Spatzen bewahren kühlen Kopf
Nach 27 Jahren gelingt den Ulmer Fußballern mal wieder ein Sieg bei den Kickers Offenbach
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ULM - Sie hatten an diesem Nachmittag einen historischen Sieg eingefahren. 27 Jahre lang war es den Ulmer Fußballern zuvor nicht mehr gelungen, bei den Kickers Offenbach auf dem traditionsreichen Bieberer Berg zu gewinnen. Der letzte Erfolg war ein 1:0 am 20. September 1994, damals noch in der Regionalliga Süd. Jetzt baute der SSV Ulm 1846 seine Serie in der Regionalliga Südwest aus und setzte sich bei den Hessen mit 2:1 durch. Die Stimmung auf der Heimfahrt an die Donau war entsprechend riesig. Kraft, ausgelassen zu feiern, hatten aber nur noch die wenigsten Spieler. „Alle waren nach diesem sehr intensiven Spiel platt und einfach froh über die drei Punkte“, sagte Trainer Thomas Wörle.
Er hatte seine Anfangsformation auf zwei Positionen verändert: Für Michael Heilig und Nicolas Jann standen Thomas Geyer und Jannik Rochelt beim Anpfiff auf dem Platz. Vor 5000 Zuschauern entwickelte sich ein umkämpftes, ein stellenweise sehr hitziges Spiel. „Die Stimmung war enorm. Alle waren gegen uns. Aber die Jungs haben kühlen Kopf bewahrt und wieder einen Rückstand wettgemacht“, sagt Wörle. Er sei enorm stolz auf seine Mannschaft. Und dazu hat er auch allen Grund. Die Spatzen machten Druck und hatten etliche gute Möglichkeiten. Allein Robin Heußer vergab bis zur Pause drei solcher Hochkaräter (11., 32., 35.). Auch Adrian Beck (43.) und Jannik Rochelt (45.) scheiterten nur knapp.
Effektiver war in der ersten Halbzeit wieder einmal der Gegner. Tunay Deniz brachte Offenbach in der
30. Minute in Führung. Mit der ersten richtig guten Chance der Gastgeber. Auf der linken Abwehrseite ließen die Ulmer Ronny Marocs zu viel Platz, der flankte nach innen und Deniz hielt den Kopf hin.
Fulminant kam der SSV nach der Pause zurück aus der Kabine, ließ
Ball und Gegner laufen. „Aber uns fehlte in der einen oder anderen Situation einfach die Abgeklärtheit vor dem gegnerischen Tor“, sagt Wörle. So dauerte es bis zur 71. Minute, ehe Tobias Rühle nach Vorarbeit von Nicolas Jann den Ausgleich erzielte. Nur fünf Minuten später schloss Adrian Beck einen Konter zur 2:1Führung ab. Sein Schuss war noch abgefälscht. In der Schlussphase waren die Ulmer physisch und psychisch gefordert. Denn das Stadion war längst zum Hexenkessel geworden. Gästefans waren wegen der Corona-Auflagen der Stadt Offenbach nicht zugelassen. „Die Mentalität dieser Mannschaft ist einfach der Wahnsinn“, freute sich der Cheftrainer. Selbst in der fast fünfminütigen Nachspielzeit behielten die Spatzen Ruhe und Überblick. Vor allem bei Standardsituationen wurde es nach der 90. Minute noch einmal brenzlig. „Ich war wirklich sehr froh, als das Spiel aus war“, meinte Wörle lächelnd.
Nach vier Spielen ist sein Team weiter ungeschlagen. Wörle fasst die ersten Wochen zusammen: „Generell bin ich sehr zufrieden. Es waren durch die Bank schwere Spiele, wir mussten immer an unsere Grenzen gehen. Aber wir haben nicht das Maximale rausgeholt. Da wäre vor allem bei den beiden Unentschieden mehr drin gewesen.“
Am Mittwoch geht’s im Achtelfinale des Verbandspokals zum TV Darmsheim. Am kommenden Wochenende hat der SSV Ulm 1846 spielfrei. Wörle: „Einerseits schade, weil wir gerade gut drauf sind. Andererseits waren die vergangenen Wochen sehr anstrengend. Jetzt ist Zeit, zu regenerieren und Kräfte zu sammeln.“
Ulm: Heimann – Geyer, Reichert, Stoll – Beck (86. Heilig), Guarino, Heußer, Maier, Rochelt (64. Jann) – Rühle (79. Fink), Wähling (79. Harres).