Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wie ein Champion

Valentin Baus dreht Finale dank starker Nerven

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TOKIO (SID) - Wie viele Knochenbrü­che er in seinem Leben schon gehabt hat, weiß Valentin Baus nicht. „Bestimmt 20“, sagte er einmal: „Oder mehr. Ich hatte schon alles gebrochen. Die Arme, das Schlüsselb­ein und besonders oft die Oberschenk­el.“Der 25-Jährige hat erblich bedingt Osteogenes­is imperfecta, die sogenannte Glasknoche­nkrankheit. Seit 2008 sitzt Valentin Baus deshalb im Rollstuhl.

Valentin Baus muss ständig aufpassen, auch wenn er „nicht so der vorsichtig­e Mensch“sei. „Bei Stürzen passiert schnell was.“Dennoch: „Zu Hause sitzen und nichts machen – das bin ich nicht“, erzählte er schon vor Jahren. „Ich habe als Jugendlich­er sogar mit Glasknoche­n Fußball gespielt.“Doch seine Leidenscha­ft gehört dem Tischtenni­s.

Im Alter von sieben Jahren fängt alles bei einem Familienur­laub an der ostfriesis­chen Küste an – der Höhepunkt folgte nun bei den Paralympic­s in Tokio. Der Athlet von Borussia

Düsseldorf holte sich in Startklass­e 5 durch ein 3:2 gegen den Chinesen Cao Ningning die erste Para-Goldmedail­le seiner Karriere. 2016 in Rio hatte Baus gegen denselben Gegner noch das Finale verloren.

„Wir haben so lang dafür gearbeitet. Es ist ein unbeschrei­bliches Gefühl. Das bedeutet mir unheimlich viel. Ich bin am Ziel angekommen“, sagte Valentin Baus nach der gelungenen Revanche „überglückl­ich“und mit feuchten Augen. Dabei hatte er beim 1:2 schon einen Matchball abgewehrt, drehte dann aber auf – und hat nun alle großen Titel gewonnen: 2014 wurde er Weltmeiste­r, 2019 EMChampion, nun der Triumph bei den Paralympic­s. Das Training mit seinem berühmten Vereinskol­legen Timo Boll zahlte sich für Valentin Baus offenbar aus. „Herzlichen Glückwunsc­h Champ“, schrieb auch Dimitrij Ovtcharov bei Instagram.

Sein Sportler, Wirtschaft­singenieur-Student an der Hochschule Bochum, sei „mental unheimlich stark“, lobte Bundestrai­ner Volker Ziegler. Baus habe im Finale „wie ein Champion gespielt“. Ein Champion, der es trotz seines Riesenerfo­lgs, ruhig angehen lassen wollte. Früher sei Valentin Baus, berichtete Ziegler, „ein Feierbiest“gewesen, „aber seine Entwicklun­g ist phänomenal“. Er denke, konterte der Paralympic­s-Sieger mit einem Schmunzeln, „dass wir noch gemütlich zusammensi­tzen werden – und ein Wasser trinken.“

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FOTO: AXEL KOHRING/IMAGO IMAGES Gold auch für Tischtenni­sspieler Valentin Baus.

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