Neue Signale im Bahnstreit
Konzern kommt der Gewerkschaft der Lokführer in der Tarifauseinandersetzung entgegen
BERLIN
● auch für die EVG übernommen. Das gilt auch für die nun vorgeschlagene Corona-Prämie. Für den finanziell schwer angeschlagenen Bahn-Konzern ein teures Unterfangen.
Unterdessen hielt die Ungewissheit der Bahnkunden mit Blick auf den Streik im Personenverkehr am Abend an. Sollte die GDL an ihren Plänen festhalten, wäre es innerhalb von wenigen Wochen die dritte und bislang längste Streikrunde im aktuellen Tarifstreit. Insgesamt mehr als fünf Tage sollte der Streik diesmal dauern. Erst ab Dienstagmorgen könnte der Bahnverkehr wieder weitgehend normal laufen.
Doch auch für Logistikunternehmen und die Wirtschaft hat der Arbeitskampf Auswirkungen. „Auch bei Unternehmen, die vorgesorgt haben, sind irgendwann die Lager leer“, sagte ein Logistikexperte des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik am Mittwoch. „Es kann dadurch schon zu ersten Ausfällen kommen.“Das gelte auch für Unternehmen im benachbarten Ausland, denn der Streik durchtrenne europäische Lieferketten.
Zwar hält die Deutsche Bahn nur noch rund 43 Prozent am Güterverkehr auf der Schiene, das übrige Geschäft übernehmen Konkurrenten. Doch die Bahn dominiert den Einzelwagenverkehr, auf den etwa die Chemie-Industrie in vielen Fällen angewiesen ist. Dabei werden Einzelwaggons in großen Rangierbahnhöfen zu langen Zügen zusammengestellt.
Im Hintergrund des Tarifkonflikts schwelen nicht nur finanzielle Fragen: Es geht auch um den Machtkampf zwischen EVG und GDL, der durch das sogenannte Tarifeinheitsgesetz komplizierter wird. Das Gesetz sieht vor, dass nur noch die Tarifverträge der größeren Gewerkschaft in einem Betrieb angewendet werden. Aus Sicht der Bahn ist das in den meisten der rund 300 TochterBetriebe die EVG.
Die GDL sieht das anders und versucht derzeit, ihren Einflussbereich auszuweiten. „Man muss deutlich machen, dass man besser ist als die andere Gewerkschaft, dass man die echte Gewerkschaft ist und dass man auf diesem Wege in der Lage ist, die zukünftige Mehrheitsposition einzunehmen“, erklärt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel das aktuelle Vorgehen der GDL. Dies funktioniere vor allem über Konflikte und entsprechende Forderungen.
Dass eine der beiden Seiten in naher Zukunft von ihrer jeweiligen Position abrücken könnte, ist derzeit nicht absehbar. Eine Schlichtung, wie sie bereits im vergangenen Herbst unter der Leitung des früheren Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) versucht wurde, lehnt die GDL derzeit ab. Am Mittwoch äußerte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hoffnung, dass in diesem Konflikt „zügig eine für alle Seiten tragfähige Lösung“gefunden werde.