„Kann mir Jamaika-Koalition gut vorstellen“
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer möchte wieder in den Bundestag
Mit 42,7 Prozent der Stimmen hat die 32-jährige CDU-Politikerin Ronja Kemmer bei der vergangenen Bundestagswahl das Direktmandant für den Wahlkreis 291 Ulm geholt. Im Interview mit SZ-Redaktionsleiter Tobias Götz spricht Kemmer über Jugendsünden, ihren Antrieb und Angela Merkel.
SZ: Frau Kemmer, sollten Sie in den Bundestag gelangen: Welches Projekt muss als allererstes umgesetzt werden?
Als junge Mutter, die mit ihrer Familie mitten im Leben steht, sind mir viele große und kleine Probleme des Alltags aus eigener Anschauung bestens bekannt und ich bringe sie aktiv in die Politik ein. Dazu gehört eine bessere Vereinbarkeit von Familie & Beruf, ein besseres Sicherheitsgefühl für alle sowie weitere Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur. Seit 2017 flossen fast 300 Millionen zusätzliche Fördermittel nach Ulm und in den Alb-Donau-Kreis, um gleichwertige Verhältnisse in Stadt und Land zu schaffen, das muss so weitergehen.
Was ist die größte Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahrhundert?
Wer hätte gedacht, dass eine weltweite Pandemie unser gewohntes Leben so schlagartig verändert? Wir brauchen abgestimmte Strategien für Naturkatastrophen und zur Erreichung der Klimaziele, müssen gleichzeitig die Wirtschaft transformieren, um nachhaltiger zu werden. Die Digitalisierung sollte dazu beitragen, die ungleiche Verteilung auf der Welt gerechter zu gestalten.
Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?
Ganz klar die Geburt meiner Tochter Pauline. Natürlich gab es auch Dinge, Menschen und Situationen in meiner Jugend, die mich geprägt haben. Aber die Geburt meiner Tochter am 4. Dezember 2020 war das prägendste für mich.
Welche neuen Eigenschaften haben Sie während der Corona-Pandemie bei sich entdeckt?
Ich habe nicht unbedingt neue Eigenschaften an mir entdeckt. Mir ist aber bewusst geworden, dass es in der Gesellschaft Dinge gibt, die wir bisher als zu selbstverständlich wahrgenommen haben. Essen gehen, Familie und Freunde besuchen. Unser Wertesystem hat uns während der Pandemie also gezeigt, dass manche Dinge, die wir bisher als Probleme erachtet haben, doch nicht so problematisch sind.
Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?
Luxus ist für mich in erster Linie lecker Essen gehen mit der Familie oder zuhause im Kreise der Familie Kochen. Zeit miteinander zu verbringen. Materiell gesehen ist es aber mein erstes eigenes Auto gewesen, ein Audi A1.
Was war Ihr Antrieb in die Politik zu gehen?
Meine Hauptmotivation ist es, jeden Tag das Leben der Menschen ein bisschen besser zu machen. Ich hoffe, dass das übrigens alle Politiker so sehen. Als ich mit 19 Jahren in die CDU eingetreten bin, hat mich die Bildungspolitik stark beschäftigt. Mir war das klare Bekenntnis zum mehrgliedrigen Schulsystem wichtig.
In welchen Punkten liegen Sie mit Ihrer Partei über Kreuz?
Das Besondere an der CDU ist es, dass wir eine Volkspartei sind, in der es auch zu vielen Themen durchaus unterschiedliche Meinungen gibt. Was mich gestört hat, war beispielsweise die Umsetzung der PKWMaut.
Ich hätte eine Vignette oder Pickerl als die richtige Variante erachtet.
Wie sähe Ihre Wunschkoalition nach dem 26. September aus?
In erster Linie müssen wir als CDU für unsere Sache einstehen und kämpfen. Ich habe aber auch schon vor vier Jahren gesagt, dass ich mir eine Jamaika-Koalition gut vorstellen könnte.
Was tun Sie persönlich ganz konkret, um Ihren ökologischen Fußabdruck klein zu halten?
Ich versuche, viel regional einzukaufen, beispielsweise auf dem Erbacher oder Ulmer Wochenmarkt. Ich versuche auch oft, mit der Bahn nach Berlin zu fahren und mache die Strecken vor der Haustüre mit dem Rad. Ich möchte einfach bewusst leben.
Welche Eigenschaft von Angela Merkel hätten Sie gerne?
Diese unglaublich ruhige Hand in den stets turbulenten Zeiten. Das hat die Kanzlerin 16 Jahre lang sehr oft gezeigt.
Was war der größte Mist, den Sie als Jugendliche gebaut haben? Blonde Blocksträhnen.
Was haben Sie zuletzt bei Amazon bestellt?
Ich vermeide es, bei Amazon einzukaufen.
Wann haben Sie sich zuletzt für eine/n Politiker/in aus Ihrer Partei geschämt und warum?
Naja, die Maskenaffäre hat mich extrem aufgeregt. Es ist auch absolut richtig, dass die Beteiligten rausgeschmissen wurden.
Was halten Sie vom Gendern?
Ich persönlich bin der Meinung, dass an unseren Schulen die geltende deutsche Rechtschreibung gelehrt werden soll. Wer für sich privat gendern möchte, kann das sehr gerne tun.