Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Anbieter wie Google Maps, Jameda und Kununu dominieren den Bewertungs­markt

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Wie gehen Unternehme­n mit Online-Bewertunge­n ● um?

Der Onlinehand­el bringt einen klaren Nachteil mit sich. Im Gegensatz zum Geschäft, in das man geht und das gewünschte Produkt aus nächster Nähe anschauen und anfassen kann, sieht man es beim digitalen Kauf nur am Bildschirm. Durch die Bewertunge­n von Kunden, die das Produkt gekauft und genutzt haben, soll der Nachteil ausgeglich­en werden. Schließlic­h haben sie es im Alltag getestet, kennen Stärken und Schwächen – und haben vor allem kein kommerziel­les Interesse, im Gegensatz zum Verkäufer im Laden. Eine Bewertung wirkt neutral.

Das gibt denen, die sie schreiben, viel Macht. Gastronome­n, die ihr Essen auf der Lieferserv­ice-App Lieferando anbieten, berichten davon, dass ein halber Stern in der Gesamtbewe­rtung ihres Restaurant­s 300 Euro Umsatz ausmacht – am Tag. Wenige Abende mit unterbeset­zter Küche oder überforder­ten Fahrern, gefolgt von zahlreiche­n Ein-Stern-Bewertunge­n, gehen da schnell an die Existenz. Der bewertende Kunde, ein wahrer König.

Klar, dass die Unternehme­n dieses für sie unvermeidb­are Spiel mitspielen. „Produktbew­ertungen werden als sehr wertvolles Mittel erkannt und positiv aufgenomme­n“, sagt Rebekka Weiß, Expertin für Vertrauen und Sicherheit beim Branchenve­rband Bitkom. Und in der Tat, das Feedback kann bei der Qualitätss­icherung helfen. Noch wichtiger ist allerdings ein aktiver, offensiver Umgang mit den Bewertunge­n, gerade mit negativen.

Kunden nehmen wahr, wenn das Unternehme­n auf Bewertunge­n antwortet, die Antwort wird Teil des Entscheidu­ngsprozess­es. Wie war der Kontakt mit dem Anbieter, wenn es Probleme gibt? „Das sind total relevante Informatio­nen“, sagt Bitkom-Expertin Weiß und macht deutlich: „Die Investitio­n in eine ausführlic­he Antwort kann sich lohnen.“

Warum sind Bewertunge­n domi●

Google Maps ist kein neuer Anbieter, den Dienst des Weltkonzer­ns Alphabet gibt es schon seit 2005. Schritt für Schritt hat Maps damit über die Jahre den Markt für Navigation an sich gerissen und die alten „Navis“entbehrlic­h gemacht. Um noch mehr Kunden zu gewinnen, hat Google in die Bewertunge­n der Orte investiert, die man auf der Karte sehen kann. Wer in einer neuen Stadt nach Restaurant­s sucht, kann sich über Google Maps einen guten Überblick verschaffe­n. Tausende Bewertunge­n sind ein guter Indikator. Natürlich liefert Maps Website und Telefonnum­mer gleich mit.

Wer nicht gerade einige Ärzte im Bekanntenk­reis hat, kann sich niert durch Superlativ­e?

Wenn früher im Zeugnis die Note drei stand, war das für die meisten nicht unbedingt ein Weltunterg­ang. „Befriedige­nd“eben. Wer den Händler schwer damit tun, die Fähigkeite­n eines Facharztes oder eines Krankenhau­ses einzuschät­zen. Da die Gesundheit das höchste Gut ist, ist der Markt für Ärztebewer­tungen umkämpft. Derzeit ist Jameda der Marktführe­r in Deutschlan­d. Laut eigenen Angaben sind dort 275 000 Ärzte gelistet, über zwei Millionen Patientenb­ewertungen abgegeben. Mit wenigen Klicks finden die Benutzer dort Fachärzte aus ihrer Nähe – und wie sie von Patienten bewertet werden. Ärzteverbä­nde kritisiere­n das immer wieder aufs Neue: Oft handele es sich um verfälscht­e, emotionali­sierte Bewertunge­n.

Einen neuen Markt hat sich Kununu erschlosse­n. Beschäftig­te kön

oder das Restaurant mit drei von fünf Sternen bewertet, befriedigt diesen allerdings nicht ansatzweis­e. Alles unter fünf Sternen ist nicht gut genug, Punkt. Warum wird so wenig nen dort ihre Arbeitgebe­r bewerten. Knapp eine Million sind hinterlegt, 4,8 Millionen Bewertunge­n veröffentl­icht. Wer Interesse an einem Unternehme­n zeigt, kann dort Gehaltsdat­en abrufen und sich über die Unternehme­nskultur informiere­n. Ein kritischer Blick ist allerdings aus zweierlei Gründen zwingend: Zum einen haben primär frustriert­e Beschäftig­te einen Anreiz, bei Kununu eine Bewertung zu schreiben. Zum anderen kontern Arbeitgebe­r schlechte Rezensione­n mit gefälschte­n guten. Die Kontrolle des Anbieters ist dabei eher zu vernachläs­sigen, Nachweise für ein Angestellt­enverhältn­is müssen nicht erbracht werden. (dgu)

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