Ausstellung begeistert in Oberdischingen
Museumsverein bietet viele historische Informationen und einen Genuss für die Augen
Matthias Krack erinnerte daran, dass Pfarrer und Kirchengemeinderat die Kirchengemeinde leiten, ein Oben und Unten nicht vorhanden sei. Er dankte den Angehörigen der Kirchengemeinde Ersingen, die Vakatur gut überstanden zu haben. Zur Kirchengemeinde gehören auch die Protestanten in Oberdischingen, Öpfingen und Rißtissen. Weigold könne auf viele liebe Menschen bauen, betonte Krack. Weigold trifft nicht auf völliges Neuland in Ersingen, denn seiner Ehefrau Nadja Schienke-Weigold ist Ersingen durch ihre Tätigkeit als Diakonin bereits seit dem Jahr 2019 gut bekannt. Wie berichtet, stieß sie in der Coronazeit ein Buchprojekt an, worin Personen aller Generationen Erlebnisse schilderten, die für die Allgemeinheit von Interesse sind.
Im Anschluss an den Gottesdienst wurden drei Grußworte gesprochen: Pfarrkollege Andreas Kernen aus Oberholzheim wünschte dem Pfarrer trotz der Dienstauftragskürzung, alle Aufgaben und die Familie, nachdem Nachwuchs erwartet wird, wie Jonglierbälle in der Luft halten zu können und auch auf seine persönlichen Bedürfnisse zu achten. Wenn es einmal zu viel werde, möge er den schwäbischen Leitspruch „Steiget mir doch mol en Dasch“beherzigen. Bei Fragen dürfe sich Weigold gerne melden. Aus der Zeit des Vikariats kennt Schuldekanin Andrea Holm den neuen Pfarrer. Zur Arbeit des Theologen gehören vier Stunden Religionsunterricht an der Ersinger Grundschule. Im Namen von Ortsvorsteherin Irene Paal und des Ortschaftsrates hieß Michaela Winkler den Pfarrer willkommen. Schnittpunkte von weltlicher und kirchlicher Gemeinde sei der Kindergarten „Kleines Samenkorn“, erklärte die Ortschaftsrätin.
Lukas Weigolds nächster Gottesdienst in Ersingen ist erst wieder am letzten Sonntag im September. Bereits am kommenden Mittwochabend trifft er die Eltern der künftigen Konfirmanden. Am kommenden Sonntag leitet Pfarrerin Margot Lenz aus Laupheim den Gottesdienst in Ersingen.
● OBERDISCHINGEN - Konzentriert lesende Einzelpersonen und sich angeregt unterhaltende Grüppchen stellten sich am Sonntag im Oberdischinger Rathaussaal ein. Hier konnte die neueste Ausstellung des Museumsvereins bestaunt werden. Dokumentiert wurde die Geschichte von elf Höfen mit den dazugehörigen Gebäuden, die inzwischen zumeist durch Abriss, Umbau oder Neubau nicht mehr in der einstigen Form vorhanden sind. Oldtimertraktoren konnten im Kanzleihof bestaunt werden. Ältestes Stück war ein MAN von 1952. Auch ein Porschetraktor von 1959 und ein Porscheauto von 1973 waren unter den Ausstellungsstücken.
Auf Stellwänden von zusammen 20 laufenden Metern Ausstellungsfläche waren die Hofgeschichten auf Schwarz-Weiß- und Farbausdrucken aufgelistet. Namen der Hofinhaber mit Jahreszahlen, Angaben zum Landbesitz und den Berufen waren zu erfahren. Natürlich durften die in Oberdischingen verbreiteten Hausnamen
nicht fehlen. In der Regel leiten sie sich von männlichen, in Mundart gebrauchten Vornamen, von den Familiennamen oder auch dem Beruf eines Hofinhabers ab, zum Beispiel Deises vom Vornamen Matheis oder Hoides vom Familienname Haid. Und schließlich wirkten auch Fotografien von Haus und Hof, Bewohnern, Vieh und landwirtschaftlichen Gerätschaften und bei Arbeitseinsätzen als die Hingucker.
Für die Nachwelt zahlte sich aus, dass sich die Oberdischinger Bauernfamilien dann und wann Zeit nahmen, beim Heu machen, Kartoffeln lesen mit Pferden oder Kuhfuhrwerk noch jemanden zu haben, der einen Fotoapparat zur Hand hatte. Die Ausstellungsmacher konnten zahlreiche Luftaufnahmen zu den Hofgeschichten platzieren, was das Augenmerk der Besucher zudem auf sich zog. So war auch die Luftaufnahme aus der Nachkriegszeit in der Ausstellung zu sehen, die Bombeneinschläge auf den Feldern rund um den Ort zeigt. Aus aktuellem Anlass passte ein Foto über das Hochwasser von 1955 in die Ausstellung. An der Ecke Kapellenberg/Bachstraße
waren die Anrainer des Dischinger Bachs besonders in Mitleidenschaft gezogen worden.
Der Museumsvereinsvorsitzende Werner Kreitmeier stand für Nachfragen zur Verfügung. Wofür die Bezeichnung Seldner stehe, wollte ein Ausstellungsgast wissen. Es ist ein veraltetes Wort für Kleinbauer. Persönliche Erzählungen, die in den Familien weitergegeben wurden, flossen in die Ausstellung ein, etwa zum Hof, der während des Dienstes des Hofinhabers im ersten Weltkrieg bei Weiterführung durch die Ehefrau schuldenfrei geworden sei. Aus dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Nachricht ausgestellt, die einem Hofinhaber zum Tod seines Sohnes geschickt wurde, der „als Funker bei einer vorne eingesetzten Kompanie“war. Die Mitteilung beginnt mit folgendem Satz: „Im Gefecht 2 1/2 km ostwärts Iwanowka (26 km südlich Krementschug) am 22.11.43 fiel ihr Sohn Stefan im Kampf um die Freiheit Großdeutschlands in soldatischer Pflichterfüllung, getreu seinem Fahneneide für Führer, Volk und Vaterland.“
Bis ins Jahr 1500 reichten einige Informationen
in der Ausstellung zurück, was nicht nur für die Nachkommen, sondern für die Allgemeinheit sehr wertvoll sein mag. Werner Kreitmeier nimmt sich vor, die Haus- und Hofgeschichten baldmöglichst als Buch herauszubringen. Bis es so weit ist, wird aber noch einige Zeit vergehen müssen. Denn Kreitmeier will zuerst noch erkunden, wie sozusagen die Heiratspolitik in Oberdischingen war, welche Bauernfamilien verwandtschaftlich verbunden waren, wer über die Jahrzehnte und Jahrhunderte auf welchen Hof einheiratete. Allerdings wird diese Arbeit dem Heimat- und Hobbyhistoriker seit Neuestem erheblich erschwert. Die Grundbücher werden bekanntlich zentral in Kornwestheim gelagert. Und auch die Kirchenbücher sind neuerdings nur noch zentral in Rottenburg einsehbar. Kopien müssen fast fürstlich bezahlt werden, während das Abschreiben von Daten viel Zeit in Anspruch nimmt. Man darf gespannt sein, wie schnell Werner Kreitmeier mit Unterstützern aus dem Museumsverein die vorgenommene Fleißarbeit bewältigen kann.