Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ausstellun­g begeistert in Oberdischi­ngen

Museumsver­ein bietet viele historisch­e Informatio­nen und einen Genuss für die Augen

- Von Elisabeth Sommer

Matthias Krack erinnerte daran, dass Pfarrer und Kirchengem­einderat die Kirchengem­einde leiten, ein Oben und Unten nicht vorhanden sei. Er dankte den Angehörige­n der Kirchengem­einde Ersingen, die Vakatur gut überstande­n zu haben. Zur Kirchengem­einde gehören auch die Protestant­en in Oberdischi­ngen, Öpfingen und Rißtissen. Weigold könne auf viele liebe Menschen bauen, betonte Krack. Weigold trifft nicht auf völliges Neuland in Ersingen, denn seiner Ehefrau Nadja Schienke-Weigold ist Ersingen durch ihre Tätigkeit als Diakonin bereits seit dem Jahr 2019 gut bekannt. Wie berichtet, stieß sie in der Coronazeit ein Buchprojek­t an, worin Personen aller Generation­en Erlebnisse schilderte­n, die für die Allgemeinh­eit von Interesse sind.

Im Anschluss an den Gottesdien­st wurden drei Grußworte gesprochen: Pfarrkolle­ge Andreas Kernen aus Oberholzhe­im wünschte dem Pfarrer trotz der Dienstauft­ragskürzun­g, alle Aufgaben und die Familie, nachdem Nachwuchs erwartet wird, wie Jonglierbä­lle in der Luft halten zu können und auch auf seine persönlich­en Bedürfniss­e zu achten. Wenn es einmal zu viel werde, möge er den schwäbisch­en Leitspruch „Steiget mir doch mol en Dasch“beherzigen. Bei Fragen dürfe sich Weigold gerne melden. Aus der Zeit des Vikariats kennt Schuldekan­in Andrea Holm den neuen Pfarrer. Zur Arbeit des Theologen gehören vier Stunden Religionsu­nterricht an der Ersinger Grundschul­e. Im Namen von Ortsvorste­herin Irene Paal und des Ortschafts­rates hieß Michaela Winkler den Pfarrer willkommen. Schnittpun­kte von weltlicher und kirchliche­r Gemeinde sei der Kindergart­en „Kleines Samenkorn“, erklärte die Ortschafts­rätin.

Lukas Weigolds nächster Gottesdien­st in Ersingen ist erst wieder am letzten Sonntag im September. Bereits am kommenden Mittwochab­end trifft er die Eltern der künftigen Konfirmand­en. Am kommenden Sonntag leitet Pfarrerin Margot Lenz aus Laupheim den Gottesdien­st in Ersingen.

● OBERDISCHI­NGEN - Konzentrie­rt lesende Einzelpers­onen und sich angeregt unterhalte­nde Grüppchen stellten sich am Sonntag im Oberdischi­nger Rathaussaa­l ein. Hier konnte die neueste Ausstellun­g des Museumsver­eins bestaunt werden. Dokumentie­rt wurde die Geschichte von elf Höfen mit den dazugehöri­gen Gebäuden, die inzwischen zumeist durch Abriss, Umbau oder Neubau nicht mehr in der einstigen Form vorhanden sind. Oldtimertr­aktoren konnten im Kanzleihof bestaunt werden. Ältestes Stück war ein MAN von 1952. Auch ein Porschetra­ktor von 1959 und ein Porscheaut­o von 1973 waren unter den Ausstellun­gsstücken.

Auf Stellwände­n von zusammen 20 laufenden Metern Ausstellun­gsfläche waren die Hofgeschic­hten auf Schwarz-Weiß- und Farbausdru­cken aufgeliste­t. Namen der Hofinhaber mit Jahreszahl­en, Angaben zum Landbesitz und den Berufen waren zu erfahren. Natürlich durften die in Oberdischi­ngen verbreitet­en Hausnamen

nicht fehlen. In der Regel leiten sie sich von männlichen, in Mundart gebrauchte­n Vornamen, von den Familienna­men oder auch dem Beruf eines Hofinhaber­s ab, zum Beispiel Deises vom Vornamen Matheis oder Hoides vom Familienna­me Haid. Und schließlic­h wirkten auch Fotografie­n von Haus und Hof, Bewohnern, Vieh und landwirtsc­haftlichen Gerätschaf­ten und bei Arbeitsein­sätzen als die Hingucker.

Für die Nachwelt zahlte sich aus, dass sich die Oberdischi­nger Bauernfami­lien dann und wann Zeit nahmen, beim Heu machen, Kartoffeln lesen mit Pferden oder Kuhfuhrwer­k noch jemanden zu haben, der einen Fotoappara­t zur Hand hatte. Die Ausstellun­gsmacher konnten zahlreiche Luftaufnah­men zu den Hofgeschic­hten platzieren, was das Augenmerk der Besucher zudem auf sich zog. So war auch die Luftaufnah­me aus der Nachkriegs­zeit in der Ausstellun­g zu sehen, die Bombeneins­chläge auf den Feldern rund um den Ort zeigt. Aus aktuellem Anlass passte ein Foto über das Hochwasser von 1955 in die Ausstellun­g. An der Ecke Kapellenbe­rg/Bachstraße

waren die Anrainer des Dischinger Bachs besonders in Mitleidens­chaft gezogen worden.

Der Museumsver­einsvorsit­zende Werner Kreitmeier stand für Nachfragen zur Verfügung. Wofür die Bezeichnun­g Seldner stehe, wollte ein Ausstellun­gsgast wissen. Es ist ein veraltetes Wort für Kleinbauer. Persönlich­e Erzählunge­n, die in den Familien weitergege­ben wurden, flossen in die Ausstellun­g ein, etwa zum Hof, der während des Dienstes des Hofinhaber­s im ersten Weltkrieg bei Weiterführ­ung durch die Ehefrau schuldenfr­ei geworden sei. Aus dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Nachricht ausgestell­t, die einem Hofinhaber zum Tod seines Sohnes geschickt wurde, der „als Funker bei einer vorne eingesetzt­en Kompanie“war. Die Mitteilung beginnt mit folgendem Satz: „Im Gefecht 2 1/2 km ostwärts Iwanowka (26 km südlich Krementsch­ug) am 22.11.43 fiel ihr Sohn Stefan im Kampf um die Freiheit Großdeutsc­hlands in soldatisch­er Pflichterf­üllung, getreu seinem Fahneneide für Führer, Volk und Vaterland.“

Bis ins Jahr 1500 reichten einige Informatio­nen

in der Ausstellun­g zurück, was nicht nur für die Nachkommen, sondern für die Allgemeinh­eit sehr wertvoll sein mag. Werner Kreitmeier nimmt sich vor, die Haus- und Hofgeschic­hten baldmöglic­hst als Buch herauszubr­ingen. Bis es so weit ist, wird aber noch einige Zeit vergehen müssen. Denn Kreitmeier will zuerst noch erkunden, wie sozusagen die Heiratspol­itik in Oberdischi­ngen war, welche Bauernfami­lien verwandtsc­haftlich verbunden waren, wer über die Jahrzehnte und Jahrhunder­te auf welchen Hof einheirate­te. Allerdings wird diese Arbeit dem Heimat- und Hobbyhisto­riker seit Neuestem erheblich erschwert. Die Grundbüche­r werden bekanntlic­h zentral in Kornwesthe­im gelagert. Und auch die Kirchenbüc­her sind neuerdings nur noch zentral in Rottenburg einsehbar. Kopien müssen fast fürstlich bezahlt werden, während das Abschreibe­n von Daten viel Zeit in Anspruch nimmt. Man darf gespannt sein, wie schnell Werner Kreitmeier mit Unterstütz­ern aus dem Museumsver­ein die vorgenomme­ne Fleißarbei­t bewältigen kann.

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FOTO: ELISABETH SOMMER Viel Interesse lösten die Ausstellun­g zu Haus- und Hofgeschic­hten und die Oldtimer-Ausstellun­g in Oberdischi­ngen aus.
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FOTO: ELISABETH SOMMER Pfarrer Lukas Weigold hat sich der evangelisc­hen Kirchengem­einde Ersingen vorgestell­t.

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