Starkniederschläge werden zunehmend wahrscheinlicher
HAMBURG (dpa) - Die Vorhersagen zu den Niederschlägen vor der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands waren nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sehr gut. Die Herausforderung habe darin bestanden, vorherzusagen, wo die Wassermengen genau abfließen werden, sagte der Vorstand Klima und Umwelt beim Deutschen Wetterdienst, Tobias Fuchs, beim Extremwetterkongress in Hamburg. Die Meteorologen müssten ihre Modelle mehr mit denen der Hydrologen verzahnen, forderte Fuchs. Mitte Juli hatte die Flutkatastrophe ganze Landstriche in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verwüstet. Bislang wurden rund 190 Tote gezählt.
Ähnliche Niederschlagsmengen könnten sich im Flachland ganz anders auswirken als im Bergland, erklärte der Meteorologe und Wettermoderator Sven Plöger. Ende Juni habe es sehr stark in der Uckermark geregnet. Die Schäden seien aber vergleichsweise gering gewesen, weil der „Düseneffekt“wie im Ahrtal gefehlt habe. Im Hügelland steige bei starken Niederschlägen die Fließgeschwindigkeit der Flüsse, im Flachland stehe das Wasser längere Zeit.
Anhand der langjährigen flächendeckenden Daten von 51 Wetterstationen könne der DWD keine klare Veränderung bei den Starkregenereignissen in Deutschland feststellen, sagte Tobias Fuchs. Die Anzahl von Tagen mit mehr als 20 Litern Niederschlag je Quadratmeter habe sich zwischen 1951 und 2020 nur unwesentlich verändert. Leichte Indizien für eine Zunahme lieferten jedoch die seit 2001 vorhandenen radarbasierten Auswertungen. Aus diesen lasse sich für einige Regionen ableiten, dass sich eine steigende Häufigkeit von Starkniederschlägen andeute.
Anfang August sei ein internationales Forscherteam unter Koordinierung des DWD zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Wahrscheinlichkeit solcher Katastrophen durch den Klimawandel um den Faktor 1,2 bis neun erhöht habe, sagte Fuchs. Die Intensität der Niederschläge sei in den untersuchten Regionen um drei bis 19 Prozent gestiegen. Das Team hatte Frankreich, Westdeutschland, den östlichen Teil von Belgien, die Niederlande, Luxemburg und den Norden der Schweiz betrachtet. „Wir sehen, der Klimawandel hatte seine Finger bei den Starkniederschlägen in diesem Jahr im Spiel“, sagte Fuchs. Einige Forscher hatten zudem vor Längerem darauf verwiesen, dass Wetterlagen aufgrund des Klimawandels länger in einer Region verharrten und so mehr Schäden anrichten könnten.