Steinmeier erinnert an Schuld in deutschen Kolonien
Die nigerianische Schriftstellerin Adichie fordert im neuen Humboldt Forum mutige Schritte
BERLIN (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den jüngsten Öffnungsschritt im Berliner Humboldt Forum zu einem Appell an gemeinsame Verantwortung für die Folgen von Kolonialismus genutzt. Auch Deutsche hätten als Kolonialherren Menschen unterdrückt, ausgebeutet, beraubt und umgebracht, sagte Steinmeier am Mittwoch während eines Festaktes zur Eröffnung erster Teile des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst. Hier mehr Licht ins Dunkel zu bringen, sei nicht nur Aufgabe für Historiker.
Vor dem Humboldt Forum protestierten etwa 100 Menschen, zum Teil aus den Herkunftsgesellschaften, für eine rasche Rückgabe von Objekten mit kolonialem Hintergrund. Die in den USA lebende nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie verwies in ihrer Rede darauf, dass die Länder Europas ihre koloniale Geschichte zwar nicht leugneten, sich aber der heutigen Verantwortung entzögen. Deutschland sehe sich als Land von Beethoven und Bach, aber stelle sich kaum seiner kolonialen Vergangenheit. Sie wünsche sich mehr Courage, nicht nur Kritik anzuhören, sondern auch in Handlung umzusetzen.
„Die tieferen Wurzeln des Alltagsrassismus werden wir nur dann verstehen und überwinden können, wenn wir die blinden Flecken unserer Erinnerung ausleuchten, wenn wir uns viel mehr als bislang mit unserer kolonialen Geschichte auseinandersetzen!“, zeigt sich Steinmeier in seiner Rede überzeugt. Er ging auch auf die Folgen im heutigen Namibia ein, wo unter deutschem Befehl
etwa 75 000 Herero und Nama getötet worden waren. Es habe zu lange gedauert, dieses Verbrechen überhaupt anzuerkennen.
Hermann Parzinger, als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zuständig für die beiden Museen, sprach mit Blick auf mögliche Rückgaben davon, im Humboldt Forum würden jetzt Objekte präsentiert, die vielleicht morgen nicht mehr zu sehen seien. In das Forum sei „eine Lerngemeinschaft eingezogen“. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bezeichnete das Forum als „bedeutendstes Kulturvorhaben des wiedervereinigten Deutschland“, das eine „Arena demokratischer Streitkultur“werden könne.