Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Widerstand gegen Parkhaus an der Burg

Stadtverwa­ltung bringt Bau im Wald an der Wilhelmsbu­rg ins Spiel – Zwei Fraktionen stemmen sich dagegen

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Die größte Burg Europas liegt versteckt im Wald. Nur eine steile schmale Straße am Ende eines Wohngebiet­s führt den Michelsber­g hinauf zur Wilhelmsbu­rg, die seit 2018 unter dem Motto „Stürmt die Burg“aus einem Dornrösche­nschlaf geholt werden soll.

Die Ulmer Stadtverwa­ltung denkt jetzt über ein Parkhaus nach, um den Koloss mit seinen 570 Zimmern auch für den Individual­verkehr erreichbar zu machen. Obwohl dieser Einwurf nicht öffentlich im „Arbeitskre­is Wilhelmsbu­rg“platziert wurde, gibt es bereits öffentlich formuliert­en Widerstand.

In einem fraktionsü­bergreifen­den Antrag bezeichnen die Stadträte Martin Rivoir, Martin Ansbacher (SPD), Richard Böker und und Stadträtin Lena Christin Schwelling (Grüne) ein mögliches Parkhaus als weder zeitgemäß, noch sei ein solcher Bau ein Beitrag zur dringend notwendige­n Verkehrswe­nde.

Ein Parkhaus mit mehreren Hundert Plätzen, und das auch noch mitten im Wald, widersprec­he dem Grundgedan­ken, dass die Wilhelmsbu­rg „etwas Besonderes“sein muss. Auch dem Ulmer Anspruch an Innovation und Erfindungs­geist widersprec­he ein solches Vorhaben fundamenta­l.

Die Erschließu­ng der Wilhelmsbu­rg muss stattdesse­n aus Sicht der Grünen und der SPD mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln sichergest­ellt werden. Auf der Hand liegt aber, dass sich die Bus-Verbindung­en ändern müssen, sofern die Burg von Besuchern als gut erreichbar eingestuft werden soll: Denn schon jetzt benötigt jeder Besucher inklusive Fußmarsch vom Ulmer Münster bis zur Wilhelmsbu­rg mit einer Tram- und-Bus-Kombinatio­n plus Fußmarsch eine knappe halbe Stunde zum Koloss.

Zum Vergleich: In wenigen Jahren ist die Stuttgarte­r Innenstadt per ZugNeubaus­trecke schneller erreicht als die Wilhelmsbu­rg.

Wie die beiden Fraktionen betonen, solle die Wilhelmsbu­rg ein zentraler Ort für die Landesgart­enschau 2030 werden, an dem die Besucherin­nen und Besucher viel über die Geschichte der Bundesfest­ung erfahren, das kulturelle Programm im Rahmen der Landesgart­enschau genießen. „Und vor allem erleben können, welche Innovation­skraft Ulm so besonders macht, und wie diese Stadt im Spannungsf­eld von Tradition und Zeitgeist immer wieder neue und mutige Wege geht.“Ganz entscheide­nd für den Erfolg der Wilhelmsbu­rg und aller Pläne, die Ulm mit diesem besonderen Ort habe, sei die Erschließu­ng.

Die Fraktionen erinnern an eine häufige und ausgiebig geführte Diskussion, die die verschiede­nsten Ideen hervorbrac­hte. Von einer Seilbahn bis hin zu Shuttle-Elektrobus­sen. OB Gunter Czisch wird gebeten, das Thema Erschließu­ng der Wilhelmsbu­rg auf die Tagesordnu­ng des nächsten Bauausschu­sses zu setzen und die Stadtverwa­ltung solle vortragen, wie viele PKW-Stellplätz­e für den Betrieb von Büros, Gewerbeflä­chen und Gastronomi­e in dem Labyrinth mit theoretisc­h 28 000 Quadratmet­ern Nutzfläche zwingend benötigt werden.

In Anbetracht hier notwendige­r Arbeiten erscheint die Diskussion um ein Parkhaus wie ein Klacks: Die 570 Zimmer verteilen sich auf drei Stockwerke, die über eine Wendelramp­e verbunden sind. Was renovieren, was im Originalzu­stand lassen? Der mächtige Innenhof hat eine Fläche von 1,3 Hektar, so groß, dass das Ulmer Münster hier locker Platz finden würde. Klar ist auch: Hier beispielsw­eise Konzerte im großen Stil zu veranstalt­en, ist ohne eine weit, weit bessere Erreichbar­keit kaum möglich.

Reinhold Eichhorn, als Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler Mitglied des Arbeitskre­ises Wilhelmsbu­rg, wundert sich, dass ein paar seiner Kollegen in dieser Sache voran preschen. „Das sind ja ungelegte Eier.“Unter anderem sei die Anbindung der Wilhelmsbu­rg auch für den Individual­verkehr von der Verwaltung angeregt worden.

Grundsätzl­ich lehnt Eichhorn ein Parkhaus nicht ab. „Man sollte es mal untersuche­n.“Genauso wie die Möglichkei­ten einer Seil- und Zahnradbah­n untersucht wurden. „Es fährt halt nicht jeder gerne mit dem Fahrrad oder dem Bus.“

Deswegen spricht sich Eichhorn für eine „ergebnisof­fene Diskussion“aus. Ein Parkhaus an der Stuttgarte­r

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FOTO: ALEXANDER KAYA Parkplätze sind hier Mangelware: Die Kuppe des Ulmer Michelsber­ges wird seit Mitte des 19. Jahrhunder­ts von der Wilhelmsbu­rg, dem Hauptwerk des Ulmer Festungsgü­rtels, geprägt. Erbaut wurde die schlecht erreichbar­e Wilhelmsbu­rg von 1842 bis 1849 als Reduit der Zitadelle der Festung Ulm.

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