Scherbengericht im CSU-Vorstand
Massive Kritik an der Schwesterpartei und dem gemeinsamen Spitzenkandidaten Laschet
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MÜNCHEN - Am Tag nach der Unions-Wahlniederlage gibt sich auch Markus Söder in München weitaus demütiger als noch am Wahlabend in Berlin. Vom Regierungsauftrag spricht der CSU-Chef nicht mehr nach der Sitzung des CSU-Parteivorstands. Stattdessen sagt er ohne Umschweife: „Ja, es war eine Niederlage.“Und: „Der Gesamteindruck bleibt schlecht.“Auch liest er aus dem Wahlergebnis „eine Tendenz zum Wechsel“heraus.
Auf der CSU-Sitzung war ein Scherbengericht vorangegangen. Die Vorstandsmitglieder äußerten massive Kritik – an der CDUSchwester und vor allem am Kandidaten Armin Laschet. Bayerns Finanzminister und Söder-Freund Albert Füracker etwa sagte laut Quellen, die CSU wäre mit Söder als Kandidaten in Bayern auf mehr als 40 Prozent gekommen. Am Ende waren es im Freistaat aber nur 31,7.
Der Berliner Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach demnach von „Schwächen bei Kurs und Kandidaten“sowie laut BR von der „unnötigsten Wahlniederlage jemals“. Der CSU-Chef beließ es diesbezüglich bei seinem Auftritt danach bei der Bemerkung, von der CDU habe es „keinen Zusatzbonus durch Personen“gegeben.
Doch Söder wäre nicht Söder, hätte er nicht die stete Gabe, die Christsozialen in ein etwas positiveres Licht zu rücken, auch im Gegensatz zur CDU. Ohne den CSU-Parteitag vor der Wahl, der für mediale Aufmerksamkeit
gesorgt habe, hätte es für ein rot-rot-grünes Bündnis in Berlin gereicht, orakelt er. Die Kampagne vom drohenden „Linksrutsc“h sei erfolgreich gewesen. Man sei mit einem „blauen Auge“davongekommen und hat das selbst gesetzte unterste Ziel erreicht: mindestens 30 Prozent in Bayern. In Berlin sieht er nun deutlich mehr christsozialen Einfluss: Mit 45 Mandaten stellten die Christsozialen jetzt ein Viertel der Unions-Fraktion, zuvor sei es nur ein Fünftel gewesen.
Söder will seinen Blick nun wieder verstärkt auf die bayerische Landespolitik richten, etwa auf die Umsetzung eines bisher immer wieder verschobenen Klimagesetzes für den Freistaat. Zuvor macht die CSU aber ihrem Zorn Luft auf den Münchner Koalitionspartner Freie Wähler (FW) und speziell deren Vorsitzenden Hubert Aiwanger. Dieser hatte vor Schließung der Wahllokale für kurze Zeit Ergebnisse aus der Nachwahlbefragung getwittert – was verboten ist – und zur Wahl der FW aufgerufen. Für CSU-Generalsekretär Markus Blume ein unglaublicher Fall von Wahlmanipulation.
Söder meint tags darauf, das Thema Freie Wähler müsse man sehr intensiv bearbeiten. Die Partei erreichte bundesweit 2,6 und in Bayern sechs Prozent. Möglicherweise habe dies die bürgerliche Mehrheit gekostet. Im Nachhinein wie bei dem Tweet rede sich Aiwanger immer mit Missgeschicken raus. Unter anderem fiel der FW-Mann im Wahlkampf damit auf, um Stimmen bei Corona-Skeptikern zu werben.