Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Scherbenge­richt im CSU-Vorstand

Massive Kritik an der Schwesterp­artei und dem gemeinsame­n Spitzenkan­didaten Laschet

- Von Patrick Guyton

MÜNCHEN - Am Tag nach der Unions-Wahlnieder­lage gibt sich auch Markus Söder in München weitaus demütiger als noch am Wahlabend in Berlin. Vom Regierungs­auftrag spricht der CSU-Chef nicht mehr nach der Sitzung des CSU-Parteivors­tands. Stattdesse­n sagt er ohne Umschweife: „Ja, es war eine Niederlage.“Und: „Der Gesamteind­ruck bleibt schlecht.“Auch liest er aus dem Wahlergebn­is „eine Tendenz zum Wechsel“heraus.

Auf der CSU-Sitzung war ein Scherbenge­richt vorangegan­gen. Die Vorstandsm­itglieder äußerten massive Kritik – an der CDUSchwest­er und vor allem am Kandidaten Armin Laschet. Bayerns Finanzmini­ster und Söder-Freund Albert Füracker etwa sagte laut Quellen, die CSU wäre mit Söder als Kandidaten in Bayern auf mehr als 40 Prozent gekommen. Am Ende waren es im Freistaat aber nur 31,7.

Der Berliner Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt sprach demnach von „Schwächen bei Kurs und Kandidaten“sowie laut BR von der „unnötigste­n Wahlnieder­lage jemals“. Der CSU-Chef beließ es diesbezügl­ich bei seinem Auftritt danach bei der Bemerkung, von der CDU habe es „keinen Zusatzbonu­s durch Personen“gegeben.

Doch Söder wäre nicht Söder, hätte er nicht die stete Gabe, die Christsozi­alen in ein etwas positivere­s Licht zu rücken, auch im Gegensatz zur CDU. Ohne den CSU-Parteitag vor der Wahl, der für mediale Aufmerksam­keit

gesorgt habe, hätte es für ein rot-rot-grünes Bündnis in Berlin gereicht, orakelt er. Die Kampagne vom drohenden „Linksrutsc“h sei erfolgreic­h gewesen. Man sei mit einem „blauen Auge“davongekom­men und hat das selbst gesetzte unterste Ziel erreicht: mindestens 30 Prozent in Bayern. In Berlin sieht er nun deutlich mehr christsozi­alen Einfluss: Mit 45 Mandaten stellten die Christsozi­alen jetzt ein Viertel der Unions-Fraktion, zuvor sei es nur ein Fünftel gewesen.

Söder will seinen Blick nun wieder verstärkt auf die bayerische Landespoli­tik richten, etwa auf die Umsetzung eines bisher immer wieder verschoben­en Klimageset­zes für den Freistaat. Zuvor macht die CSU aber ihrem Zorn Luft auf den Münchner Koalitions­partner Freie Wähler (FW) und speziell deren Vorsitzend­en Hubert Aiwanger. Dieser hatte vor Schließung der Wahllokale für kurze Zeit Ergebnisse aus der Nachwahlbe­fragung getwittert – was verboten ist – und zur Wahl der FW aufgerufen. Für CSU-Generalsek­retär Markus Blume ein unglaublic­her Fall von Wahlmanipu­lation.

Söder meint tags darauf, das Thema Freie Wähler müsse man sehr intensiv bearbeiten. Die Partei erreichte bundesweit 2,6 und in Bayern sechs Prozent. Möglicherw­eise habe dies die bürgerlich­e Mehrheit gekostet. Im Nachhinein wie bei dem Tweet rede sich Aiwanger immer mit Missgeschi­cken raus. Unter anderem fiel der FW-Mann im Wahlkampf damit auf, um Stimmen bei Corona-Skeptikern zu werben.

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