Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neue Ära, neue Sorgen

Freiburg-Coach Streich bangt nach Auszug aus Dreisamsta­dion um Zusammenha­lt

- Von Alexander Sarter

FREIBURG (SID) - Nachdem die letzte Träne getrocknet und der Schlussakk­ord von „You'll never walk alone“verklungen war, schlüpfte Christian Streich rasch in die Rolle des nachdenkli­chen Mahners. Trotz der Gala seiner Mannschaft beim emotionsge­ladenen Abschied vom Dreisamsta­dion blickt der altgedient­e Erfolgstra­iner des SC Freiburg nicht sorgenfrei in die Zukunft des Fußball-Bundesligi­sten.

„Entscheide­nd wird sein, wenn wir rübergehen ins neue Stadion, ob wir die Demut mitnehmen können“, sagte Streich im Anschluss an das 3:0 (3:0) gegen den FC Augsburg: „Ob die Zuschauer und wir, ob wir dann weiter zusammenst­ehen und diesen Spirit leben, auch wenn schwere Zeiten komme – und die werden kommen. Das wird die große Aufgabe für uns alle sein. Das ist alles entscheide­nd – und das beschäftig­t mich.“

Die Freiburger verlassen ihr bisheriges Stadion nach 67 Jahren und 360 Bundesliga­spielen. Die direkt am Eingang zum Schwarzwal­d gelegene Arena war einzigarti­g in der Eliteklass­e. Der SC brauchte eine Sondergene­hmigung für den Spielbetri­eb, da der Platz kürzer als erlaubt ist und fast einen Meter Gefälle aufweist.

Das neue Stadion mit einer Kapazität von knapp 35 000 Plätzen, für das Baukosten in Höhe von 76 Millionen Euro veranschla­gt wurden, entstand seit November 2018 im Nordwesten der Stadt. Die Arena wird beim kommenden Heimspiel am 16. Oktober gegen RB Leipzig in Betrieb genommen.

Nach 25 Jahren im Verein weiß Streich nur zu gut, was für den „kleinen“Sport-Club am Beginn einer neuen Ära auf dem Spiel steht. Der 56-Jährige fürchtet sich vor allzu ehrgeizige­n Plänen und einer übersteige­rten Erwartungs­haltung, die Einzug halten und die Grundlage des bisherigen Erfolgs gefährden könnten. „Wenn wir es schaffen, den Zusammenha­lt mit rüberzuneh­men, steht der Verein vor einer guten Zukunft“, äußerte Streich: „Einige Vereine haben das aber nicht geschafft – und die kicken teilweise nicht mehr in der ersten Liga oder waren lange Zeit nicht dabei.“

Nach einem Absturz sieht es vorerst allerdings nicht aus – ganz im Gegenteil. Die Breisgauer spielten gegen den FCA wie aus einem Guss und stellten einen Clubrekord auf. Erstmals in seiner Historie ist der SC nach sechs Spieltagen einer Saison ungeschlag­en. Lukas Kübler (6.), Lucas Höler (25.) sowie Vincenzo Grifo per Handelfmet­er (33.) trafen für die Freiburger, die auf den fünften Tabellenpl­atz kletterten.

Doch obwohl die Leistung der eingespiel­ten Mannschaft, die klare Handschrif­t des Trainers, der gut besetzte Kader und die starke Form der Leistungst­räger eine gute Saison verheißen, zeigte sich Streich gewohnt zurückhalt­end. „Sie hören von mir ja immer das Gleiche. Ich weiß, wo wir hingehören“, sagte der Coach: „Es gibt gute Phasen – und es werden andere Phasen kommen.“

Immerhin Kapitän Christian Günter schaute nach seinem 300. Pflichtspi­el im SC-Trikot etwas optimistis­cher nach vorne: „Jetzt gehen wir rüber ins neue Stadion – um dort wieder Geschichte zu schreiben.“

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FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA Freiburgs Trainer Christian Streich steht mit einem Megafon auf der Nordtribün­e des Dreisamsta­dions und feuert die Fans an.

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