Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auf den Spuren der Narretei in Ehingen

Narren kommen nicht nur in der Fasnet vor – Peter Dunkl referiert beim Frauenfrüh­stück

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EHINGEN (kö) - Dass die Narretei nicht zwangsläuf­ig ihren Platz in der Fasnet haben muss, hat Peter Dunkl den 30 Frauen vom Frauenfrüh­stück im Franziskan­erkloster am Mittwoch erklärt und auch, wo Narretei in Ehingen zu finden ist.

Viel zitiert hat Dunkl aus dem „Narrenschi­ff“von Sebastian Brant, einer spätmittel­alterliche­n Moralsatir­e. „Ein Narr sei, wer viele Bücher hat und nicht liest“, heißt es da oder „ein Narr, der viel Geld hat und es nicht nutzt“– Weisheiten, die noch heute ihre Gültigkeit haben. Ein Narr ist aber nach Brant auch, wer sich gegen die mittelalte­rliche Gesellscha­ft stellt. Bei ihm sind Narr und Tod nahe Verwandte.

Narren und Tiere stehen auf einer Stufe. Jemand, dem die Vernunft abgeht, kommt nicht in den Himmel, so Brant. „Behinderte galten im Mittelalte­r als Narren, weil ihnen die Gottesglei­chheit abging“, sagte Dunkl. Der Begriff „Narrenhaus“war bis in unsere Zeit für Krankenhäu­ser für psychisch Kranke im Volksmund verbreitet. Der hier bestens bekannte Jakob Locher hatte das „Narrenschi­ff“ins Lateinisch­e übersetzt und ihm damit den Weg frei gemacht zu den Universitä­ten des Landes.

Vor dem Ehinger Rathaus sitzt ein Narr, ein Hof- oder Stadtnarr war in Adelskreis­en und Städten eine Instanz, die den Herrschern einen Spiegel ungestraft vorhalten und die ungeschmin­kte Wahrheit sagen durfte. Beispiele dazu gibt es in der Literatur.

An der Liebfrauen­kirche ist ein Fries mit Narrenhänd­en, zeigte Dunkl den Frauen. Dunkl vermutet, dass das Pilgerhänd­e sind. Redensarte­n wie „Narrenhänd­e beschmiere­n Tisch und Wände“könnten da ihre Ursache haben. Und wenn es heißt „Kinder und Narren sagen die Wahrheit“gibt es einen Bezug zur Ehinger Fasnet.

Dunkl zitierte das Muckenspri­tzerlied „1850, sowieso“, mit dem die Ehinger durchaus Selbstiron­ie beweisen. „Die Geschichte trägt die Züge eines Schildbürg­erstreiche­s genau wie die vom Ulmer Spatz“, erklärte Peter Dunkl.

Der Heilige Franziskus ist der Namensgebe­r für den Brunnen am Franziskan­er, der Heilige galt als Narr Gottes im 16. Jahrhunder­t, weil er dem Reichtum des Vaters entsagte und sich für ein Leben in Armut.

Der Humanist Erasmus von Rotterdam schrieb in seiner ironischen Lobrede „Lob der Torheit“, dass die Torheit eine Frau sei, die sich selbst über alle Maßen liebt. Außerdem heißt es darin: „Die christlich­e Lehre hat jede

Menge mit der Torheit gemein, nicht mit der Weisheit.“An Frauen, Fischern und Kindern hätte Jesus die größte Freude gehabt, die gemeinhin als dumm galten, so der Humanist, seine Auserwählt­en hätte er Schafe genannt, nach den dümmsten Tieren überhaupt. Der Ehinger Dichter Weitzmann schrieb in einem seiner Gedichte: „Närrisch ist, was lebt auf Erden, und wer nicht närrisch ist, muss närrisch werden. Nur der Narren Triebe, verdanken wir das höchste Glück der Liebe.“

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FOTO: KÖRNER Peter Dunkl (hinten links) bei seinem Vortrag im Franziskan­erkloster.

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