Der große Traum vom eigenen Start-up
Regional viel in Bewegung – Wir haben Gründerinnen und Gründer nach Erfahrungen gefragt – Ihre Tipps für Nachwuchsunternehmer
REGION ULM - Die neue Staffel der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“läuft und die Menschen vor den Fernsehgeräten können wieder mitverfolgen, wie Gründerinnen und Gründer jeden Alters Erfindungen oder Geschäftsideen präsentieren und um die Gunst der „Löwen“kämpfen.
Denn sind die erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmer vor ihnen von Erfolg und Nutzen überzeugt, investieren sie und unterstützen bei der Expansion des innovativen Produkts oder der Dienstleistung.
So eine Starthilfe bekommen aber nur die wenigsten, die beruflich neue Wege gehen. Wir haben Gründer aus der Region gefragt nach ihrer Motivation, Stolpersteinen und Tipps für diejenigen, die ebenfalls den Schritt in die Selbstständigkeit wagen möchten.
Eine von ihnen ist Patricia Müller, Gründerin des Modelabels „few“. Das steht für „Formula for an Effortless Wardrobe“(deutsch: Formel für eine mühelose Garderobe). Die Klosterbeurerin hatte rund 20 Jahre lang in der Modebranche gearbeitet, auch für große Namen wie Escada oder Hugo Boss, ehe sie zum Entschluss kam, dass die Arbeit nicht mehr zu ihren Idealen passt.
Sie entschied sich, ihr eigenes Slow-Fashion-Label zu kreieren. Das Netzwerk, das sie sich über die Jahre aufgebaut hatte, half ihr gerade in der Anfangszeit sehr: Menschen, die Potenzial erkennen, auch wenn die Umsätze noch kleiner sind, und Experten, denen sie vertraut.
Patricia Müllers Tipps: „Schnell auf den Markt gehen, schnell testen, schnell Feedback einholen und dann gegebenenfalls anpassen, auch wenn es sicher dem eigenen Anspruch auch manchmal schwerfällt.“Es sei wichtig, regelmäßig zu reflektieren, ob man noch auf dem richtigen Weg für den Markt und für sich selbst ist.
Außerdem empfiehlt sie, Zeit für
Pausen einzuplanen, denn: „In denen entstehen die kreativsten Ideen.“Dazu trage bei, die „eigene Blase“ab und an zu verlassen und etwas anderes zu sehen. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man – wenn man es so sagen kann – selbst der größte Stolperstein
ist“, erzählt Müller. „Man kommt natürlich immer wieder an die Grenzen seiner Komfortzone.“
Robin Brandt, Felix Scheffer und Frederik Schmid stehen hinter dem Illertisser Start-up Perfect Pallets. Das befreundete Trio stellt in Handarbeit
nachhaltige Palettenmöbel her, zum Beispiel Weinregale und Blumenkästen. „Unser Ziel war es, ein Unternehmen zu gründen, das etwas Gutes für unsere Umwelt macht“, sagt Brandt. Sein Ratschlag: „Anfangen ist das Wichtigste.“
Hürden, denen man zu Beginn begegnet, ließen sich aus dem Weg räumen, wenn man eines beachtet: „Man braucht Durchhaltevermögen. Es gibt immer gute und schlechte Zeiten, aber am Ende zahlt sich das Durchhalten aus.“
Diese Erfahrung haben die Jungunternehmer selbst gemacht. Auf ihrer Internetseite mit Webshop schreiben sie, dass sie sich von den schwierigen Umständen, die das Gründungsjahr 2020 mit sich brachte, nicht haben unterkriegen lassen. Robin Brandt findet es gut, sich mit Freunden etwas aufzubauen, zum einen, weil es mehr Spaß mache, zum anderen, weil eine Idee von verschiedenen Meinungen profitiere.
Die Aufgaben, von der Produktentwicklung über die Finanzen bis zum Vertrieb, haben sich die Gründer aufgeteilt. Mittlerweile ist das Team sogar gewachsen: „Nico Plapp und Pauline Scheffer sind aufgrund der steigenden Auftragslage und Vertiefung mancher Bereiche ins Unternehmen eingetreten“, so Brandt.
Ihab Fleega aus Ulm präsentierte seine Erfindung auch schon im TV, in der Show „Das Ding des Jahres“. Sie trägt den Namen „pinnns“. Das sind bunte Schaumstoffnoppen, zwischen die, anders als bei anderen Haltesystemen, alle möglichen Dinge geklemmt werden können, um Ordnung zu schaffen –vom Handy, Schlüssel, Besen bis zur Bohrmaschine.
Das neue und bis dato unbekannte Produkt, seine Funktionalität und die Anwendungsmöglichkeiten zu erklären, sei nach der Markteinführung im November 2017 die größte Aufgabe gewesen. Das tat Fleega etwa auf Messen oder bei Start-up-Wettbewerben, wo er den German Design Award Special 2019 erhielt – eine Auszeichnung, die dabei half, bekannter zu werden.
Ebenfalls eine Herausforderung war die Anmeldung der Patente samt der damit verbundenen Kosten. Mit der Pandemie begann eine schwierige Zeit: „Die Auswirkungen des Lockdowns spüren wir bis heute, weil die Konsumenten andere Prioritäten haben und etwas vorsichtiger sind mit Extraausgaben“, lässt Mitstreiterin Simona Kelp wissen. Dass die „pinnns“in Deutschland designt und größtenteils auch hier produziert werden, schaffe Vertrauen bei den Kunden, auch international.
Der Tipp: „Den Markt vorher gründlich recherchieren, die Zielgruppe genau definieren und die finanziellen Mittel für Marketingmaßnahmen ausgerichtet auf die Zielgruppe einsetzen.“
Dario Ramljak hat kurz nach seinem 18. Geburtstag im vergangenen Jahr „Superjama“gegründet. Der Wiblinger entwickelte einen Pyjama für Kinder, der durch einen verlängerten Hosenbund einen frei liegenden Rücken verhindert, die Nieren wärmt und so vor Unterkühlungen in der Nacht schützen soll.
„Im Schlaf schmeißen die Kinder doch immer ihre Bettdecken weg. Das ewige Aufstehen, um die Kids wieder zuzudenken, erspare ich den Eltern“, schreibt er, mit einem Smiley versehen.
Ramljak hat die Erfahrung gemacht, dass es Zeit und Geduld erfordere, Genehmigungen einzuholen und vollständige Unterlagen abzugeben, beispielsweise zur Markenanmeldung. Er rät: „Keine Berührungsängste haben und auch auf die Gefahr hin zu nerven – fragen, bis man die Unterlagen richtig und vollständig hat.“
Hartnäckigkeit sei das A und O. „Das ist meistens der größte Stolperstein, dass man es dann doch nicht durchzieht und aufgibt“, meint er. „Man muss das Ziel vor Augen haben und an die Idee glauben.“Es komme darauf an, nach Einbahnstraßen wieder einen neuen Weg zu suchen. „Dabei die Kosten immer im Blick zu behalten, kommt als Herausforderung on top dazu.“Als hilfreich habe er es empfunden, Kontakte zu knüpfen und sich Tipps zu holen – „viel netzwerken!“