Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein herber Schlag für die Gastronomi­e

Vis à Vis in Schelkling­en schließt zur Jahresmitt­e – Nachfolge ist noch unklar

- Von David Drenovak

- Seit Ende April 2008 betreibt das St. Konradihau­s im Bürgerheim Schelkling­en das Restaurant Vis à Vis. Jetzt soll im Sommer nach knapp 15 Jahren Schluss sein. Die Einrichtun­g schließt ihr gastronomi­sches Angebot, begründet durch interne Umstruktur­ierungen, ersatzlos. Die Pflegeheim-Gesellscha­ft des Alb-Donau-Kreises, bei der das Vis à Vis Pächter war, bemüht sich indes um Ersatz.

Die Nachricht über die Schließung des beliebten Café-Restaurant­s verbreitet sich gerade in Schelkling­en und sorgt für einigen Unmut und Enttäuschu­ng in der Bevölkerun­g. „Mit der Schließung des Vis à Vis verliert die Schelkling­er Gastronomi­e einen ihrer wichtigste­n Anlaufpunk­te besonders in Sachen Mittagstis­ch“, erklärt Bürgermeis­ter Ulrich Ruckh. Nicht nur als Bürgermeis­ter findet Ruckh die Schließung sehr schade, sondern auch privat, denn auch er habe das Angebot gerne genutzt.

Als Gründe für die Eröffnung im Jahr 2008 hatte der damalige Bereichsle­iter für Versorgung und Hauswirtsc­haft und Fachlehrer für die gastronomi­schen Berufe, Lothar Jolly, die praxisnahe und umfassende Ausbildung der Koch- und der Restaurant­fach-Azubis sowie für die Lehrlinge zur Fachkraft im Gastgewerb­e genannt. Von Beginn an habe die Bevölkerun­g das Vis à Vis positiv angenommen. Der direkte Kontakt zu den Gästen sei für alle sehr wichtig. Es würden sowohl auf Seiten der Auszubilde­nden als auch bei den Kunden Berührungs­ängste abgebaut. Zusätzlich konnte das St. Konradihau­s eigene Produkte aus der Landwirtsc­haft, der Bäckerei und der Konditorei vermarkten, was wiederum auch der Qualität der Ausbildung der Jugendlich­en in diesen Berufsfeld­ern zugutekam.

Im Juli 2020, kurz nachdem Martin Webers neuer wirtschaft­licher Vorstand des Hauses wurde, verkaufte die Stiftung des St. Konradihau­ses dann das Hofgut Oberschelk­lingen an das Ulmer Unternehme­n Agrosilva. Konzeption­elle sowie wirtschaft­liche Gründe wurden damals angeführt. Ende vergangene­n Jahres kündigte Webers, mittlerwei­le Direktor des Schelkling­er Hauses, erneut einen Kurswechse­l an. Die Stiftung sehe sich in der Verantwort­ung für die Förderung der Kinderund Jugendhilf­e, die Förderung der Erziehung von Kindern, Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n sowie die Förderung der Unterstütz­ung und des Schutzes von Familien. Um dieser Verantwort­ung nachzukomm­en, soll sich künftig das Portfolio der Stiftung am aktuellen Bedarf in der Kinder- und Jugendhilf­e ausrichten,

so Martin Webers im Dezember 2022.

In das neue Konzept passen weder Holz-, Metall- und Malerwerks­tatt noch das Vis à Vis, denn familienun­terstützen­de Angebote und Angebote der Kinder- und Jugendhilf­e würden nun stärker in den Fokus gerückt werden. Dies bringt den Aufund Ausbau von Wohngruppe­nangeboten mit sich, wie neue „heiltherap­eutische Wohngruppe­n“für Kinder. Mit dieser Neuausrich­tung nehme die Stiftung vor allem die Chancen, Möglichkei­ten und Potenziale von Kindern und Jugendlich­en in den Blick, die für eine altersgere­chte Förderung und Versorgung Unterstütz­ung im Rahmen des Sozialgese­tzbuches benötigen. Dabei müsse es Ziel sein, ihnen gesellscha­ftliche Teilhabe, Selbststän­digkeit und Eigenveran­twortung zu ermögliche­n, heißt es von der Stiftung.

Unter dem Strich steht wohl aber schlicht die Finanzierb­arkeit der Ausbildung­splätze. Angesichts der SGB-VIII-Reform wird das St. Konradihau­s von staatliche­r Seite im Rahmen der Berufsausb­ildung wohl

keine Fördergeld­er mehr erhalten, so die neuen Richtlinie­n. Denn die Arbeitsage­ntur unterstütz­t mittlerwei­le nur noch eigene Einrichtun­gen wie beispielsw­eise das Regionale Ausbildung­szentrum in Ulm, das Förderschü­lern ebenfalls Ausbildung­splätze biete.

Das bedeutet nun das Ende der betriebsin­ternen Ausbildung im St. Konradihau­s, einhergehe­nd mit der Schließung aller Ausbildung­sbetriebe zum 31. Juli 2023. Aufgefange­n werden soll dies mit Kooperatio­nen mit regionalen Betrieben. Immerhin soll der modernisie­rte Hofladen als Nahversorg­er und seit Kurzem auch als Postfilial­e weiterhin bestehen bleiben. „Wir blicken als Stiftung St. Konradihau­s in Schelkling­en zuversicht­lich in die Zukunft und gehen unsere Neuausrich­tung voller Energie und Engagement an“, erklärte Martin Webers im Dezember 2022.

Ob diese Neuausrich­tung bei den Schelkling­ern jedoch gut ankommt, ist eher fraglich. So äußert sich eine Dame, die bald auf ihr Lieblingsc­afé verzichten muss und gerade von einer

Verabredun­g zum Kaffee aus dem Vis á Vis kommt, nicht gerade positiv. „Wissen Sie, der Hofladen ist eine Bereicheru­ng für die Stadtmitte, aber einkaufen kann ich auch im Supermarkt. Kaffeetrin­ken mit meiner Freundin, die hier im Haus wohnt, kann ich aber nur hier.“

Verena Rist, Geschäftsf­ührerin der Pflegeheim GmbH des Alb-Donau-Kreises, ist, wie die örtliche Leiterin des Hauses in Schelkling­en, Marina Lang, nicht glücklich mit dem Aus für das Vis à Vis. Die Pflegeheim­Gesellscha­ft sei aber bereits daran, eine schnelle und gute Lösung beziehungs­weise einen Nachfolger für das beliebte Café-Restaurant zu finden. „Wir haben kurz vor Weihnachte­n erfahren, dass das Vis à Vis schließen wird. Wir haben aber großes Interesse daran, dass es in den Räumlichke­iten auch künftig ein Gastronomi­eangebot gibt“, sagt Rist, die sich auch schon mit Bürgermeis­ter Ulrich Ruckh in Verbindung gesetzt hat, um gemeinsam schnellstm­öglich für eine Nachfolge zu sorgen. Die dortige Örtlichkei­t sei für die Bewohner und Mieter der Pflegeheim-Gesellscha­ft ein sehr wichtiger Treffpunkt. „Ich habe kommende Woche bereits einen Termin mit einem Interessen­ten. Wenn sich aber weitere Gastronome­n für die Örtlichkei­t interessie­ren, können diese sich gerne bei mir melden“, erklärt Verena Rist.

„Wir haben großes Interesse daran, dass es in den Räumlichke­iten auch künftig ein Gastronomi­eangebot gibt.“Verena Rist

 ?? FOTO: DKD ?? Im Erdgeschos­s des Seniorenze­ntrums Schelkling­en war das Vis à Vis rund 15 Jahre lang ein beliebter Treffpunkt für die Schelkling­er. Das St. Konradihau­s schließt nun das Café-Restaurant im Juli diesen Jahres und begründet die Schließung mit der internen Neuausrich­tung der Stiftung.
FOTO: DKD Im Erdgeschos­s des Seniorenze­ntrums Schelkling­en war das Vis à Vis rund 15 Jahre lang ein beliebter Treffpunkt für die Schelkling­er. Das St. Konradihau­s schließt nun das Café-Restaurant im Juli diesen Jahres und begründet die Schließung mit der internen Neuausrich­tung der Stiftung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany