Ein herber Schlag für die Gastronomie
Vis à Vis in Schelklingen schließt zur Jahresmitte – Nachfolge ist noch unklar
- Seit Ende April 2008 betreibt das St. Konradihaus im Bürgerheim Schelklingen das Restaurant Vis à Vis. Jetzt soll im Sommer nach knapp 15 Jahren Schluss sein. Die Einrichtung schließt ihr gastronomisches Angebot, begründet durch interne Umstrukturierungen, ersatzlos. Die Pflegeheim-Gesellschaft des Alb-Donau-Kreises, bei der das Vis à Vis Pächter war, bemüht sich indes um Ersatz.
Die Nachricht über die Schließung des beliebten Café-Restaurants verbreitet sich gerade in Schelklingen und sorgt für einigen Unmut und Enttäuschung in der Bevölkerung. „Mit der Schließung des Vis à Vis verliert die Schelklinger Gastronomie einen ihrer wichtigsten Anlaufpunkte besonders in Sachen Mittagstisch“, erklärt Bürgermeister Ulrich Ruckh. Nicht nur als Bürgermeister findet Ruckh die Schließung sehr schade, sondern auch privat, denn auch er habe das Angebot gerne genutzt.
Als Gründe für die Eröffnung im Jahr 2008 hatte der damalige Bereichsleiter für Versorgung und Hauswirtschaft und Fachlehrer für die gastronomischen Berufe, Lothar Jolly, die praxisnahe und umfassende Ausbildung der Koch- und der Restaurantfach-Azubis sowie für die Lehrlinge zur Fachkraft im Gastgewerbe genannt. Von Beginn an habe die Bevölkerung das Vis à Vis positiv angenommen. Der direkte Kontakt zu den Gästen sei für alle sehr wichtig. Es würden sowohl auf Seiten der Auszubildenden als auch bei den Kunden Berührungsängste abgebaut. Zusätzlich konnte das St. Konradihaus eigene Produkte aus der Landwirtschaft, der Bäckerei und der Konditorei vermarkten, was wiederum auch der Qualität der Ausbildung der Jugendlichen in diesen Berufsfeldern zugutekam.
Im Juli 2020, kurz nachdem Martin Webers neuer wirtschaftlicher Vorstand des Hauses wurde, verkaufte die Stiftung des St. Konradihauses dann das Hofgut Oberschelklingen an das Ulmer Unternehmen Agrosilva. Konzeptionelle sowie wirtschaftliche Gründe wurden damals angeführt. Ende vergangenen Jahres kündigte Webers, mittlerweile Direktor des Schelklinger Hauses, erneut einen Kurswechsel an. Die Stiftung sehe sich in der Verantwortung für die Förderung der Kinderund Jugendhilfe, die Förderung der Erziehung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie die Förderung der Unterstützung und des Schutzes von Familien. Um dieser Verantwortung nachzukommen, soll sich künftig das Portfolio der Stiftung am aktuellen Bedarf in der Kinder- und Jugendhilfe ausrichten,
so Martin Webers im Dezember 2022.
In das neue Konzept passen weder Holz-, Metall- und Malerwerkstatt noch das Vis à Vis, denn familienunterstützende Angebote und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe würden nun stärker in den Fokus gerückt werden. Dies bringt den Aufund Ausbau von Wohngruppenangeboten mit sich, wie neue „heiltherapeutische Wohngruppen“für Kinder. Mit dieser Neuausrichtung nehme die Stiftung vor allem die Chancen, Möglichkeiten und Potenziale von Kindern und Jugendlichen in den Blick, die für eine altersgerechte Förderung und Versorgung Unterstützung im Rahmen des Sozialgesetzbuches benötigen. Dabei müsse es Ziel sein, ihnen gesellschaftliche Teilhabe, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu ermöglichen, heißt es von der Stiftung.
Unter dem Strich steht wohl aber schlicht die Finanzierbarkeit der Ausbildungsplätze. Angesichts der SGB-VIII-Reform wird das St. Konradihaus von staatlicher Seite im Rahmen der Berufsausbildung wohl
keine Fördergelder mehr erhalten, so die neuen Richtlinien. Denn die Arbeitsagentur unterstützt mittlerweile nur noch eigene Einrichtungen wie beispielsweise das Regionale Ausbildungszentrum in Ulm, das Förderschülern ebenfalls Ausbildungsplätze biete.
Das bedeutet nun das Ende der betriebsinternen Ausbildung im St. Konradihaus, einhergehend mit der Schließung aller Ausbildungsbetriebe zum 31. Juli 2023. Aufgefangen werden soll dies mit Kooperationen mit regionalen Betrieben. Immerhin soll der modernisierte Hofladen als Nahversorger und seit Kurzem auch als Postfiliale weiterhin bestehen bleiben. „Wir blicken als Stiftung St. Konradihaus in Schelklingen zuversichtlich in die Zukunft und gehen unsere Neuausrichtung voller Energie und Engagement an“, erklärte Martin Webers im Dezember 2022.
Ob diese Neuausrichtung bei den Schelklingern jedoch gut ankommt, ist eher fraglich. So äußert sich eine Dame, die bald auf ihr Lieblingscafé verzichten muss und gerade von einer
Verabredung zum Kaffee aus dem Vis á Vis kommt, nicht gerade positiv. „Wissen Sie, der Hofladen ist eine Bereicherung für die Stadtmitte, aber einkaufen kann ich auch im Supermarkt. Kaffeetrinken mit meiner Freundin, die hier im Haus wohnt, kann ich aber nur hier.“
Verena Rist, Geschäftsführerin der Pflegeheim GmbH des Alb-Donau-Kreises, ist, wie die örtliche Leiterin des Hauses in Schelklingen, Marina Lang, nicht glücklich mit dem Aus für das Vis à Vis. Die PflegeheimGesellschaft sei aber bereits daran, eine schnelle und gute Lösung beziehungsweise einen Nachfolger für das beliebte Café-Restaurant zu finden. „Wir haben kurz vor Weihnachten erfahren, dass das Vis à Vis schließen wird. Wir haben aber großes Interesse daran, dass es in den Räumlichkeiten auch künftig ein Gastronomieangebot gibt“, sagt Rist, die sich auch schon mit Bürgermeister Ulrich Ruckh in Verbindung gesetzt hat, um gemeinsam schnellstmöglich für eine Nachfolge zu sorgen. Die dortige Örtlichkeit sei für die Bewohner und Mieter der Pflegeheim-Gesellschaft ein sehr wichtiger Treffpunkt. „Ich habe kommende Woche bereits einen Termin mit einem Interessenten. Wenn sich aber weitere Gastronomen für die Örtlichkeit interessieren, können diese sich gerne bei mir melden“, erklärt Verena Rist.
„Wir haben großes Interesse daran, dass es in den Räumlichkeiten auch künftig ein Gastronomieangebot gibt.“Verena Rist