Wärme für fünf bis sieben Stunden
Mit Kleinigkeiten etwas bewirken – Dosenkerzen aus Riedlingen für die Ukraine
- Unvorstellbar ist es für einen großen Teil der Menschen in und um Riedlingen, keinen Strom zu haben, kein Gas. Nicht zum Kochen, nicht zum Heizen, nicht um Licht zu machen. So geht es jedoch vielen Menschen in der Ukraine, mitten im Winter. Eine kleine Abhilfe für eine gewisse Zeit bieten ihnen Kerzen. Dosenkerzen. Überall in Deutschland werden die aktuell hergestellt, aus einfachsten Mitteln. Auch in Riedlingen. In Sammelcontainern können Dosen und Kerzenreste abgegeben werden.
Mehr als 250 solcher Heiz- und Leuchtmittel haben Helmut Frankenhauser und Christina Urban – beide arbeiten mit im Freundeskreis Freunde für Fremde – mit Hilfe mehrerer Ukrainerinnen und Ukrainer seit November gegossen und verschickt. Über Rückmeldungen aus der Ukraine bekämen sie viel Dank, sagen sie übereinstimmend. Besonders die Soldaten dort seien froh über diese kleinen Hilfsmittel, die für fünf bis sieben Stunden Wärme spenden. Mit Hilfe von zwei Ziegelsteinen rechts und links der Dose können sie sogar als
Herd verwendet werden. Und Anastasia, eine der Helferinnen, ergänzt: „Für euch sind das Soldaten; für uns sind das unsere Väter, Brüder, Ehemänner, Verwandten.“
Durch Freunde in NordrheinWestfalen wurde Christina Urban aufmerksam auf diese einfach herzustellenden, wirkungsvollen und überaus willkommenen Notbehelfe für die unter dem Krieg leidenden Menschen. In einigen hier untergekommenen ukrainischen Familienmitgliedern fand sie Unterstützung; zusammen mit Helmut Frankenhauser übernahm sie selbst die Leitung der Produktion.
Für diese Wärme- und Lichtquellen wurden nach mehreren Aufrufen Wachs und Dosen gesammelt. Das Wachs wird eingeschmolzen. Helmut Frankenhauser benützt dazu einen großen Kochtopf und eine Induktionsplatte. Aus dem so verflüssigten Wachs müssen per Pinzette die Dochte, die Metallplättchen, die Aufkleber, größere Gold- und Silberflitter herausgefischt werden. Dann wird Wellpappe mit vielen Innenkammern in Streifen geschnitten, diese mehrfach ziehharmonika-artig gefaltet und dicht an dicht in Dosen gesteckt. Ein
etwas längerer Dochtstreifen kommt in die Mitte. Mit einem Suppenschöpfer wird das auf etwa 70 Grad abgekühlte Wachs eingefüllt. Sorgfältig. Alle Kammern müssen voll sein. Die ersten 50, sagt Helmut Frankenhauser,
hätte er in der Küche produziert, sei dann jedoch auf die Garage ausgewichen: „Den Wachsgeruch hab ich nicht mehr aus dem Haus gekriegt.“
Auch Christina Urban hat mit der Produktion in der eigenen Küche begonnen.
Das Geschmier und der Gestank des Wachses zwangen sie ebenfalls ins Freie. Sie arbeitet mit ihren Helfern jedoch mit einem großen Feuer in der Feuerschale. Sobald ordentlich Glut entstanden sei, sagt sie, wird der Kochtopf mit dem Wachs daraufgestellt. Mehrere Arbeitsschritte seien notwendig, sehr zeitaufwendig gestalte sich die Produktion. Daher arbeite sie gerne mit ihren verschiedenen Helfern zusammen: „Das macht einfach mehr Spaß.“
Mehrmals pro Woche produzieren sie in zwei Gruppen – wenn genügend Wachs da ist. Und das ist aktuell ein Problem. Eigentlich, war der Gedanke, müssten nach der Weihnachtszeit die beiden Container doch voller Kerzenreste sein. Leider erleben sie gerade das Gegenteil: Ihnen geht das Wachs aus. Daher bitten die für die Produktion der Dosenkerzen Verantwortlichen die Menschen in und um Riedlingen um Hilfe.
An zwei Orten stehen die Sammelcontainer für Kerzen und Kerzenreste, für Dosen: im Vorraum der evangelischen Kirche und in der Einfahrt zwischen Nummer 17 und 19 der Sebastian-Sailer-Straße in Riedlingen. Wachsreste aller Art werden hier gesammelt. Dosen sollten breiter als hoch sein, 400 bis 800 Gramm fassen. „Leberwurstdosen“seien ideal, oder solche, die Mais oder Erbsen enthalten hätten, sagen die Produzenten der Dosenkerzen.