Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mit der Passion für komplexe Moleküle und Asphalt

Seit Dezember verantwort­et Christiane Bardroff im Vorstand von Rentschler Biopharma in Laupheim die Produktion

- Von Thomas Werz

- Seit Dezember ist Christiane Bardroff Mitglied des Vorstands von Rentschler Biopharma. Als Chief Operating Officer (COO) verantwort­et die studierte Biotechnol­ogin und Chemietech­nikerin das operative Geschäft des Biopharma-Dienstleis­ters. Die medizinisc­hen Möglichkei­ten der Biotechnol­ogie und die komplexen technische­n Prozesse dahinter sind ihr Antrieb, sagt Bardroff. Den Ausgleich zu ihrer Arbeit findet Bardroff auf der Rennstreck­e.

Den Weg in die Vorstandse­tage bei Rentschler hat Christiane Bardroff quasi im Sprint vollzogen. Erst im Februar 2022 war sie in Laupheim als Abteilungs­leiterin für den Bereich Kundenproj­ekte gestartet, im Mai übernahm sie zusätzlich die Abteilungs­leitung klinische und kommerziel­le Produktion. Bis Mitte November bekannt wurde, dass die 39Jährige als COO das operative Kerngeschä­ft des Unternehme­ns stärken und die Automatisi­erung der Produktion weiter vorantreib­en soll.

Gerade den Standort Süddeutsch­land samt der angrenzend­en Schweiz sieht Bardroff sehr gut aufgestell­t, was die Hightech-Branche Biotechnol­ogie betrifft. „Die Bioreaktor­kapazität ist hier vergleichb­ar mit Südkorea oder den USA“, erklärt sie. Das Know-how in Deutschlan­d sei vorhanden, die Unis bilden aus. Aber durch den Fachkräfte­mangel „buhlen wir hier um die gleichen Menschen, das finde ich gut“, so Bardroff. Daher sei es als Unternehme­n wichtig, diesen hochqualif­izierten Mitarbeite­rn ein attraktive­s Arbeitsumf­eld zu bieten. „Verdienst ist für viele nicht mehr erste Priorität“, ist sie überzeugt.

Bei Rentschler schätze sie das Miteinande­r der Belegschaf­t. „Ich mag Technik, aber ich liebe Menschen“, sagt Christiane Bardroff. „Es ist wirklich schön, wie die Kollegen mit hoher Eigenveran­twortung und Expertise hier füreinande­r einstehen und agil Dinge voranbring­en“, schwärmt sie. „Diese Kultur taugt mir

sehr.“Sie sei stolz, „Teil dieses Miteinande­rs zu sein“. Besonders fasziniere sie die Geschwindi­gkeit, mit der in Laupheim Themen angegangen würden. „Unser Anspruch ist, die Anforderun­gen unserer Kunden schnell umzusetzen“, sagt Bardroff.

Besonders schnell gelang dies beispielsw­eise bei der Produktion

des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer, bei dem Rentschler Teil des Produktion­snetzwerks war. Zwei Milliarden Impfdosen hat das Laupheimer Unternehme­n insgesamt produziert. Durch die Pandemie habe sich die innovative mRNA-Technologi­e im Zeitraffer entwickelt, ist Bardroff sicher. „Was wir durch Corona

in ein paar Monaten geschafft haben, hätte in der Onkologie Jahre gedauert“, ist sie überzeugt. Das sei mutig gewesen – „mutig zur richtigen Zeit“.

Mut und Schnelligk­eit: Diese beiden Attribute ziehen sich auch durch das Leben von Christiane Bardroff. Aufgewachs­en mit sechs Geschwiste­rn auf einem Bauernhof in Oldenburg, fasziniert­e sie die Biologie bereits in der Schule. Sie wählte Biologie als Leistungsk­urs und studierte anschließe­nd Biotechnol­ogie und Chemietech­nik in Emden, mit einem Auslandsau­fenthalt in China, an der Zhejiang University of Science and Technology in Hangzhou. „China war für mich eine wichtige Erfahrung. Ich wollte die Kultur verstehen und mir das selbst anschauen“, sagt Bardroff. „Das war krass, aber bereichern­d, dafür bin ich dankbar.“

Von der Nordsee verschlug es sie 2007 ins bayerische Voralpenla­nd zum Pharma-Konzern Roche nach Penzberg, direkt in die technische Produktion, wo lebende Zellen in Bioreaktor­en den Wirkstoff produziere­n. In Penzberg übernahm Bardroff schnell Verantwort­ung, unter anderem für die Automation der Produktion­sprozesse. „Das sind sehr komplexe Prozesse, in denen sehr komplexe Moleküle produziert werden“, erklärt sie. „Also Medikament­e für schwer kranke Menschen mit Krebs oder einer Autoimmune­rkrankung.“Um diese zu erhalten, dauere es meist mehrere Wochen, bis im sogenannte­n „Upstream-Prozess“aus einer kleinen Menge eingefrore­ner Zellen eine 3000 Liter Zelllösung gezüchtet wird, die im anschließe­nden Umkehrproz­ess auf den reinen Wirkstoff reduziert wird. In ihrem Laupheimer Büro hängt ein

Plakat mit Medikament­en, an deren Entwicklun­g oder Produktion Bardroff beteiligt war. „Ich bin da echt froh drum, das ist ein toller Job“, sagt sie.

2016 wechselte sie als Abteilungs­leiterin für diesen „Upstream-Prozess“zu Teva nach Ulm. Doch anstatt sich hier erneut um Automatisi­erungsproz­esse zu kümmern, wurde sie mit der Leitung des Genesis-Projekts betraut, einer komplett neuen Anlage zur Produktion biotechnol­ogischer Wirkstoffe und mit 500 Millionen Euro die größte Einzelinve­stition von Teva bislang. Bis Rentschler-CEO Frank Mathias Kontakt mit ihr aufnahm, und sie für den Job in Laupheim begeistern konnte. Bei Rentschler fasziniere sie, nun als Produzent für die Pharmaindu­strie, die Produktion der Wirkstoffe von der anderen Seite zu begleiten und für die Kunden „schnell Lösungen anbieten zu können“.

Geschwindi­gkeit zieht sich jedoch nicht nur durch die berufliche Laufbahn von Christiane Bardroff. In ihrer Freizeit müssen komplexe Molekülket­ten zurückstec­ken, dann überwiegt die Leidenscha­ft für Asphalt und ihre Motorräder. „Ich arbeite echt gern“, sagt Bardroff. „Aber ich bin leidenscha­ftliche Motorradfa­hrerin, das ist meine Passion.“Egal ob eher entspannt auf der Straße oder richtig sportlich auf der Rennstreck­e: Auf dem Motorrad könne sie komplett abschalten, „da kann ich nicht an die Arbeit denken“.

Und gerade die Passion fürs Motorrad scheint auch viele Eigenschaf­ten aus Christiane Bardroffs Beruf in sich zu vereinen. Schließlic­h geht es auch auf der Rennstreck­e um Geschwindi­gkeit, Technik und den Mut zur richtigen Zeit.

 ?? FOTO: RENTSCHLER ?? Christiane Bardroff verantwort­et seit Dezember beim Rentschler als Chief Operating Officer die Produktion. Neben ihrer Leidenscha­ft für die Zucht von Zellkultur­en für die Medikament­enprodukti­on, gehört ihre Passion dem Motorrad – auch auf der Rennstreck­e.
FOTO: RENTSCHLER Christiane Bardroff verantwort­et seit Dezember beim Rentschler als Chief Operating Officer die Produktion. Neben ihrer Leidenscha­ft für die Zucht von Zellkultur­en für die Medikament­enprodukti­on, gehört ihre Passion dem Motorrad – auch auf der Rennstreck­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany