„Wäre ich doch einfach umgezogen“
Mitangeklagter belastet tatverdächtiges Ehepaar im Prozess zum Doppelmord von Altenstadt
- Der dritte Verhandlungstag im Prozess zum Doppelmord von Altenstadt vor dem Landgericht Memmingen startete mit Schwierigkeiten. Zuerst fehlte die Angeklagte, danach erschien die als Sachverständige geladene Mitarbeiterin des Landeskriminalamts (LKA) München nicht. Der Prozess musste unterbrochen werden. Der Vorsitzende Richter Bernhard Lang verhängte eine Ordnungsstrafe gegen die fehlende Sachverständige. Im Mittelpunkt des dritten Prozesstages stand erneut die Aussage des damaligen Freundes des tatverdächtigen Ehepaares, der nun der Beihilfe zum zweifachen Mord angeklagt ist.
Bei der Tat im April 2023 war Monika O., die 55-jährige Besitzerin eines Spielwarengeschäfts in Laupheim, mit 44 Messerstichen in ihrem Haus in Altenstadt getötet worden. Ihr 70-jähriger Ehemann Karl O. wurde erstickt. Die Eheleute befanden sich zum Tatzeitpunkt
im Bett. Tatverdächtig sind der Sohn des Getöteten und seine Ehefrau. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es bei der Tat um die Schenkung eines Hauses von Karl O. an seinen Sohn ging, die rückabgewickelt werden sollte.
Bereits am Vortag hatte der 32jährige Mitangeklagte aus Albstadt geschildert, dass er sowohl in die Beschaffung einer Waffe als
auch bei der Erfindung eines Alibis involviert war.
Allerdings sei es lediglich darum gegangen, das spätere Oper einzuschüchtern. Von einer Tötung sei nie die Rede gewesen, beteuerte der 32-Jährige.
Die Stellungnahme des Mitangeklagten war an die Bedingung gekoppelt, Fragen dazu nur nach schriftlicher Vorlage an ihn und seine Anwälte zuzulassen.
Was wusste der Mitangeklagte über die Ursache der schweren familiären Verwerfungen? Hintergrund war wohl die Weigerung des Vaters, für Renovierungskosten eines Hauses aufzukommen, welches er seinem Sohn geschenkt hatte. Es folgte ein Rechtsstreit, in dem auch die Möglichkeit einer Rücknahme dieser Schenkung in Betracht gezogen wurde. Laut dem 32-jährigen Mitangeklagten soll der tatverdächtige Patrick O. ihm gegenüber geäußert haben, dass der Vater damit drohe, die Familie auf die Straße zu setzen. Im Gegenzug kündigte der Sohn die Entziehung des Enkelkindes an. Der Vorsitzende Richter zitierte bei Gericht aus einem Chatverlauf zwischen dem 38-jährigen Patrick O. und dem Mitangeklagten, der erahnen lässt, welch tiefe Gräben sich zwischen Vater und Sohn aufgetan hatten.
In seiner Antwort auf die schriftlich gestellten Fragen des Vorsitzenden Richters machte der 32-Jährige auch weitere Angaben
zu den Geschehnissen am Morgen nach der Tat. Laut Anklage hatte das tatverdächtige Ehepaar den Mitangeklagten vor der Tat in Albstadt besucht und war dann mit dessen Auto in der Nacht nach Altenstadt gefahren, um den Mord zu begehen. Der Mann aus Albstadt habe währenddessen auf das zweijährige Kind der Tatverdächtigen aufgepasst.
Wie der 32-jährige Mitangeklagte nun mitteilte, sei Patrick O. nach seiner Rückkehr völlig aufgebracht gewesen und habe am ganzen Leib gezittert. Er soll geäußert haben, dass es nicht so gelaufen sei wie geplant und nicht mehr wie Selbstmord aussehe. Zudem soll Patrick O. diesen Satz gesagt haben: „Wäre ich doch einfach umgezogen.“Er soll auch Sorge gehabt haben, an einem Türrahmen Spuren hinterlassen zu haben.
Die zweite Tatverdächtige Julia O. hingegen sei laut dem 32-Jährigen eher ruhig gewesen. Er habe das Gefühl gehabt, dass die 33Jährige ihren Mann daran hindern wollte, mehr zu erzählen.
Trotz dieser Schilderungen behauptet der Mitangeklagte, zu diesem Zeitpunkt nichts von dem Tötungsdelikt geahnt zu haben. Erst als später von der Entsorgung von blutigen Pullis die Rede war, sei ihm klar geworden, dass etwas Schreckliches passiert ist. Als die Polizei ihn wenig später verhört habe, hätte er dann erfahren, dass der Vater von Patrick und seine Ehefrau getötet worden seien. Weitere Fragen von Richter Bernhard Lang zielten auch darauf ab, ob der Mitangeklagte mehr wusste, als er nun sagt. So stellte er sein Fahrzeug am Tattag zur Verfügung und löschte die gemeinsamen Chatverläufe.
Von der früheren Freundschaft der Angeklagten war in der Verhandlung nichts mehr zu spüren. So vermieden sie jeglichen Blickkontakt. Patrick O. saß mit dem Rücken zu seiner Frau, das Gesicht vom Publikum abgewandt. Die Beweisaufnahme wird nächste Woche fortgesetzt.