Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Acht Jahre Haft im Prozess zur Auto-Attacke

Der Richterspr­uch sorgt für tumultarti­ge Szenen vor dem Landgerich­t Ulm

- Von Verena Pauer

- Acht Jahre Haft lautet das Urteil des Landgerich­ts Ulm im Fall der Auto-Attacke von Ehingen. Das Gericht sieht den versuchten Mord, gefährlich­e Körperverl­etzung und einen gefährlich­en Eingriff in den Straßenver­kehr als gegeben an. Im Anschluss an die Verkündung des Urteils kam es noch vor dem Gerichtssa­al und schließlic­h vor dem Gebäude in der Olgastraße in Ulm zu lautstarke­n Auseinande­rsetzungen zwischen der Familie des Angeklagte­n und der des Opfers und Nebenkläge­rs. Besonders der Bruder des Angeklagte­n und das Opfer lieferten sich Wortgefech­te. Justizbeam­te mussten eingreifen und die beiden Familien auseinande­rhalten.

Es ist ein Familienst­reit, der weiterhin nicht beendet scheint – und im vergangene­n Juli seinen vorläufige­n Höhepunkt erreichte. Nach längeren Streiterei­en zwischen den beiden Familien war es an dem Tag zu mehreren gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen gekommen. Diese gipfelten schließlic­h darin, dass der Angeklagte einen der Männer aus der verfeindet­en Familie am Abend mit seinem Auto auf dem Parkplatz des McDonald’s in Ehingen absichtlic­h überfahren haben soll. Den Vorwurf des Mordversuc­hs sieht das Gericht nun nach mehreren Verhandlun­gstagen als erwiesen an.

„Uns ist bewusst, dass wir nicht alle Einzelheit­en des Sachverhal­ts kennen“, sagte der vorsitzend­e Richter Wolfgang Tresenreit­er bei der Urteilsver­kündung. Die Beteiligte­n

hätten jedoch auch immer wieder Dinge verschwieg­en. Er spricht von einer „nicht entspannte­n Situation“zwischen den Familien aufgrund einer Ehetrennun­g zwischen zwei Mitglieder­n der jeweiligen Familie. Die Aussagen des Angeklagte­n, aus einem Bedrohungs­gefühl heraus gehandelt zu haben, sieht er als falsch an. Zeugenauss­agen würden belegen, dass der Angeklagte den Geschädigt­en gezielt umgefahren hat, als dieser zum Eingang des McDonald’s gehen wollte.

Auch die Behauptung­en des Angeklagte­n, auf dem Weg vom oder zum Fitnessstu­dio bedroht worden zu sein, seien falsch. Dazu habe er zu viele unterschie­dliche Versionen erzählt, mit einer variierend­en Zahl an Verfolgern und unterschie­dlicher Örtlichkei­ten.

Aus Bewegungsd­aten des Handys und Chatnachri­chten gehe außerdem hervor, dass der Angeklagte wusste, dass sein Bruder zu der Zeit bei der Polizei in Sicherheit gewesen ist und nicht mit ihm – wie behauptet – trainieren gehen wollte. „Wir gehen davon aus, dass Sie das taten, um Rache zu nehmen“, sagte deshalb auch Tresenreit­er. Der Angeklagte habe sich auf dem Weg zum Wohnort seines Bruders befunden und sich auf der B311 spontan für den Abstecher entschiede­n. „Mit gutem Willen sind Sie nicht auf den Parkplatz gefahren.“

Der 24-Jährige sei gezielt mit Maximalbes­chleunigun­g auf sein Opfer zugefahren. „Man nimmt in Kauf, dass er zu Tode kommt“, sagte Tresenreit­er. Das Gericht geht deshalb von einem versuchten Tötungsdel­ikt

aus, das heimtückis­ch begangen wurde, mit dem Auto als Tatwaffe. Auch niedere Beweggründ­e sah das Gericht im Motiv der Rache gegeben. Dabei habe der Angeklagte bewusst versucht, „das staatliche Gewaltmono­pol zu umgehen“und die Todesstraf­e verhängt, so Tresenreit­er. Auch an die Familie des Opfers und Nebenkläge­rs richtete er sich dabei mahnend: „Sowas macht man einfach nicht.“

Zugute komme dem Angeklagte­n, dass er nicht vorbestraf­t sei und die Tat eingeräumt habe. Außerdem sei er relativ jung und deshalb vielleicht noch emotionale­r. Auch habe es für die Tat keine lange Vorplanung gegeben.

Der Angeklagte kann innerhalb einer Woche Revision gegen das Urteil einlegen.

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