Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Blutige Nase und unerfüllte­r Traum

Das erste offizielle Weltcup-Fliegen der Skispringe­rinnen verläuft spektakulä­r

- Von Patrick Reichardt

(dpa) - Blutige Nase und Tränen bei Weitenjäge­rin Silje Opseth, enttäuscht­e Miene bei Dreifach-Weltmeiste­rin Katharina Schmid: Das erste Skif liegen in der Weltcup-Geschichte der Frauen hinterließ emotional und körperlich Spuren. Im Mittelpunk­t stand die Norwegerin Opseth, die im Probedurch­gang nach 236,5 Metern kopfüber stürzte und danach schwer gezeichnet war. „Sie sah aus wie eine Boxerin nach einem Kampf“, beschrieb Schmid, früher Althaus, ihre Kollegin am Sonntag ohne jede Übertreibu­ng.

Doch die 24 Jahre alte Opseth ließ sich in der Folge nicht entmutigen und sprang später im Finale ohne Sturz 230,5 Meter – diesmal zählte der Frauen-Weltrekord. „Mir bedeutet das die Welt. Das war mein Ziel für die Saison, an einem Tag wie heute so abzuliefer­n“, sagte Opseth, die vor allem an der Nase und an der Stirn Schürfwund­en davon trug.

Erst kopfüber in den Schnee, dann verletzt zur weiteren Bestmarke: Für Opseth war es ein denkwürdig­er Tag. „Ich fühle mich in Ordnung, ich habe keine schlimmere­n Verletzung­en. Das war ein wilder Tag. Das ist einfach atemberaub­end“, sagte die Norwegerin. „Heute bin ich sehr glücklich und zufrieden, besonders nach dem Sturz im Probedurch­gang.“Beim Versuch auf 236,5 Meter sprach ZDF-Experte Severin Freund von „einer wahnsinnig­en Marke“, die leider nicht funktionie­rt habe.

Dass die Slowenin Nika Prevc (19 Jahre) und der Österreich­er Stefan Kraft (30) ihre Triumphe im Gesamtwelt­cup perfekt machten, wurde angesichts des Spektakels auf der riesigen Anlage fast zur Nebensache. Prevc reichte beim Sieg der Norwegerin Eirin Maria Kvandal Rang der elfte Platz. Kraft dagegen flog im Männer-Wettbewerb in einem Durchgang 244 Meter weit und sicherte sich einen weiteren Einzelsieg. Nach 2016/17 und 2019/20 gewann der Österreich­er

zum dritten Mal das Gelbe Trikot. Am Nachmittag wurde Kraft im zweiten Einzel hinter Landsmann Daniel Huber Zweiter und sicherte sich damit auch noch den mit 40.000 Euro dotierten Gesamtsieg bei der Raw-Air-Tour. Andreas Wellinger belegte am Sonntag die Ränge sechs und neun.

Während sich Kraft ein weiteres großes sportliche­s Ziel erfüllte, muss Deutschlan­ds Top-Athletin Schmid weiter auf einen Lebenstrau­m warten. Ihre 195 Meter im zweiten Sprung reichten zwar für Tagesrang vier, doch mit den 200 Metern sollte es wie im Vorjahr nicht klappen. „Ich bin zum ersten Mal wirklich ins Fliegen gekommen. Das hat sich wirklich nach Fliegen angefühlt. Die 200 Meter waren mir leider noch nicht vergönnt, aber jetzt habe ich endlich mal das Gefühl von Fliegen gehabt“, sagte Schmid, die sich im Auslauf über die verpasste Marke ärgerte und mit den Fingern zeigte, wie wenig ihr dafür fehlte. Es ist bislang unklar, ob die 27-Jährige ihre Karriere über diesen Winter hinaus fortsetzt – erst in der nächsten Saison gäbe es wieder die Möglichkei­t zu f liegen.

Das Wochenende von Vikersund zeigte aber auch, wie weit der Weg zur Gleichbere­chtigung noch ist. Während das MännerEinz­el vom Samstag nachgeholt wurde, wurde das abgesagte Frauen-Einzel ersatzlos gestrichen.

Im Vorjahr waren die Springerin­nen überhaupt erstmals auf einer Flugschanz­e gestartet. Das Springen im März 2023 zählte aber nicht zum Weltcup. Sportlich ist trotz Ausreißern wie den Flügen von Opseth noch Luft nach oben: Nur sieben der 34 Versuche der Sportlerin­nen gingen am Sonntag auf oder über die 200-Meter-Marke.

 ?? FOTO: GEIR OLSEN/DPA ?? Die noch von ihrem Sturz im Probedurch­gang gezeichnet­e Norwegerin Silje Opseth (re.) stellte dann im Finale in Vikersund mit 230,5 Metern eine neue Frauen-Bestmarke im Skifliegen auf. Den Tagessieg holte sich aber ihre Landsfrau Eirin Maria Kvandal (li.).
FOTO: GEIR OLSEN/DPA Die noch von ihrem Sturz im Probedurch­gang gezeichnet­e Norwegerin Silje Opseth (re.) stellte dann im Finale in Vikersund mit 230,5 Metern eine neue Frauen-Bestmarke im Skifliegen auf. Den Tagessieg holte sich aber ihre Landsfrau Eirin Maria Kvandal (li.).

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