Aus für geplantes Frauenhaus im Alb-Donau-Kreis
Lange Bearbeitungszeit zwingt Projekt in die Knie - Landrat spricht von „bitterer Entscheidung“
- Der Frust sitzt tief. Mehr als vier Jahre haben sich Alexandra Stork und ihr Team dafür eingesetzt, ein Frauenhaus mit besonderem Konzept im Alb-Donau-Kreis zu realisieren. Doch das Projekt der Caritas Ulm-Alb-Donau wurde nun auf Eis gelegt.
Bei der Caritas heißt es aktuell „Scherben zusammenkehren“und sich mit der Entscheidung abzufinden. „Wir haben unheimlich viel Mühe und Energie in das Vorhaben investiert“, sagt Caritas-Regionalleiterin Alexandra Stork über das geplante neue Schutzhaus für Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Es hätte ein Vorzeigeprojekt werden sollen. Denn normalerweise wird die Adresse eines Frauenhauses geheimgehalten, um die dort untergebrachten Frauen zu schützen. Um das Thema Gewalt gegen Frauen aus der Tabuzone zu holen, gibt es deutschlandweit aber auch immer mehr Frauenhäuser, die eben nicht anonym gehalten werden - trotzdem aber natürlich durchaus geschützt, etwa durch Videoüberwachung oder eine Sicherheitsschleuse. Solch eines sollte auch im Alb-Donau-Kreis entstehen.
Ein entsprechendes Grundstück hatte die Caritas in Blaustein bereits als Erbbaupacht erworben. Ein Neubau mit sieben Plätzen für Frauen plus deren Kinder sowie drei weitere anonyme Schutzwohnungen war geplant. Seit Antragsstellung im November 2020 jedoch kamen
für die Caritas immer neue Herausforderungen auf, wie einen detaillierten Bauplan zu erstellen. Im Oktober 2023 sei dann zwar endlich der Bewilligungsbescheid eingetrudelt, jedoch mit einer Zusage für einen deutlich geringeren Kostenanteil. Auch die Baukosten hätten sich mit den Jahren erheblich gesteigert. Hinzu kommt, dass das entsprechende Investitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“zum Ende des Jahres ausläuft.
Damit, sagt Alexandra Stork, sei das finanzielle Risiko endgültig zu groß geworden. Der Eigenanteil
der Caritas hätte sich von rund 35.000 Euro auf rund 900.000 Euro erhöht. „Damit ist das finanzielle Risiko für die Caritas nicht mehr tragbar“, so Stork.
Die Caritasleiterin ist sich sicher: Hätte die zuständige Behörde - das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben - den Antrag schneller bearbeitet, stände man heute woanders. Mit dem entsprechenden Investitionsprogramm wären die Kosten tragbar gewesen. Doch da das Programm wie erwähnt ausläuft, hätte der Neubau bis Dezember 2024 komplett fertiggestellt werden müssen.
„Dass der geplante Neubau des Frauenhauses der Caritas UlmAlb-Donau aufgrund des Kostenrisikos nun nicht zustande kommt, ist eine nachvollziehbare Entscheidung. Aber sie ist bitter“, betont Landrat Heiner Scheffold. Das Konzept sei innovativ und überzeugend gewesen. „Für uns als Kreisverwaltung war immer klar, dass wir das Frauenhaus nach seiner Fertigstellung im Rahmen der Investitionskosten und des Risikoausgleichs bei der Belegung im laufenden Betrieb unterstützen. Nun kommt es aufgrund der fehlenden Baufinanzierung leider nicht dazu“, sagt
Landrat Heiner Scheffold. Durch die „defizitäre Haushaltslage“des Kreises sei es ihm jedoch auch nicht möglich, für die fehlende Bundesförderung einzuspringen.
„Ich bin fassungslos“, sagt Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer über das Aus des geplanten Frauenhauses im Kreis. „Auch in unserer Region fehlt es an Frauenhausplätzen, dem wollte man mit dem Projekt entgegentreten. Es kann nicht sein, dass Deutschland den internationalen Vorgaben zum Schutz von Frauen nicht hinreichend nachkommt“, betont sie. Schutz für Frauen soll und wird es natürlich auch ohne das neue Frauenhaus in der Region weiterhin geben, betont Alexandra Stork. „Es wird also keine Versorgungslücke entstehen“, so die Caritasleiterin. Immerhin habe man ja einzelne anonyme Immobilien im Kreis für derartige Notlagen.
„Es ist leider bittere Realität, dass Schutzräume für Frauen und ihre Kinder auch bei uns notwendig sind und es immer noch zu wenige Plätze gibt“, sagt GrünenBundestagsabgeordneter Marcel Emmerich. „In der aktuell prekären Haushaltslage ist es leider kaum möglich, seriös finanzielle Zusagen für 2025 zu machen“, so Emmerich.
Dennoch hoffe er, dass auch über die Interimsnutzung einer Immobilie des Kreises hinaus eine Lösung für das Schutzhaus gefunden wird. Für Alexandra Stork und ihr Team ist das Projekt Frauenhaus-Neubau jedenfalls vom Tisch. „Jetzt heißt es Scherben zusammenkehren und die Entscheidung sacken lassen“, so die Regionalleiterin.