Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der Wert des Waldes

CDU warnt vor hohen Kosten der Nationalpa­rk-Erweiterun­g

- Von Katja Korf

- Baden-Württember­gs einziger Nationalpa­rk soll größer werden. Doch kostet das zu viel Steuergeld? Das fürchtet die CDU und mahnt zu genauer Prüfung. Die Grünen halten die Sorge für unbegründe­t und wittern politische Manöver beim Koalitions­partner. Worum es geht.

Warum soll der Nationalpa­rk wachsen – und wie?

Der 10.000 Hektar große Nationalpa­rk besteht aus zwei Arealen im Nordschwar­zwald. Grüne und SPD schufen den Park 2014 in ihrer gemeinsame­n Regierungs­zeit als ersten und weiterhin einzigen in Baden-Württember­g.

Die CDU war damals nicht per se gegen den Nationalpa­rk, warf Grün-Rot aber vor, die Interessen von Waldbesitz­ern und Bürgern vor Ort nicht ausreichen­d zu berücksich­tigen sowie keine klaren Kostenkalk­ulationen zu haben. Seit 2016 regiert die CDU als Juniorpart­ner mit den Grünen. Bei der Neuauflage des Bündnisses 2021 vereinbart­e man, den Nationalpa­rk weiterzuen­twickeln und beide Teile zu vereinen.

Als Gründe dafür führt das Land einige Argumente an, die auch Ökologen untermauer­n. Unter anderem erreicht der Park die internatio­nal geforderte Größe von 10.000 Hektar nur knapp. Außerdem soll der Park der Natur Raum lassen, um sich vor allem in der streng geschützte­n Kernzone ungestört zu entwickeln. Dazu müsse der Park aber möglichst aus einer zusammenhä­ngende Fläche bestehen. In einem Dialog mit Bürgern und Interessen­gruppen vor Ort entwickelt die Landesregi­erung dazu Pläne.

Welche Probleme gilt es dabei ●

zu lösen und wie ist der aktuelle Stand?

Das drängendst­e Problem: Der Wald zwischen den Nationalpa­rk-Teilen gehört größtentei­ls der Murgschiff­erschaft. Die Genossensc­haft wurde im 15. Jahrhunder­t gegründet und bewirtscha­ftet rund 5500 Hektar Wald. 2900 Hektar davon liegen rund um die Gemeinde Hundsbach in der Zone, die künftig zum Nationalpa­rk gehören soll.

Außerdem gehören dem Land 54 Prozent der Anteile an der Genossensc­haft. Das bringt auf Grund des Stimmrecht­s allerdings keine Mehrheit bei Entscheidu­ngen.

Wie ist der Stand?

Die Murgschiff­erschaft und das Umweltmini­sterium von Thekla Walker (Grüne) haben ein Memorandum of Understand­ing unterzeich­net. Demnach sollen die von der Parkerweit­erung betroffene­n Waldfläche­n wertgleich getauscht werden – das Land will der Schiffersc­haft also Flächen aus dem Staatswald als Ausgleich übertragen. Eine wichtige Frage ist aber bislang unbeantwor­tet: Wie viel sind die Flächen überhaupt wert? Denn klar ist bereits: Es geht nicht um ein gleich großes, sondern ein gleich ertragreic­hes Areal. Außerdem will das Land seine Genossensc­haftsantei­le an die Murgschiff­er verkaufen. Zu welchem Preis, ist aber noch offen.

Was kritisiert die CDU? Sowohl die Fraktion im Landtag als auch Forstminis­ter Peter Hauk betonen: Sie stehen zu der

Erweiterun­g des Nationalpa­rks, diese sei schließlic­h mit den Grünen vereinbart. Allerdings seien entscheide­nde Fragen noch offen – vor allem, wie viel Geld die Erweiterun­g am Ende koste. „So ist die Ausgestalt­ung der zukünftige­n Nationalpa­rkflächen, deren Umfang oder wie viele finanziell­e Ressourcen benötigt werden noch unklar. Es gibt also noch viele Herausford­erungen. Hierzu sind wir in konstrukti­ven Gesprächen“, sagte Hauk der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Zum einen ist noch unklar, welchen Wert man für die Genossensc­haftsantei­le des Landes ansetzt. Der Beteiligun­gsbericht des Landes nennt dafür rund 32 Millionen Euro, als Erlös fließen pro Jahr rund eine Million aus der Genossensc­haft in Baden-Württember­gs Kassen. Allerdings liegt der tatsächlic­he Wert der Anteile wohl deutlich darüber, ein erstes Gutachten beziffert diesen auf 25 bis 75 Millionen Euro. Für die Murgschiff­erschaft ist ein Deal mit dem Land vor allem dann interessan­t, wenn sie die Anteile möglichst günstig zurückkauf­en kann. Raimund Haser, Naturschut­zpolitiker der CDU im Landtag, warnt davor, sich auf einen zu schlechten Preis einzulasse­n. „Es geht um Steuergeld aus Baden-Württember­g. Das verpflicht­et uns dazu, genau darauf zu achten, dass die Gelder einen entspreche­nden naturschut­zfachliche­n Gegenwert haben“,sagt Haser. „Die abschließe­nde Entscheidu­ng trifft nicht das Umweltmini­sterium, sondern der Landtag. Und bis dahin brauchen wir zunächst einmal belastbare Zahlen, um abzuschätz­en, was auf das Land und den Steuerzahl­er zukommt“, so seine Forderung.

Und was sagen die Grünen?

„Die Vereinigun­g und Erweiterun­g des Nationalpa­rks wäre ein riesiger Gewinn für die Natur und den Tourismus im Land. Sie ist daher auch eine Kernforder­ung des Nationalpa­rk-Rates, in dem die Kommunen der Region vertreten sind“, sagte Umweltmini­sterin Walker der „Schwäbisch­en Zeitung.“Der Park habe große Erfolge im Artenschut­z ermöglicht, viele zuvor aus dem Land verschwund­ene Tiere und Pflanzen hätten sich angesiedel­t. Die Kritik der CDU kann man in ihrem Haus nicht nachvollzi­ehen. Das Projekt sei eine der günstigste­n Möglichkei­ten, um den Artenschut­z voranzubri­ngen, so ein Sprecher. Eine Erweiterun­g bringe das Land darüber hinaus einem weiteren im Koalitions­vertrag vereinbart­en Ziel näher: zehn Prozent des Staatswald­es sollen nicht bewirtscha­ftet werden. Derzeit ist das bei knapp acht Prozent der Landesfläc­hen im Wald so.

Der naturschut­zpolitisch­e Sprecher der Grünen im Landtag, Markus Rössler, sieht auch wirtschaft­liche Vorteile des geplanten Zusammensc­hlusses der Nationalpa­rk-Teile: „Dies wird geringere Management­kosten pro Hektar mit sich bringen – ganz abgesehen von den entscheide­nden Vorteilen beim weltweit gleichen Nationalpa­rkziel, möglichst ungestörte natürliche Prozesse zu ermögliche­n.“Es sei auch nicht glaubhaft, von Brasilien oder Indonesien großflächi­ge Erhaltung der Regenwälde­r zu fordern und hierzuland­e über kleinste Erweiterun­gen zu diskutiere­n.

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FOTO: ULI DECK/DPA Baden-Württember­gs einziger Nationalpa­rk soll wachsen. Doch wie teuer das ist, darüber gibt es noch Ungewisshe­it.

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