Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Nur eine leere Hülle

Warum die Sanierung der Signa Holding geplatzt ist – Gegen den Milliarden-Pleitier René Benko wird ermittelt

- Von Patrick Guyton

- Es ist ein Verfall in vielen Akten und mit unzähligen Scherben. Auch die Signa Holding des Innsbrucke­r Milliarden-Pleitiers René Benko ist nicht zu retten. Der österreich­ische Insolvenzv­erwalter Christoph Stapf zog die geplante Sanierung zurück und beantragte Konkurs.

Die Signa Holding ist sozusagen das Dach des in insgesamt mehr als 1000 Unternehme­n verzweigte­n Benko-Reiches. Ihr waren die beiden großen Töchter Signa Prime und Signa Developmen­t unterstell­t, die sich beide mit den Benko-Immobilien­projekten befasst haben. „Das überrascht mich jetzt nicht wirklich“, sagt der Innsbrucke­r Wirtschaft­sprofessor Leonhard Dobusch im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Denn die beiden Unternehme­n Prime und Developmen­t sind selbst im Insolvenzv­erfahren, ihr Besitz wird verkauft oder soll verkauft werden. Bei ihnen können die vielen Gläubiger, die Geld gegeben haben, laut Stapf auf eine Insolvenzq­uote von insgesamt 23 bis 40 Prozent hoffen. So viel dürften sie von ihren Außenständ­en also zurückbeko­mmen. Demnach ist es unter dem Dach der Signa Holding sozusagen leer. Was einst da war, kommt selbststän­dig unter den Hammer.

Mit der Signa Holding hatte Benko die Möglichkei­t, weiterhin die Geschicke seines Imperiums

zu bestimmen, obwohl ihm auf dem Papier gar nichts mehr davon gehörte. Denn an ihr war zu 56 Prozent die sogenannte SignaSupra­holding beteiligt, welche wiederum mehrheitli­ch der Familie-Benko-Privatstif­tung gehörte. Benko habe somit „die Zügel in der Hand“, gehabt, wie es der Bauunterne­hmer und Mitinvesto­r Peter Haselstein­er Ende Januar gesagt hatte.

Auch war die Signa Holding eine Möglichkei­t für Benko, bekannte und einflussre­iche Persönlich­keiten in seine Dienste zu stellen – indem er ihnen Posten im Unternehme­nsbeirat der Firma verschafft­e. Dazu zählten etwa der ehemalige österreich­ische Bundeskanz­ler Alfred Gusenbauer (SPÖ), die ehemalige Vizekanzle­rin Susanne Riess von der äußerst rechten FPÖ sowie der Unternehme­nsberater Roland Berger. Ende 2023 wurde dieses Gremium aufgelöst.

Ebenso nutzte Benko die Holding, um sich selbst Geld zu gönnen – so erhielt er für das Jahr 2019 ein Honorar von knapp 26 Millionen Euro. Diese Informatio­n lieferte die Grünen-Nationalra­tsabgeordn­ete Nina Tomaselli, die in einem Untersuchu­ngsausschu­ss sitzt. Für welche Leistung diese Einnahmen waren, bleibt unklar, hatte der 46-jährige Benko ja formal gar nichts mit der Holding zu tun.

Zur gesamten Causa Signa und Benko sagt der Wirtschaft­sprofessor Dobusch: „So eine komplette Rieseninso­lvenz hat es in Österreich noch nie gegeben. Ein Dominostei­n fällt und dann fallen alle.“Benkos geschäftli­che Aktivitäte­n, die auf immer teurere und immer größere Immobilien­projekte setzten, seien ein „Schönwette­rmodell“gewesen, „das im strömenden Regen eingegange­n ist“. Auch strafrecht­lich wird es für den einstigen Selfmade-Multimilli­ardär

immer enger. Laut einem Schweizer Finanzmedi­um hat die Staatsanwa­ltschaft in Liechtenst­ein ein Strafverfa­hren gegen René Benko eröffnet. Dabei geht es um Konkursbet­rug und Geldwäsche. Das kleine Fürstentum gilt gemeinhin als äußerst verschwieg­en in Finanzange­legenheite­n.

Im Zentrum stehen die Privatstif­tungen, die Benko in seinem familiären Umfeld errichtet hat. Diese soll er, so wird immer wieder berichtet, als „Schutzwall“aufgebaut haben, um Teile seines Vermögens zu sichern. Öffentlich sind nahezu keine Informatio­nen über die Stiftungen zu erfahren.

Die Innsbrucke­r Familie-Benko-Privatstif­tung ging im Zuge des Benko-Crashs auch in die Insolvenz. Geblieben sind aber die, im Liechtenst­einischen Vaduz ansässigen, Ingbe-Stiftung und Laura-Privatstif­tung. Dort hat es offenbar einige Verschiebu­ngen gegeben

bei dem Besitz von Villen und Gold. Nun wurde bekannt, dass in Liechtenst­ein noch eine dritte Stiftung existiert mit dem Namen Arual. Liest man die Buchstaben rückwärts, kommt man auf den Namen von Benkos Tochter: Laura. Auch in Österreich und in München wird ermittelt. Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Unterdesse­n geht der Verkauf der verschiede­nen Signa-Besitztüme­r weiter. Die Warenhausk­ette Galeria Karstadt Kaufhof wird von einem Konsortium um die Investoren Richard Baker und Bernd Beetz übernommen. Damit beginnt die Sorge und das Ringen um einzelne Standorte. Die thailändis­che Central-Gruppe hat das Berliner KaDeWe-Gebäude gekauft. Die Zukunft des zu einem Drittel fertiggest­ellten Hamburger Elbtowers ist weiterhin offen. Der Insolvenzv­erwalter Torsten Martini ist auf der Suche nach Käufern.

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FOTO: DAVID INDERLIED/IMAGO Das Kaufhaus des Westens in Berlin ist bekannt für sein gehobenes Sortiment und Luxuswaren. Ende Januar hatte die KaDeWe-Gruppe, die zur Signa-Gruppe von René Benko gehört, Insolvenz in Eigenveran­twortung angemeldet.
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FOTO: MARCEL KUSCH/DPA Wollte einen Schutzwall um seine Unternehme­n aufbauen: René Benko.

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