Schwäbische Zeitung (Ehingen)

ZDF-Recherche beleuchtet Aschermitt­wochsprote­st

Datenjourn­alisten zeigen in Videobeitr­ag Verbindung­en in die „Querdenker“-Szene auf

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(gem) - Welche Verbindung­en gab es zwischen der „Querdenker“-Szene und den Bauernprot­esten vor der Biberacher Stadthalle am Aschermitt­woch. Durchaus einige, wie eine Recherche des ZDF-Datenjourn­alismus-Formats „Die Spur“nun nahelegt. Dazu hat das Team um Datenjourn­alistin Ciara Cesaro-Tadic systematis­ch Chatgruppe­n des Messengerd­iensts Telegram durchsucht.

Die „Querdenker“-Szene aus der Zeit der Corona-Proteste sei nicht weg, sie habe sich nur ein anderes Thema gesucht – die Bauernprot­este, so Cesaro-Tadic in dem rund zwölfminüt­igen Videobeitr­ag in der ZDF-Mediathek. Die Querdenker nutzten die Bauernprot­este als Trittbrett für rechtes Gedankengu­t.

Die ZDF-Datenjourn­alisten haben dazu systematis­ch TelegramGr­uppen nach dem Schlagwort „Biberach“durchsucht. Den ersten Hinweis auf geplante Protestakt­ionen fanden sie bereits am 1. Februar, also fast zwei Wochen vor Aschermitt­woch, in er Gruppe „Querdenken 831 – Kempten“. Bis zum 13. Februar wurden die Aufrufe zum Protest in mehr als 20 weiteren Telegram-Gruppen mit insgesamt mehr als 69.000 Mitglieder­n geteilt, so die ZDF-Recherche.

Unter den Kanälen, auf denen die Hinweise zum Protest geteilt wurden, finden sich welche, deren Namen bereits ins „Querdenker“Milieu weist, zum Beispiel „Corona Rebellen - BW Info“, „Klardenken­TV“oder „Baden-Württember­g steht auf!“. Bei anderen ist das nicht ganz so offensicht­lich, beispielsw­eise bei „Du bist dabei in Friedrichs­hafen“oder „Dr. Daniel Langhans“. Letzterer ist als Redner in der „Querdenker“-Szene bekannt und hatte voriges Jahr bei der OB-Wahl in Ulm kandidiert und hatte 2,62 Prozent der Stimmen erreicht. Das Landgerich­t Ravensburg hatte ihn im Dezember 2023 wegen Volksverhe­tzung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Am 14. Februar (Aschermitt­woch) gibt es laut ZDF-Recherche 267 Telegram-Nachrichte­n mit dem Begriff „Biberach“, die knapp 730.000 Aufrufe erreichen. Besonders häufig sei der Youtube-Link eines etwa zweistündi­gen Livestream­s geteilt worden. Dort stelle sich der Urheber als „Marco“vor, online ist er auch als „Zeitzeuge M“bekannt. Bei dieser Person handelt es sich offenbar um denselben Mann, der in einem Nachbarlan­dkreis auf einer Liste namens „Bürger – Bauern – Mittelstan­d und die Basis“für den dortigen Kreistag kandidiert. Auf seinem Telegram-Kanal macht „Zeitzeuge M“seit 2022 mobil gegen das Impfen und den Lockdown. Das Youtube-Livevideo erreicht laut ZDF rund 27.000 Aufrufe.

Auswertung­en dieses Videos zeigt unter anderem einen Mann in einem Kapuzenpul­lover mit einem Wehrmachts­stahlhelm-Motiv und der Aufschrift „Ruhm und Ehre“, eine heute in der rechtsextr­emen Szene populäre Abwandlung eines HJ-Mottos. Ebenso ist dort eine Preußenf lagge zu sehen, wie sie in der „Reichsbürg­er“-Szene regelmäßig auftaucht. Auch ein Banner mit den Porträts von Grünen-Politikern und der Aufschrift „Wir packen das Übel an der Wurzel“weise direkt auf ein Redezitat Hitlers, mit dem dieser demokratis­chen Parteien und der jüdischen Bevölkerun­g den Kampf ansagte.

Geteilt wird der Livestream von „Zeitzeuge M“auch in der Telegramm-Gruppe „Bauer & Verbrauche­r geeint“. Diese erwecke den Anschein einer Solidargem­einschaft, so die ZDF-Recherche, sei in Wirklichke­it aber eng verbunden mit rechtspopu­listischen und rechtsextr­emen Telegram-Kanälen.

Das Fazit der ZDF-Datenjourn­alisten: Der Fall Biberach zeige, wie schnell rechte, radikale Haltungen im Internet in realer Gewalt enden können. „Teile der ,Querdenken’Szene nutzen die Bauernprot­este gezielt, um ihre Ideen in der Allgemeinh­eit zu verbreiten“, so Cesaro-Tadic am Ende des Beitrags.

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FOTO: SCREENSHOT ZDF-MEDIATHEK Datenjourn­alistin Ciara Cesaro-Tadic erläutert in dem Beitrag die Ergebnisse der ZDF-Recherche zu den Protesten am Aschermitt­woch in Biberach.

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