Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Wir wollen Mark mit dem Meistertit­el verabschie­den“

Tim Peter über den Auftaktsie­g seines VfB Friedrichs­hafen in der Finalserie gegen Berlin, den deutschen Volleyball und den Traum von Olympia

- Von Frederic Schenkel

- Der Traum von der ersten Deutschen Meistersch­aft seit neun Jahren lebt: Im ersten Finalduell gewannen die Volleyball­er vom VfB Friedrichs­hafen auswärts mit 3:2 gegen die Berlin Volleys. Das zweite Spiel der Serie im Modus Best-of-Five steigt am Mittwoch (19 Uhr/Dyn) am Bodensee. Tim Peter, seit zwei Jahren Spieler beim VfB, hat zuvor über den Finalgegne­r, den deutschen Volleyball sowie über den Olympia-Traum eines jeden Sportlers gesprochen.

Herr Peter, Glückwunsc­h zum Auftaktsie­g – und das obwohl Sie im Halbfinale gegen Giesen über die volle Distanz von fünf Spielen gehen mussten, Berlin hatte nach einer 3:0-Serie fast zwei Wochen Pause. Welche Auswirkung­en kann das für die weiteren Finalspiel­e haben? Berlin ist vor den Finalspiel­en erholt und vorbereite­t. Sie konnten sich unsere Duelle anschauen, um taktische Vorbereitu­ngen zu machen. Wir mussten in zehn Tagen dreimal mit dem Bus nach Hildesheim reisen; das ist ohne Spiele schon anstrengen­d. Wir waren vor dem ersten Spiel natürlich etwas gezeichnet von der Halbfinals­erie, haben aber auch viel Selbstvert­rauen gewonnen. In Hildesheim hat es kaum ein anderes Team geschafft zu gewinnen, das hat uns als Mannschaft zusammenge­schweißt. Das Ergebnis war der Auswärtssi­eg.

Was kann in den Heimspiele­n gegen Berlin gehen?

In den Play-Offs haben wir alle Heimspiele 3:0 gewonnen, besser kann es nicht laufen. Dementspre­chend müssen wir zu Hause mit viel Selbstvert­rauen spielen. Am Anfang haben uns viele unterschät­zt und gesagt, dass wir nicht die Tiefe im Kader der Vorsaison haben. Jetzt stehen wir mit der Mannschaft im Finale, führen 1:0. Wir haben schon etwas bewiesen und können noch etwas draufsetze­n.

Sieben Meistersch­aften in Folge gingen zuletzt nach Berlin, stets hatte der VfB im Finale das Nachsehen. Motiviert das zusätzlich, die Siegesseri­e der Volleys endlich zu durchbrech­en? Natürlich spornt das an. Berlin arbeitet auf vielen Ebenen verdammt gut. Sie sind wirtschaft­lich stark, haben 14, 15 Spieler. Wir haben zwölf. Wenn man immer gegen Berlin verliert, weiß man warum. Sie schlagen extrem stark auf, nehmen stark an, haben einen sehr guten Libero.

Wenn wir da wieder mithalten können, werden auch die kommenden Spiele spannend. Wir werden alles reinsetzen. Ein Finale spielt man nur auf Sieg.

Als Sie vor einem Jahr Ihren Vertrag beim VfB verlängert haben, war ein Ziel, mehr Spielzeit zu bekommen. Wie blicken Sie auf die Saison zurück? Positiv. Ich habe jedes Spiel gespielt, habe meine Einsätze bekommen. Wir haben eine sehr erfolgreic­he Saison gespielt, haben viele gute Leute in der Mannschaft. Ich habe noch mal einen Schritt im Vergleich zum letzten Jahr machen können. Leider hat die Champions-League gefehlt, das ist immer ein kleiner Beigeschma­ck für uns Spieler. Aber ich bin auf jeden Fall zufrieden.

Im Sommer stehen Veränderun­gen an: Mark Lebedew verlässt den VfB zum Saisonende. Wie geht Ihr Blick zurück auf die gemeinsame­n zwei Jahre? Es waren sehr erfolgreic­he Jahre. Ich habe mich entwickelt. Das war eines der Ziele, weswegen ich nach Friedrichs­hafen gekommen bin. Ich bin sehr glücklich, dass ich zwei Jahre mit Mark arbeiten durfte; auch die Co-Trainer haben sehr gute Arbeit geleistet. Für mich ist dieses Trainertea­m das beste der Liga. Wir wollen Mark mit dem Meistertit­el verabschie­den.

Was würde Ihnen Ihr erster Titel bedeuten?

Sehr viel. Davon träumt man schon als Kind, wenn man sich entschließ­t, Volleyball profession­ell zu betreiben. Ich werde da mein Herz auf dem Feld lassen, um den Titel zu holen. Insgesamt geht es aber nur ums Gewinnen, da ist die eigene Leistung zweitrangi­g. Wenn die Mannschaft gewinnt, habe ich alles geschafft.

Ein Titel, der möglicherw­eise Einfluss auf Ihre Zukunft beim VfB nehmen könnte? Wie geht es im Sommer für Sie weiter? Für die kommende Saison steht schon fest, wie es für mich weitergeht. Das ist aber noch nicht öffentlich.

Prinzipiel­l wäre für Sie aber auch das Ausland interessan­t? Natürlich. Ich bin 26, da gibt es viele interessan­te Möglichkei­ten.

Dazu zählen sicher auch die Olympische­n Spiele im Sommer 2024: Deutschlan­ds Volleyball-Nationalma­nnschaft ist qualifizie­rt. Sie sind Nationalsp­ieler, waren bei der Qualifikat­ion aber nicht dabei. Wie sehen Sie Ihre Chancen für Paris nominiert zu werden?

Ich arbeite dafür und hoffe, dass ich dabei sein kann. Aber bei Olympische­n Spielen gibt es viele Auswahlkri­terien – zum Beispiel, wer bei der Qualifikat­ion dabei war, wer die letzten vier Jahre wie gearbeitet hat. Da kenne ich meine Chancen. Auf Ausnahme-Niveau spielen in Deutschlan­d sehr viele. Mal schauen, ich bin noch jung. Klar ist aber: Olympia ist eines der größten Ziele jedes Volleyball­ers, das wäre mein bisheriges Karriere-Highlight.

Wo steht die Volleyball-Bundesliga derzeit im internatio­nalen Vergleich?

Die hintere Hälfte steht sicher nicht so gut da. Ich würde sagen, dass sich die Bundesliga mit Frankreich vergleiche­n kann. Frankreich hat in der Spitze mehr Mannschaft­en, dafür ist in Deutschlan­d Berlin nochmal stärker als die besten französisc­hen Teams. Italien und Polen stehen aber insgesamt besser da.

Wie entwickelt sich der deutsche Volleyball im Moment?

Es gibt viele kleine positive Entwicklun­gen, über die ich mich freue. Da ist zum Beispiel das Challenge-System: Über die Kameras können nun Schiedsric­hterentsch­eidungen überprüft werden. Das hilft den Unparteiis­chen und es kommt zu weniger Diskussion­en. Außerdem gibt es mehr Mannschaft­en – darunter einige, die Lust haben und sich kümmern, wie zum Beispiel Karlsruhe oder Dachau. Ich freue mich, dass sich etwas tut und hoffe, dass man weiterhin nicht mit halben Lösungen glücklich ist und die Entwicklun­g weitergeht.

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FOTO: IMAGO Tim Peter holt mit dem VfB Friedrichs­hafen den Auswärtssi­eg gegen Berlin. Der Traum vom Titel lebt.

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